065 - Überfallkommando
sogar mit Schwerverbrecherinnen aus, um wichtige Angaben aus ihnen herauszulocken. Ich glaube, im Grunde seines Herzens haßt er Sie.«
Beinahe hätte sie ihm widersprochen.
»Wollten Sie etwas sagen?«
»Nein«, erwiderte sie kurz. Gleich darauf stand sie auf und verließ das Zimmer.
Sie sah den Tatsachen jetzt mutig ins Gesicht. Als sie in ihrem Zimmer angekommen war, nahm sie kurz entschlossen das Bild des Detektivs aus dem Doppelrahmen heraus und zerriß es in kleine Stücke. Sie konnte ihn nicht länger hassen. Auch glaubte sie nicht mehr, daß er ihren Bruder getötet hatte. Sie glaubte vielmehr, daß ...
Aber sie wollte noch keine weiteren Schlußfolgerungen ziehen. Bradley hatte sie geliebt, dessen war sie sicher. Er wollte sie nicht beschwatzen, wie Mark behauptete. Er hatte sie geliebt, aber konnte seine Liebe jene Demütigung überleben, die sie ihm angetan hatte?
Mark war klug und deutete die Symptome ihrer Gemütsverfassung richtig, welche die kleine Unterhaltung an den Tag gebracht hatte. Als sie ihn verlassen hatte, blieb er noch lange sitzen und dachte über die verwirrte Lage nach.
Sie hatte Bradley gern; sie liebte ihn natürlich noch nicht - aber wohin sollte das führen? Ihr Zutrauen zu ihm war erschüttert, und jeder Versuch, es wiederherzustellen, war vergeblich. Ein Bündnis zwischen Bradley und Ann würde die schlimmsten Konsequenzen für ihn haben. Er glaubte zwar nicht, daß sie vor Gericht als Zeugin gegen ihn auftreten würde; aber er wußte sehr wohl, daß die gefährlichsten Aussagen nicht in der Öffentlichkeit gemacht wurden, sondern in einem kleinen Zimmer in Scotland Yard.
Ann wußte mehr von der Art seines »Geschäftes«, als sie selbst ahnte. Sie mochte vielleicht nicht wissen, was sie nachts im Auto transportiert hatte, aber sie kannte die Leute, zu denen sie die Waren brachte. Alle Fäden seiner Organisation waren in ihrer Hand.
Früher hatte er niemals an eine Heirat gedacht, aber jetzt wurde dieser Gedanke ein Teil seines Plans. Wenn Bradley sie liebte, erreichte Mark durch eine Heirat mit Ann einen doppelten Zweck - einmal beseitigte er eine sehr gefährliche Zeugin gegen sich, und außerdem kränkte er den verhaßten Mann aufs tiefste.
Er hatte von verschiedenen Ereignissen erfahren, die ihm schwere Sorgen bereiteten. Die Tätigkeit der Polizei mochte auf dem Land und in der Provinz nachgelassen haben, aber in der Hauptstadt selbst wurden die Nachforschungen um so systematischer und rücksichtsloser durchgeführt. Zunächst wurden die Autodiebe und Hehler von diesen scharfen Maßnahmen getroffen. Eines Abends kam Mark auf eine dringende telefonische Einladung hin mit einem guten Bekannten zusammen, der gestohlene Autos weiterverschob und der ihm früher sehr nützliche Dienste geleistet hatte.
»Die Polizei durchstöbert jetzt die ganze Gegend am Fluß unten bei den Docks«, erklärte dieser Mann. »Das große Lagerhaus von Bergson ist durchsucht worden, und dabei haben sie drei gestohlene Wagen gefunden, die nächste Woche mit einem Frachtdampfer nach Indien abgehen sollten. Der alte Bergson und sein Sohn sind verhaftet, und ich weiß aus sicherer Quelle, daß man den beiden versprochen hat, ihnen die Sache leichtzumachen oder sogar die Strafe ganz zu erlassen, wenn sie nähere Angaben über Ihren Rauschgifthandel machen.«
»Ist denn mein Name erwähnt worden?« fragte Mark schnell.
»Nein, Ihr Name ist nicht gefallen, aber es ging aus allem hervor, daß man Sie meinte. Haben Sie denn jemals die Hilfe der Bergsons bei der Verteilung Ihrer Ware in Anspruch genommen?«
Mark dachte nach.
»Nein, bis jetzt noch nicht.«
»Es handelt sich nämlich um folgendes. Die Leute glauben, daß Ihr Handel mit Koks Scotland Yard so wild gemacht hat, und sie sind natürlich verärgert darüber. Ich habe alle meine Autos nach Birmingham gebracht - wie steht es denn bei Ihnen?«
»Ich habe tatsächlich keine Wagen hier - höchstens zwei, und die laufen unter anderen Namen.«
Obwohl er es nicht sagte, war sicher der eine dieser Namen Ann Ferryman.
»Ich kann Ihnen nur raten, sich in acht zu nehmen« warnte sein Freund. »Noch eins: Hat Sedeman etwas gegen Sie? Er ist heute aus dem Gefängnis gekommen, und er schwingt große Reden. Der Alte war ein Freund von Li Yoseph. Wenn er sich nicht in Ihrem Versorgungsheim einnistete, schlüpfte er bei dem alten Li unter. Was weiß der eigentlich?«
»Gar nichts«, erwiderte Mark ärgerlich.
Die beiden hatte sich am Kensington
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