065 - Überfallkommando
uns«, fuhr Tiser fort. »Ich glaube, sie war in der letzten Zeit nicht sehr liebenswürdig zu dir - es wird wohl früher oder später zu einem Bruch mit ihr kommen ...«
»Woher willst du das wissen?«
»Ich sehe manche Dinge, die bestimmt kommen werden. Sie kann auch noch recht gefährlich für uns werden. Wäre es da nicht besser, wenn wir ...«, er sprach nicht weiter, machte nur eine vielsagende Geste und zuckte die Schultern.
Mark starrte ihn entsetzt an.
»Du möchtest also Bradley erledigen - und du erwartest, daß ich Ann zu diesem Zweck opfere?«
Tiser nickte.
»Überlege dir einmal«, fuhr er langsam fort, »daß sie wegen einer schweren Sache vor Gericht stand. Sie ist seit der Zeit unter Verdacht. Bradley war damals ihr Hauptankläger, und das brach ihm fast das Herz. Ich glaube nicht, daß er diese Tatsache geheimhalten konnte.«
Mark wandte keinen Blick von Tiser.
»Hast du dir etwa wieder einen so dummen Mordplan zurechtgelegt?« fragte er ironisch. Er dachte schnell nach.
»Ich glaube, daß ich dir eine bessere Lösung vorschlagen kann«, sagte er nach einiger Zeit. »Ich weiß einen viel wichtigeren Todeskandidaten.«
Die beiden trennten sich mit einem vielsagenden Blick.
Mark trat in sein Schlafzimmer und wickelte einen großen Verband um seine rechte Hand. Dann ging er über den Flur und klopfte an Anns Tür. Sie öffnete ihm selbst.
»Was haben Sie denn mit Ihrer Hand gemacht?«
»Ach, es ist nichts Besonderes. Ich war eben in der Garage und habe mir an der Tür die Hand gequetscht. Aber ich bin natürlich sehr behindert. Würden Sie wohl so liebenswürdig sein, einige Briefe für mich zu schreiben? Ich habe ein oder zwei dringende Sachen zu erledigen.«
Sie zögerte einen Augenblick. Ihr natürliches Mitgefühl drängte sie, ihm zu helfen, aber ihr ebenso natürlicher Argwohn hielt sie zurück.
»Ich kann leider nicht Schreibmaschine schreiben.«
»Das macht nichts. Es sind nur zwei kurze Mitteilungen zu schreiben. Ich bin wirklich in großer Verlegenheit.«
»Natürlich werde ich Ihnen helfen, Mark«, sagte sie und folgte ihm in seine Wohnung.
Der erste Brief, den er langsam diktierte, war an einen Mann in Paris gerichtet. Mark bat ihn, seinen Besuch zu verschieben.
Ann legte den nächsten Bogen auf die Schreibunterlage.
»Ich möchte nicht zu Tiser gehen. Telefonieren kann ich auch nicht, weil unser Freund Bradley wahrscheinlich alle meine Gespräche abhören läßt. Also muß ich an ihn schreiben. Überschrift: ›Mein lieber Freund‹ ...«
Ann schrieb:
›Ich habe Ihnen eine sehr wichtige Sache mitzuteilen und möchte Sie heute abend um elf Uhr im Park gegenüber von Queen's Gate sprechen. Kommen Sie, bitte, allein.‹
»Unterschrift brauchen wir nicht, er weiß genau, von wem die Nachricht kommt.«
Sie reichte ihm das Schreiben, und er las es durch, ohne auch nur im geringsten das Gefühl der Genugtuung zu verraten, das er empfand. Bradley würde ihre Handschrift sofort erkennen.
Kapitel
17
Ann Ferryman hatte nicht zum erstenmal Briefe für Mark geschrieben. Er haßte die Arbeit, konnte aber eine Stenotypistin nicht anstellen.
Ann hatte sich während ihrer erzwungenen Untätigkeit sogar über diese Beschäftigung gefreut. Mark hatte ihr einen großen Teil der Korrespondenz übergeben, der harmlosere Geschäftsvorgänge betraf. Er hatte seine Laufbahn als Schmuggler zweifelhafter Artikel begonnen und gut daran verdient. Erst in neuerer Zeit hatte sich daraus der Handel mit Rauschgift entwickelt. Aber nun war Mark durch seine Erfolge ein wenig fahrlässig geworden.
Er selbst war der erste, der das erkannte. Er gab sich keinen Illusionen hin; er wußte, daß die Polizei ihre Nachforschungen mit unendlicher Geduld fortsetzte und daß buchstäblich das Netz um ihn gewoben wurde. Man war offenbar gar nicht darauf bedacht, ihm eine Falle zu stellen und ihn zu fangen, aber er wußte genau, daß er im Augenblick schon nahezu wie ein Gefangener behandelt wurde. Er hatte seinen Paß zur Erneuerung eingesandt und daraufhin die kurze Mitteilung erhalten, daß ihm das Dokument wegen gewisser Unklarheiten erst mit einiger Verspätung zugesandt werden könne. An und für sich war das für Mark kein großes Unglück, denn er besaß noch mehrere andere Pässe auf verschiedene Namen. Aber dieser Vorfall zeigte ihm, daß ein Versuch von seiner Seite, England zu verlassen, die schwersten Folgen für ihn hätte.
Ann Perryman wurde mit der Zeit eine immer größere Gefahr, er mußte
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