0652 - Der Bogie-Mann
Marion, die Kraft, ihn zu formen.«
Marion redete weiter. »Ja, es war eine Sucht in mir. Ich wurde überfallen. Die andere Kraft war stärker als alles, was ich bisher erlebt hatte. Und plötzlich sah ich ihn vor mir. Ich wusste nun, dass es der Bogie-Mann war, von dem so viel gesprochen wurde. Alle empfanden Furcht vor ihm, ich nicht. Wir hatten das Band geflochten, ich formte ihn in meinen Träumen nach und wir spürten, wie uns das Ergebnis meiner Arbeit veränderte. Wir begannen ihn zu lieben. Wir merkten, dass wir durch ihn unsere Kräfte erneuern konnten. Wir lebten wie auf einer Insel, geschützt durch die mächtige Wand der Hölle. In meiner Arbeit steckte der Geist des Bogie-Manns. Wir hatten ihn gefangen und wir verwahrten das, was uns der Teufel schickte.«
Tippy redete weiter. »Doch es war uns nicht genug. Wir wollten mehr, viel mehr. Wir ahnten, dass der Geist nur darauf wartete, gelockt zu werden. Er fühlte sich in diesem künstlichen Gefängnis nicht wohl. Er war süchtig nach einem Leben, nach einem Menschen, mit dem er eine Verbindung eingehen konnte. Nur wenn dies geschehen war, würde seine Macht so werden, wie sie sein sollte.«
Jetzt redete wieder Esther. »Wir suchten, wir fuhren über Land, denn wir brauchten jemanden, der bereit war, an die Kraft der anderen Seite zu glauben und sie in sich aufzunehmen. Es war nicht einfach, obwohl wir es bei vielen Menschen versuchten. Sie gefielen uns alle nicht. Sie waren nicht sensibel und sensitiv genug, um mit den Strömen der anderen Welt umzugehen…«
Marion Drake übernahm das Wort. »Doch wir gaben nicht auf, wir wussten, dass es uns gelingen würde, denn wir waren die Stärkeren. Die Kraft des Teufels ließ uns vibrieren. Wir zitterten innerlich vor Erregung. Wir jubelten aus tiefster Seele, als wir ihn trafen und anschauten. Wir wussten sofort…«
»Das ist er!«, rief Tippy. »Ja, das ist er gewesen und er hat uns nicht enttäuscht!«
Nach diesem Satz schnellte ihr Arm vor. Dann streckte sie ihren Zeigefinger aus und deutete auf die Gestalt, die in der Kreismitte auf dem getrockneten Blut der Opfer hockte.
Es war Juri, der Tänzer!
***
Er hockte im Schneidersitz und nichts an ihm bewegte sich. Nicht einmal die Spitzen seiner Augenwimpern zuckten, denn dieser Mann hatte sich voll und ganz unter Kontrolle.
Er hielt sogar seine Lippen geschlossen. Atmen musste er, aber es war nicht zu sehen, dass er überhaupt Luft holte. Selbst seine Nasenflügel vibrierten dabei nicht.
Die Arme hatte er angewinkelt und leicht ausgestreckt, sodass seine Hände mit den Rückseiten auf den Knien lagen. Sie selbst berührten sich an den Seiten, bildeten eine Muschel, in der etwas lag, das für uns alle ungemein wichtig war.
Der Bogie-Mann!
Marions Figur. Ihre Schöpfung nach den Regeln des Teufels. Ein hockend und geduckt dasitzendes Etwas, bei dem Körper und Kopf eine Einheit bildeten. Rote, glühende Augen schimmerten innerhalb des Gesichts, das den drei Frauen zugewandt war. Der dichte Pelz bedeckte seinen Körper wie Samt und es war kaum vorstellbar, dass in ihm eine derartige Kraft wohnte.
Sehr lange hatte die Suche der Schwestern gedauert. In Juri endlich hatten sie ihr Opfer gefunden.
Esther lächelte, bevor sie nickte. Die Schwestern blieben nicht mehr so dicht zusammen. Sie gingen in verschiedene Richtungen weg, stets am äußeren Rand des Kreises entlang, bis sie wieder das Nicken der Ältesten sahen, stehen blieben und so lange warteten, bis Esther als Erste das Innere des Kreises betrat.
Das alles nahm auch Juri zur Kenntnis, nur zeigte er keine Reaktion. Unbeweglich hockte er im Zentrum. Er wartete darauf, dass die Frauen an ihn herantraten.
Sehr dicht umkreisten sie ihn.
Zugleich streckten sie ihre Arme aus, spreizten dabei die Hände und ließen sich langsam nach unten gleiten, bis die Flächen von drei verschiedenen Seiten her den Kopf des Tänzers berührten.
Zum ersten Mal schrak Juri zusammen. Er öffnete den Mund. Sein Unterkiefer sah dabei aus, als wollte er jeden Moment abfallen. Aber er sagte nichts, wartete nur ab.
Etwa eine halbe Minute verstrich. Nichts tat sich. Nur das Atmen der Schwestern war zu hören. Bis Esther den Kopf hob, denn sie als Älteste hatte das Recht, zuerst zu reden.
»Wir sind wieder zu dir gekommen, Bogie-Mann, um dich mit der Energie der Hölle zu füllen. Spüre unsere Hände, die der Satan persönlich leitet, damit durch sie seine Energie in dich überfließen kann und dich so stark macht, wie
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