0656 - Der Geheimnisträger
hatte er die winzigen Kameras entdeckt, ohne sie allerdings zu entfernen.
„Danke", sagte er nur, und in seiner Stimme war eine fast unmerkliche Bitterkeit, die Orana sehr glücklich machte. „Ich danke dir, daß du gekommen bist. Gemeinsam werden wir das Werk nun vollenden können, das uns das Hetos der Sieben auftrug."
Nur Gucky kannte jetzt Rhodans wahre Gedanken, aber auch er mußte schweigen. Es war eine unwirkliche, tödliche Situation, die keinen Ausweg offenließ.
Nur einen einzigen unter diesen Umständen.
Orana wußte, daß sie jetzt nicht mehr zögern durfte, wollte sie nicht für immer die Liebe Rhodans verlieren, der in ihr nun eine Verräterin sehen mußte.
Sie beugte sich zu ihm hinab, zog seinen Kopf hoch und küßte ihn.
Seine Lippen blieben starr. Sie erwiderte ihren Kuß nicht.
Aber Orana ließ sich dadurch nicht abschrecken. Sie hatte sehr wohl seinen flüchtigen Blick zur Decke bemerkt und wußte, daß dort ein mechanischer Spion der Laren verborgen war. Mit einer schnellen Bewegung saß sie auf seinem Schoß und ignorierte das Grinsen des Mausbibers, dem das Schauspiel sichtlich Spaß bereitete.
Sie zog seinen Kopf an den ihren, so daß ihr Mund dicht neben seinem Ohr lag.
„Ich weiß alles. Von Atlan!" Und laut fuhr sie nach den gehauchten Worten fort: „Ja, ich liebe dich, und es ist mein Wunsch, daß wir die so oft aufgeschobene Hochzeit endlich verwirklichen. Besorge die Verträge, noch heute. Jetzt, da wir uns endlich einig geworden sind ..."
Sie spürte, wie sein Körper für einige Sekunden unbeweglich und steif wurde, dann erst lockerte sich Rhodan wieder. Er hatte die geflüsterten Worte verstanden. Er begegnete dem Blick des Mausbibers und bemerkte das winzige Zucken des Einverständnisses in dessen braunen Augen.
In einem Gefühl plötzlicher Erleichterung umarmte er Orana, drückte sie fest an sich und sagte sichtlich bewegt: „Ja, wir besorgen die Verträge, es wird Zeit. Unsere Freunde, die Laren, sollen Zeugen unserer Hochzeit werden, denn nun bist auch du ihr Verbündeter. Die Zukunft der Milchstraße ist gesichert, und wir gehen einem Zeitalter des ewigen Friedens entgegen. Komm, Orana, wir wollen nicht länger zögern."
Sachte schob er sie von seinem Schoß, wobei er ihre Hand nahm und fest umschloß. Diesmal stand nichts mehr zwischen ihrem Kuß, und Gucky schlug verschämt die Augen nieder, als er nach zwanzig Sekunden noch immer andauerte.
Dann sagte er nüchtern: „Da ist nur eine dumme Sache, Perry: Dieser Kauz draußen, Goronkon heißt er wohl, hat uns gesehen. Wir materialisierten im Korridor. Müssen wohl ungenau gesprungen sein. Er weiß also, daß Orana dich aufsucht."
Rhodan löste sich aus Oranas Armen.
„Das spielt doch nun keine Rolle mehr, Gucky. Jeder kann wissen, was geschehen ist - jeder soll es wissen. Würdest du mir nun behilflich sein, die Papiere zur Heirat zu besorgen? Das muß schnell gehen, denn in einer halben Stunde beginnt die nächste Besprechung, diesmal mit den Laren. Bring mich hinauf nach Terrania."
„Und Orana?"
„Sie bleibt hier, es dauert nicht lange."
„Gut, dann verlieren wir keine Zeit mehr."
Orana sah sie verschwinden und zog sich ins Ruhezimmer zurück.
Im vierten Jahrtausend gab es keine Hochzeit im alten Stil mehr.
Es wurde allgemein ein gesetzlich vorgeschriebener Ehevertrag über sechs Monate Probezeit abgeschlossen. Während dieses halben Jahres lebten die beiden Partner wie Mann und Frau zusammen, konnten aber keinen Nachwuchs zeugen. So wurden übereilig geschlossene Ehen und daraus entstehende Nachkommen verhindert. Das Lebensglück der Menschen sollte auf gut fundierter Grundlage errichtet werden, und wenn man sich nicht verstand, war eine Trennung nach Ablauf. des Probe-Halbjahrs ohne jede Problematik.
Trennte man sich nicht, fand die eigentliche Hochzeit statt.
Das alles wußte auch Alpar Goronkon, und er wußte noch viel mehr.
Von seiner früheren Tätigkeit im Geheimdienst der ZGU her stammten seine Kenntnisse über Orana Sestores Rolle bei den Wahlen zum Großadministrator und ihr damaliges Eingreifen gegen die Intrigen von Munisho Aerce und Bount Terhera.
Das alles würde für die Laren sicherlich recht interessant sein, wenn sie außerdem jetzt noch erfuhren, daß Rhodan ausgerechnet diese Frau heiraten würde.
Heute hatte er wieder das Mißtrauen der Mutanten gespürt, und es war ihm auch nicht verborgen geblieben, daß Gucky versucht hatte, seine Gedanken zu sondieren. Es war ein
Weitere Kostenlose Bücher