065 - Überfallkommando
»Ich erwarte - einen Freund«, erwiderte sie heiser.
Sie fühlte, daß er sie durchdringend anschaute und konnte vermuten, was er von ihr dachte.
Aber plötzlich kam ihr ein guter Gedanke.
»Ich warte hier auf Detektivinspektor Bradley von Scotland Yard«, sagte sie etwas atemlos.
Ihre Worte machten Eindruck auf den Mann.
»Ach so - das ist natürlich etwas anderes.«
»Es wäre mir sehr lieb, wenn Sie bei mir blieben, bis er kommt. Ich - ich möchte ihn warnen. Ich fürchte, daß ein Angriff auf ihn geplant ist.«
Der Polizist betrachtete sie etwas näher.
»Ich habe Sie doch schon gesehen - sind Sie nicht die junge Dame, die vor einigen Wochen angeklagt war? Ich war damals zufällig auch in einer anderen Sache als Zeuge vorgeladen. Sind Sie nicht Miss Ferryman?«
»Ja.«
Er sah von ihr zu dem Parktor und schien unentschlossen zu sein.
»Weiß Mr. Bradley, daß Sie kommen wollen?«
»Ja - ich nehme es an.«
In diesem Augenblick trat ein Mensch durch das Tor, und sie eilte ihm entgegen.
»Sie wollten mich sprechen«, fragte Bradley schnell. »Was gibt es denn? Ich habe Ihren Brief erst um halb elf bekommen, als ich zurückkam. Ich habe Sie angerufen, aber Sie waren schon fortgegangen.«
Er entdeckte den Polizisten.
»Was will der Mann?«
Sie erklärte ihm ein wenig zusammenhanglos, warum sie gekommen war. »Ich bat ihn, bei mir zu bleiben. Ich dachte, Sie hätten vielleicht Hilfe nötig«, sagte sie schließlich.
»Sie haben also den Brief nicht an mich geschickt?«
Sie schüttelte den Kopf.
»War es McGill?«
Diese Frage beunruhigte sie. Bis dahin hatte sie nicht daran gedacht, daß sie durch ihre Handlungsweise Mark sehr schaden konnte, was durchaus nicht in ihrer Absicht lag.
»Ich weiß nur, daß ich die Mitteilung geschrieben habe. Und dann kam mir plötzlich der Gedanke, Sie könnten annehmen, ich hätte den Brief an Sie gerichtet.«
»Das habe ich auch wirklich getan«, sagte er lächelnd.
Er sah sich auf der verlassenen Straße nach beiden Seiten um.
»Sergeant, gehen Sie dort hinunter und halten Sie sich bereit, mir zu helfen, wenn es nötig ist. Sie wissen, wer ich bin?«
»Ja, ich kenne Sie, Inspektor Bradley.«
»Gut!« Der Detektiv lächelte. »Ich weiß zwar noch nicht, wie Sie mir helfen könnten ... doch, suchen Sie einmal die Gegend hinter meinem Rücken ab, und sehen Sie zu, ob nicht jemand im Grase liegt.«
Der Polizist verschwand.
»Was soll ich nun mit Ihnen anfangen, Miss Ferryman?«
»Glauben Sie, daß Gefahr besteht?«
»Ja, davon bin ich überzeugt. McGill wußte natürlich, daß ich Ihre Handschrift wiedererkennen würde - und er wußte auch, wie ich zu Ihnen stehe, Ann.«
Sie ging nicht auf seine Worte ein.
»Soll ich fortgehen?« fragte sie. »Vielleicht kann ich noch einen anderen Polizisten zu Ihrer Unterstützung finden?«
In diesem Augenblick schlug eine Kirchenuhr in der Nähe elf.
»Ich fürchte, es ist zu spät dazu«, sagte Bradley.
Er faßte in seine Hüfttasche und zog eine Pistole heraus. Als er sich nach links umsah, bemerkte er die abgeblendeten Lichter eines Autos, das auf der Mitte der Straße fuhr, in Richtung des Tors. Von dorther mußte die Gefahr kommen. Er rief laut nach dem Polizisten, wandte sich dann zu Ann, ergriff sie am Arm und zog sie halb über das niedrige Gitter, das den Rasen vom Fußpfad trennte.
»Legen Sie sich ganz flach auf den Boden!« befahl er.
Im nächsten Augenblick lag sie schon auf dem Boden und fühlte den feuchten Tau in ihrem Gesicht. Sie konnte den Wagen sehen. Er fuhr jetzt mit erhöhter Geschwindigkeit und lenkte plötzlich zu der Stelle, wo Bradley stand.
Dann fielen kurz hintereinander drei oder vier Schüsse. Ann hörte das Pfeifen und Heulen der Geschosse, die dicht über sie hinwegflogen und sich hinter ihr in die Erde bohrten. Signalpfeifen schrillten, und der Wagen verschwand aus ihrem Gesichtskreis.
Jetzt schoß Bradley. Leute eilten herbei.
»Stehen Sie auf und gehen Sie nach Haus!« rief Bradley Ann zu.
Als sie sich wieder aufgerichtet hatte, war er verschwunden.
Überall ertönten Alarmsignale. Als Ann über die Straße eilte, lief sie dem Parkwächter gerade entgegen. Er berichtete über den Vorfall.
»Der Wagen fuhr wie der Blitz durch das Tor, beinahe wäre er von einem großen Autobus über den Haufen gerannt worden . Haben Sie gesehen, wie sie geschossen haben?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Wo ist Mr. Bradley?«
»War das der Mann, der hinter den Leuten her war? Er ist in ein
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