065 - Überfallkommando
Dunkelheit.
Sie erschrak und wandte sich wieder zu dem Eingang zurück. Plötzlich hörte sie ein Geräusch, als ob Holz gegen Holz gestoßen würde, und in der Mitte des Fußbodens erschien plötzlich eine viereckige Öffnung. Im nächsten Augenblick tauchte ein Kopf eines Mannes auf - die Gestalt stieg höher und höher, und Ann erkannte den Fremden in dem Licht der Lampe, die er trug.
Es war Li Yoseph!
Sollte sie ihn ansprechen? Bevor sie zu einem Entschluß gekommen war, hörte sie das Flüstern einer zweiten Stimme. Die Lampe wurde ausgelöscht. Noch mehr Leute stiegen von unten in den Raum - zwei - drei. Sie hörte ihre Schritte auf dem Boden. Sie unterhielten sich leise. Das viereckige Loch im Boden verschwand, und die Falltür schloß sich.
Sie wartete; einige Sekunden und versuchte die geflüsterten Worte zu verstehen. Aber die Leute entfernten sich nach der hinteren Seite des Zimmers, eine Tür knarrte laut, und plötzlich flammte das Licht wieder auf. Der Raum war vollständig leer vor ihr.
Ann stand reglos in der Tür und wartete. Jetzt hörte sie von unten ein Geräusch, gleich darauf erklangen schwere Schritte auf der Treppe. Sie mußte gesehen worden sein, denn sie wurde angerufen.
»Ann! Was machen Sie denn hier?« fragte Mark erstaunt. Er war allein. Er drängte sie behutsam aus dem Zimmer, legte seine Hand auf ihre Schulter und sah sie argwöhnisch an.
»Wie sind Sie denn hierhergekommen?«
»Ich habe ein Auto genommen«, sagte sie so gleichgültig wie möglich.
»Warum sind Sie gekommen? Hat Bradley nach Ihnen geschickt?«
Sie sah ihn groß an. »Mr. Bradley? Nein, ich wollte Li Yoseph sprechen.«
»Warum denn?« fragte er ärgerlich. »Sie wollen mir doch nicht etwa erzählen, daß Sie aus reiner Neugierde hierhergekommen sind?«
»Ich erzähle Ihnen nur das, was mir beliebt, Mark«, sagte sie ruhig. »Ich habe Ihnen keine Rechenschaft abzulegen.«
Er dachte einen Augenblick nach, und seine Stirn legte sich in häßliche Falten.
»Haben Sie Li Yoseph denn gesehen?«
Sie wollte ihm schon erzählen, was sie gesehen hatte, aber eine innere Stimme riet ihr zur Vorsicht.
»Nein, ich habe ihn nicht gesehen.«
Er wandte sich zu einer der Türen, stieß sie auf und ging hinaus. Fünf Minuten später kam er zurück und staubte seine Hände ab.
»Es ist niemand da«, sagte er. Plötzlich hob er den Kopf. »Was ist das?«
Auch Ann hörte das leise, unheimliche Kichern und Lachen, das von dem Raum über ihnen zu kommen schien.
Ann schaute Mark an, der an ihrer Seite stand.
»Wer war denn das?« fragte sie leise.
»Es klang so, als ob es Li selbst wäre«, sagte er unsicher. »Er ist ein ganz merkwürdiger Kerl.«
Sie warteten, aber sie hörten nichts mehr.
»Gehen Sie nicht«, sagte Mark, als sie sich zur Tür wandte. »Ich werde Sie nach Hause bringen.«
»Das ist nicht nötig - mein Wagen wartet unten.«
»Ach, das war Ihr Wagen? Ich sah ihn in der Seitenstraße stehen und dachte, er gehöre der Polizei.«
Er folgte ihr die Treppe hinunter auf die Straße und erstarrte bei dem unerwarteten Anblick, der sich ihm bot. Auf der anderen Seite der Straße standen drei Polizeiautos in einer Reihe. Außer den drei Fahrern, die ruhig am Steuer saßen, war nichts von der Fliegenden Kolonne zu sehen.
»Was mögen die hier zu tun haben? Als ich kam, waren sie noch nicht da.« Marks Stimme verriet seine Erregung. »Haben Sie zufällig Ihren Freund Bradley hier gesehen?«
Sie antwortete ihm nicht, sondern ging schnell zu der Seitenstraße, in der ihr Auto hielt. Der Fahrer war inzwischen eingeschlafen.
Mark gewann allmählich seine Selbstbeherrschung zurück.
»Sie würden mich vermutlich nicht gern mitnehmen? Nun, es ist auch nicht notwendig. Aber sagen Sie mir nur, warum Sie hierhergekommen sind, Ann? Hat Bradley Ihnen geraten, den alten Li aufzusuchen?«
»Nein«, antwortete Sie kurz, stieg ein und schlug die Tür hinter sich zu.
Sie war so müde, daß sie während der Rückfahrt in einen leichten Schlummer fiel. Erschrocken fuhr sie auf, als der Wagen vor ihrer Wohnung hielt. In geringer Entfernung sah sie einen Mann auf dem Gehsteig stehen. Er kam schnell auf sie zu, als sie den Fahrer bezahlt hatte. Es war Tiser.
»Haben Sie Mark gesehen, Miss Ann? Ich habe hier auf ihn gewartet.«
»Er ist in Lady's Stairs.«
»Er ist in Lady's Stairs!« wiederholte er entsetzt. »Und Sie sind auch dort gewesen? Aber, Miss Ann, wie leichtsinnig war das von Ihnen!«
Sie wollte an ihm
Weitere Kostenlose Bücher