0650 - Bestien in New York
verklausuliert. Willst du ihn lesen oder soll ich ihn dir sagen?«
»Sag ihn mir.«
»Okay.« Sie ging durch das Zimmer, schaute dabei auf den beigen Belag und rezitierte. »Wenn du wie ich die Kraft des Mondes über alles liebst, dann weißt du, wo du mich finden kannst. Komm zu mir, wenn du nicht mehr das bist, als das du geboren wurdest. Ich erwarte dich voller Sehnsucht. Den Weg werde ich dir aber nicht mitteilen. Wenn du tatsächlich Interesse hast, dann wirst du mich finden. Ich warte in den Vollmondnächten auf dich.«
»Hm.« Ich kippte das Glas und trank es leer. »Das war alles, Nadine? Mehr hast du nicht geschrieben?«
»Nein.«
»Und du bist dir sicher, dass er hier erscheint?«
»Ich hoffe es, John. Ich möchte und will es. Wenn er ein Veränderter ist, wird er es sich nicht nehmen lassen. Darauf kannst du dich verlassen. Ich weiß das, weil ich es auch fühle.«
»Bisher hat er sich nicht gemeldet?«
»Zum Glück nicht. Allerdings rechne ich damit, dass er in dieser Nacht erscheinen wird.«
»Was macht dich so sicher?«
»Mein Gefühl, John. Es hat mich regelrecht überfallen. Ich glaube fest daran, dass der Werwolf erscheint. Deshalb bin ich ja so froh, dass du hier bist, John. Wenn er kommt, werden wir…«
Da sie nicht weitersprach, fragte ich: »Was werden wir tun?«
»Ich weiß es noch nicht.«
»Willst du, dass ich ihn umbringe?«
Sie hob die Schultern. »Wenn Leib und Leben Unschuldiger in Gefahr sind, schon. Aber ich gehe davon aus, dass er etwas anderes vorhat. Er ist nicht allein. Meiner Ansicht nach steht Morgana Layton hinter ihm. Die wird ihn leiten und an der langen Leine führen. Deshalb müssen wir uns darauf einstellen.«
Nadine setzte sich wieder hin. Sie schaute mich an, weil sie meine Meinung hören wollte.
»Nicht schlecht, Nadine.«
»Dann stehst du hinter mir?«
»Soll ich dir deinen Plan ausreden?«
»Nein, das nicht, aber…«
»Bitte, Nadine, du hast mich geholt. Ich bin nicht grundlos hergeflogen. Du allein wärst schon Grund genug gewesen, nun ist ein zweiter hinzugekommen. Wir werden gemeinsam warten und nach deinem Plan vorgehen. Möglicherweise weist er uns tatsächlich die Spur, die zu Morgana Layton führt.«
»Das wäre gut.«
»Hast du Hinweise, dass sie sich in New York oder nahe der Stadt aufhält?«
»Bisher nicht, John. Ich gehe davon aus, dass sie dahinter steht. Denk an deinen Brief. Diese Person muss meiner Ansicht nach mittlerweile weltweit tätig sein. Sie ist diejenige, die die Fäden zieht, und sie ist die Verbindung zu Fenris.«
»Das weiß ich alles, Nadine. Ich habe mir zudem Vorwürfe gemacht, sie damals nicht getötet zu haben, als ich sie zum ersten Mal traf. Es ist im Schwarzwald gewesen. Ich hätte da über meinen eigenen Schatten springen sollen, aber mich hat damals ihr Schicksal gerührt. Wie dem auch sei, das ist vorbei. Ein anderes Thema. Du weißt auch, dass die Königin von Saba ebenfalls etwas mit der alten Werwolf-Magie zu tun hat?«
»Das habe ich nicht vergessen.«
»Hast du da eine Spur oder einen Hinweis entdecken können?«
»Nein, John, überhaupt nichts. Ich weiß gar nicht, wie die Verbindung hätte erfolgen können. Die Königin von Saba hat mit unserem Fall nichts zu tun.«
»Dann ist unsere einzige Spur dieser Adnan Trevayne, der mehrfache Killer.«
»Genau. Wobei ich mich allerdings frage, ob er als Mensch nicht noch schlimmer gewesen ist.«
»Da hat er zumindest nicht seinem Trieb gehorcht, obwohl ich seine Taten durchaus triebhaft ansehen möchte. Nur sind das wirklich zwei verschiedene Dinge.«
Nadine rutschte vom Bett, kam auf mich zu und umarmte mich. »Meine Güte, bin ich froh, dass du hier bist, John. Ich - ich kann es dir nicht sagen. Allein wäre ich zu schwach gewesen, obwohl ich mich ihm auch entgegengestemmt hätte.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
Sie ließ mich wieder los und schüttelte mit raschen Kopfbewegungen ihr Haar aus. »Eine andere Frage, John. Wo sollen wir ihn erwarten? Hier in dem Haus oder gehen wir nach draußen?«
»Was brächte das für einen Vorteil?«
»Sollte es zum Kampf kommen, würde nichts zerstört werden.«
»Wenn du so denkst, okay, aber…«
Da summte das Telefon. Urplötzlich wurde Nadine nervös. Unruhig schaute sie mich an. »Wer kann das sein?«
»Heb ab, dann weißt du es.«
Sie ging hin. Ich hörte, dass sie mit dem Mann von der Rezeption redete, der ihr einige Informationen mit auf den Weg gab, die ich erfuhr, als Nadine aufgelegt
Weitere Kostenlose Bücher