0652 - Der Bogie-Mann
ich nicht, denn es drehte sich nur um ein Thema: um den Bogie-Mann.«
Ich atmete tief durch die Nase ein. »Was hast du da gesagt? Bogie-Mann?«
»Ja, er hatte ihn sogar bei sich.«
Ich wusste Bescheid. »Die Figur.«
»Genau, John.«
»Und die habe ich gesucht.« Meine Augen verengten sich. »Er hat sie also. Dann hat Tippy mich angelogen.«
»Wieso? Was sagte sie denn?«
»Sie sprach davon, dass sie die Figur weggeworfen hat. Sie konnte sie angeblich nicht mehr sehen…«
Jessica Long gab keine Antwort. Sie strich nur das rotblonde Haar zurück, das sie gelöst hatte. »Ein Komplott«, murmelte sie irgendwann. »John, ich habe das Gefühl, dass hier alle unter einer Decke stecken und wissen, was es mit dem Bogie-Mann auf sich hat.«
»Tja«, murmelte ich. »Den Eindruck habe ich mittlerweile auch. Aber ich kann mir nicht helfen, ich komme damit nicht zurecht. Ich habe den Bogie-Mann gesehen, ich habe auch seine Opfer entdeckt. Das war keine der Frauen.«
»Was ist mit Juri?«
»Gute Frage, Jessica. Hast du denn den Eindruck, dass er der Bogie-Mann sein könnte?«
Sie überlegte einen Moment. »Ich weiß es nicht. Er hat jedenfalls viel über ihn geredet. Er sprach vom Teufel, von den Geistern des Teufels und davon, dass der Satan wie auch der Bogie-Mann schöne Frauen liebt.«
»Das war speziell auf dich gemünzt, nehme ich an.«
»Ohne eingebildet zu sein, muss ich davon ausgehen, John. Ja, er meinte wohl mich.«
»Ist er ins Detail gegangen?«
»Nicht direkt.« Jessica hob die Schultern. »Er hat mir nur gesagt, dass diese Nacht noch sehr lang werden würde.«
»Eine Drohung, also.«
»So sehe ich es auch, John. Zumindest eine indirekte. Ich fühle mich nicht wohl, das kannst du mir glauben. Wir müssen etwas tun. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Juri so Unrecht haben könnte.«
»Richtig.« Ich stand auf. »Und deshalb, meine liebe Jessica, werde ich ihn auch persönlich fragen.«
»Was?«, rief sie. »Du willst zu ihm?«
»Warum nicht?«
Sie atmete durch die Nase. »Das - das ist nicht in meinem Sinne. Er könnte gewarnt werden, verstehst du?«
»Alles klar. Ich möchte auch Bescheid wissen und nicht im Dunkeln herumtappen. Kennst du sein Zimmer?«
Sie hob die Schultern. »Versuche es mal schräg gegenüber. Ich nehme an, dass er dort hingegangen ist.«
»Danke. Du bleibst hier.«
»Bitte.«
Jessica brauchte nicht lange zu warten. Nach nicht einmal einer Minute war ich wieder bei ihr.
»Und?«
»Juri ist nicht da.«
Jessica sagte nichts. Ihr weiches Gesicht bekam allerdings einen etwas härteren Ausdruck. Ein Zeichen, dass sie unter einer starken Spannung stand. »Wo könnte er sich denn aufhalten?«
»Wenn ich das wüsste, ginge es mir besser.«
»Außer Haus?«
»Wäre eine Möglichkeit, obwohl ich daran nicht glaube, Jessica.«
»Weshalb nicht?«
»Okay, ich will es dir sagen, obgleich ich keinerlei Beweise für meine Behauptungen habe. Ich gehe mittlerweile davon aus, dass die drei Schwestern mit dem Bogie-Mann unter einer Decke stecken.«
Jessica atmete schwer aus. »Das sind harte Anschuldigungen, John, die du da aussprichst.«
»Ich weiß es.«
»Kannst du sie beweisen?«
Lächelnd gab ich die Antwort. »Das ist noch mein Problem. Ich werde mich deshalb auf den Weg machen und nach Beweisen suchen. Wobei ich fest davon überzeugt bin, dass ich sie auch finde.«
Jessica war davon nicht begeistert, was ich ihrem Gesicht auch ansah. »Dann nimm mich mit.«
»Nein, ich komme wieder.«
»Soll ich hier warten?«
»Das ist am besten.«
Sie räusperte sich. »Was willst du denn da unten machen? Mit den drei Schwestern reden?«
»Zum Beispiel. Ich habe mir bereits die entsprechenden Fragen zurechtgelegt, darauf kannst du dich verlassen. Sie müssen etwas wissen, und so leicht kommen sie mir nicht davon.«
Jessica nickte. »Das ist dein Problem, John. Du musst damit fertig werden.«
»Keine Sorge, ich habe schon schlimmere Dinge erlebt.« Mein Lächeln war nicht ansteckend, denn ihr Gesicht blieb starr. Es war ihr anzusehen, dass sie sich nicht wohl in ihrer Haut fühlte. »Du kannst die Tür offen lassen.«
»Das werde ich auch.« Sie hauchte mir noch einen Kuss auf die Lippen, dann verließ ich den Raum.
Sehr leise stieg ich die Stufen der Treppe hinab. Ich wollte die Schwestern überraschen…
***
Esther Drake kehrte in den Wohnraum zurück, wo ihre Schwestern auf sie warteten. Marion war nervös geworden. Sie zupfte an ihrem kurzen Kleid, ohne es
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