0652 - Der Bogie-Mann
schüttelte den Kopf. »Das hättest du nicht sagen sollen«, erklärte er mit leiser Stimme. »Nein, das hättest du wirklich nicht sagen sollen. Schade…«
»Was ist schade?«
Juri hüstelte. »Ich könnte mir vorstellen, dass der Bogie-Mann jetzt ein besonderes Auge auf dich geworfen hat.« Er betrachtete blitzschnell ihren Körper, der nicht zu schlank war. »Weißt du eigentlich, dass der Teufel schöne Frauen liebt? Dass er sie schon immer geliebt hat? Denk an die Hexen, die mit ihm buhlten. Sie waren oft sehr schön und nicht nur alt und hässlich, wie man immer sagte.«
»Was soll das?«
»Auch der Bogie-Mann liebt schöne Frauen. Er stammt aus der Hölle. Der Satan hat ihm einiges mit auf den Weg gegeben.«
Jessica ging aufs Ganze. »Du redest so, als wärest du der Bogie-Mann, Juri.«
Der Tänzer ließ sich Zeit mit der Antwort. Er nickte nicht, er schüttelte auch nicht den Kopf, hob nur die Augenbrauen an und meinte mit fast schon sanfter Stimme: »Vielleicht hast du Recht, Süße. Es kann sein, dass ich der Bogie-Mann bin.« Nach diesen Worten bewegte er sich rückwärts auf die Tür zu. Kurz davor blieb er stehen, hob den Arm höher und zeigte Jessica die Figur. »Wir sehen uns noch«, flüsterte er zum Abschied. »Wir sehen uns bestimmt noch…«
Dann ging er, schloss sehr leise die Tür und ließ eine Jessica Long zurück, die sich verdammt unwohl in ihrer Haut fühlte und ein Wechselspiel zwischen Hitze und Kälte erlebte. Beide Gefühle jagten wie Fieberschauer über ihren Körper.
In den Knien spürte sie die berühmte puddinghafte Weichheit. Sie trat an den Sessel heran und ließ sich nieder. Ihr Herz klopfte schneller. Was der Tänzer hinterlassen hatte, konnte man auch als eine Morddrohung ansehen.
Er und der Bogie-Mann!
Beide mussten in einem besonderen Verhältnis zueinander stehen. Nur wusste sie nicht, in welchem.
Da lief ihrer Meinung nach einiges durcheinander und sie kam einfach nicht zurecht.
Dass sie etwas tun musste, war Jessica klar. Da gab es nur eine Möglichkeit. Sie musste so rasch wie möglich John Sinclair Bescheid geben, denn sie glaubte nicht daran, dass Juri nur leere Drohungen ausgesprochen hatte.
Als sie aufstehen wollte, klopfte es leise gegen ihre Tür. »Wer - wer ist da?«
»Wer schon?«
Jessica fiel ein Stein vom Herzen, sprang hoch und rannte auf die Tür zu…
***
Jessica Long lag in meinen Armen. Die Tür hatten wir hinter uns geschlossen. Es tat verdammt gut, sie wieder zu spüren und die Hände über ihren Körper gleiten zu lassen.
Wir küssten uns auch. Fast hungrig fanden sich unsere Lippen und Jessicas Hände wühlten mein Haar auf. Zugleich hörte ich zwischen den Küssen ihr Flüstern. »Weißt du, wie lange ich auf diesen Moment gewartet habe, John?«
»Sorry - aber mir kam…«
»Keine Entschuldigungen, John. Ich weiß ja, welchen Job du hast und dass es da auch andere Frauen gibt.«
»Das stimmt schon, aber…« Verdammt, ich wusste auch nicht, was ich sagen sollte. Ich mochte Jessica Long, aber die Sache mit Nadine Berger lag einfach zu kurz zurück. Ich musste zu oft an sie denken und schob Jessica zurück, damit sie sich wieder setzen konnte. Ich nahm neben ihr Platz.
Sie schaute mich an. »Du siehst nicht gut aus«, stellte sie fest.
»Wie meinst du das?«
»Abgespannt, so wenig erholt. Als würden dich schwere Sorgen quälen.«
»Da hast du Recht.«
»Der Bogie-Mann, nicht?«
»Auch.«
»Und was noch?«
Es hatte keinen Sinn, ihr etwas über Nadine Berger zu erzählen. Jessica kannte sie nicht. Ich erging mich in allgemeinen Erklärungen. »Es ist privater Natur, Jessica. Wenn möglich, werde ich dir später davon berichten.«
»Eine Frau?«
Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Ja, so ungefähr. Es war einmal eine Frau.«
»Und jetzt?«
Ich winkte ab. »Bitte, lass uns über die akuten Probleme sprechen. Über den Bogie-Mann.«
»Darüber weiß ich Bescheid.« Sie fügte dem Satz ein heftiges Nicken hinzu. Dann fasste sie über die Sessellehne hinweg nach meiner Hand. »Darüber weiß ich sogar sehr gut Bescheid.«
»Durch wen?«
»Juri, der Tänzer.«
»Der andere Gast hier im Haus? Ich habe ihn noch nicht gesehen.«
»Sei froh. Kurz bevor du kamst, war er noch bei mir.«
Ich pfiff leise durch die Zähne. »Dann habe ich seine Schritte also gehört.«
»Möglich.«
Mein Blick bekam einen lauernden Ausdruck. »Was wollte er denn von dir?«
»Er hat mir etwas erklärt.«
»Wie schön.«
»Glaube
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