0656 - Labyrinth der 1000 Tode
wo die kleinen Telefonzellen lagen. Die Zeit verrann ihm viel zu langsam und es kam ihm wie eine kleine Ewigkeit vor, bis die Frau endlich zurückkehrte.
Suko versuchte an ihrem Gesichtsausdruck abzulesen, welche Nachricht sie mitbrachte.
Eine gute war es wohl nicht, denn sie schaute sehr nachdenklich.
Mit eckigen Bewegungen ließ sie sich nieder und holte hörbar Luft. »Ja, es war Joanna.«
»Was hat sie gesagt?«
»Dass es ihr und John gut geht.«
»Wo sind die beiden denn gewesen?«
»In einem Lokal in der Altstadt. Da werden sie wohl nicht bleiben wollen, denn Joanna sprach davon, dass es Ihren Kollegen drängt, Morcote auf die Zehen zu treten.«
»Dann will er zu ihm!« rief Suko.
»Das ist möglich.«
Der Inspektor nickte. »Ja, murmelte er, ja, ich weiß es, ich kenne ihn. Er wird zu Morcote fahren. Ich hätte auch in der Tiefgarage nachschauen können, ob unser Leihwagen dort noch steht. Sorry, Mrs. Lancaster, aber ich muss ebenfalls hin.«
»Sie kennen den Weg nicht.«
»Den werde ich schon erfragen.«
»Sicher.« Die Frau nickte. »Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Ich fahre mit Ihnen.«
Suko lag eine abweisende Antwort auf der Zunge. Dann sah er in das Gesicht der Frau. Es drückte ungefähr die gleiche Entschlossenheit aus, wie es bei Lady Sarah Goldwyn, der Horror-Oma, der Fall war, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte.
»Gut!«, stöhnte Suko. »Dann fahren Sie meinetwegen, in Gottes Namen, mit…«
***
Ich kam mir vor wie ein Teppich, den jemand zusammengerollt hatte. Nur war ich nicht gerollt, sondern auf raffinierte Art und Weise gefesselt worden und lag rücklings in einem Boot, das sich auf dem stehenden Wasser so gut wie nicht bewegte.
Man hatte mich auf eine im Boot befindliche Erhöhung gelegt, die über die Bordwände hinwegreichte, damit sich die fünf Doppelstricke stahlhart vom Fuß- bis zum Brustende in der Breitseite über meinen Körper spannen konnten.
Befestigt worden waren die Stricke außen an den Bordwänden an für mich nicht sichtbaren Haken oder Ösen.
So weit meine äußere Lage. Die innere sah nicht viel besser aus, denn von Fitness konnte keine Rede sein. Der Schlag beim Einsteigen in den Wagen hing mir noch immer nach, wobei ich oft das Gefühl hatte, als wäre mein Kopf auf das Doppelte angewachsen.
Stockfinster war es zwar nicht, aber viel erkennen konnte ich auch nicht. Irgendwo leuchteten zwar Lichter. Sie schienen mir meilenweit entfernt zu sein. Einen normalen Himmel entdeckte ich über mir ebenfalls nicht. Da verschwamm die Welt in einer diffusen Dunkelheit, und so musste ich mich mehr auf meinen Geruchssinn verlassen, um herauszufinden, wohin man mich eigentlich geschafft hatte.
Das sah mir nach einem Tunnel oder einer Höhle aus. Das Wasser, die Feuchtigkeit, der faulige Geruch, hin und wieder ein leises Platschen, als hätte jemand einen Gegenstand in das Wasser geworfen.
Bewegen konnte ich mich kaum. Und wenn, dann schaukelte das Boot mit. Der Druck der Fesseln verteilte sich auf meinen Körper, aber der Hals war nicht davon betroffen.
Durchatmen, liegen bleiben, darauf warten, dass der Druck und der Schmerz in meinem Schädel verschwanden, das war das Einzige, was mir in meiner Lage blieb.
Zwangsläufig fiel mir das Denken schwer, aber ich hielt meine Gedanken zusammen und konzentrierte sie besonders auf Joanna Lancaster, die von mir getrennt worden war. Wohin man sie geschafft hatte, war mir ein großes Rätsel. Ich hoffte nur, dass sie anständig behandelt worden war.
Warum lag ich in einem Boot? Aus Spaß bestimmt nicht. Dieser Nando Morcote musste etwas Bestimmtes mit mir vorhaben, wozu er eben diesen Kahn brauchte. Ich selbst würde nicht rudern können, eigentlich kam nur ein Abschleppen in Frage.
Ich fing auch an zu frieren. In diesem Gewölbe war es kalt. Ab und zu tropfte es von der Decke. Einmal hörte ich ein Rauschen und glaubte auch, Stimmen zu vernehmen.
Beide Geräusche verschwanden wieder, ohne dass ich eine Erklärung dafür erhalten hätte.
Wie viel Zeit vergangen war, wusste ich ebenfalls nicht. Für mich lag alles so weit zurück, wie in einer nebulösen Ferne verschwunden. Aber das änderte sich.
Plötzlich wurde es hell!
Ich hatte damit nicht gerechnet. Das Licht blendete mich, als ich bereits Schrittgeräusche hörte.
Die Richtung war für mich nicht bestimmbar, da die kahlen Steinwände ein Echo vervielfachten. Dann flackerte das Licht, bis es wieder verlosch. Die Schritte aber
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