0656 - Labyrinth der 1000 Tode
war, in dem es auch nach Fisch stank, erkundigte ich mich nach dem Namen des dunkel Gekleideten.
»Ich heiße Tecco.«
»Schön.«
»Weshalb fragen Sie?«
»Weil ich mich an Sie persönlich halten werde, wenn der Frau ein Haar gekrümmt wird.«
»Es steht Ihnen frei«, erwiderte er locker. Ohne noch etwas zu sagen, ging er weiter.
Der Hof weitete sich. Ein Tor verschloss ihn zur Straße hin. Als wir darauf zugingen, entdeckte ich die Umrisse des Schiffs. Es kam mir tatsächlich vor wie ein gewaltiges Boot, das dunkel lackiert worden war und leicht glänzte.
Ein Boot war es nicht, nur ein Fahrzeug, das man normalerweise nicht in jedem Laden kaufen konnte. Irgendein aufgemotzter Ami-Schlitten mit hohen und breiten Haifisch-Heckflossen und mehr als handgroßen Rücklichtern.
An den Seiten gab es mehrere Türen. Die in der Mitte öffnete sich. Automatisch leuchtete das Innenlicht auf.
Dann erschienen drei Männer wie aus dem Nichts. Ich sah, dass sie Maschinenpistolen in den Händen hielten.
Aber das interessierte mich nur am Rande. In der Ecke des breiten Sitzes hockte Joanna Lancaster, vor Angst bleich im Gesicht. Was mich am meisten aufregte, war der rote Streifen auf ihrer rechten Wange, der an der Stirn begann und erst nahe des Mundwinkels aufhörte. Ein Messer musste ihr diesen Schnitt beigebracht haben. Vielleicht hatte der Mulatte die Waffe geführt. Er nämlich saß Joanna gegenüber und grinste mich widerlich an.
»Steigen Sie ein!«, flüsterte Tecco hinter mir.
»Okay.« Ich duckte mich, jemand nahm mir mit einer taschenspielerhaft geschickten Bewegung die Beretta ab, dann tauchte ich in das Fahrzeug und bekam mit, wie der Mulatte auf eine bestimmte Stelle zwischen seinen Beinen deutete.
Da hatte ihn der Servierwagen getroffen.
Mit der anderen Hand schlug er zu. Er erwischte mein Genick. Ich glaubte, mir würde der Kopf von den Schultern fallen, hörte noch entfernt den Schrei der Frau, bis sich die Welt um mich herum in das völlige Nichts verwandelte…
***
Suko hatte seinen erstaunten Gesichtsausdruck noch beibehalten, als Lydia Lancaster nicht mehr sprach. Er war perplex, von den Socken und schüttelte den Kopf.
»Glauben Sie mir nicht, Inspektor?«
»Doch, bestimmt.«
»Und ich rechne sogar damit, dass die beiden nicht mehr hier im Hotel sind. Sie hätten sich sonst längst bei uns blicken lassen. Schließlich sind wir hier in der Halle nicht zu übersehen.«
»Da haben Sie Recht.«
»Ich habe Ihnen alles erzählt, Inspektor. Wie es nun weiterlaufen soll, müssen Sie schon sagen.«
Suko räusperte sich. »Also einfach ist es nicht, meine ich. Welche Möglichkeiten bleiben mir?«
»Sie wollen Morcote.«
»Stimmt.«
»Dann müssen Sie zu ihm.«
»Stimmt auch.«
»Aber«, die Frau hob einen Zeigefinger, »das ist so gut wie unmöglich, Inspektor. Sie kommen da nicht hin. Jedenfalls nicht, wenn Sie nicht eingeladen sind. Sein Haus ist eine Festung. Oder Sie erreichen seinen Wohnsitz als toter Mann.«
»Könnten John und Ihre Nichte denn auf eigene Fast diesen Morcote suchen?«
»So gut kenne ich Ihren Kollegen nicht. Trauen Sie ihm so etwas denn zu?«
»Im Prinzip schon, wenn er allein ist.«
Die Lady nickte. »Da wird Joanna ein Hindernis sein.«
»Das Gefühl habe ich auch.«
Etwas bimmelte sanft, aber unüberhörbar in ihrer Nähe. Es war eine kleine Glocke, die von einer Tafel herabhing, die ein Page vor sich her trug. Er hielt die Stange so starr wie ein stolzer Fahnenträger, der an seinem König vorbeimarschiert. Auf der Tafel war mit heller Farbe der Name Senhora Lancaster geschrieben.
Suko stieß die Lady an. »Der Anruf ist für Sie.«
»Wo?« Sie drehte sich um.
Suko wies auf die Tafel.
Die Augen der Frau fingen an zu strahlen. »Das ist gut«, flüsterte sie, »das ist ausgezeichnet.«
»Wieso?«
Mrs. Lancaster stand auf. Suko erhob sich als höflicher Mensch mit. Der Page blieb stehen. Dann führte er die Frau in die entsprechende Zelle.
»Hoffentlich wird sie nicht enttäuscht«, murmelte Suko, denn er wusste, dass Mrs. Lancaster mit einem Anruf ihrer Nichte rechnete.
Das Warten gefiel Suko überhaupt nicht. Es berührte ihn außerdem seltsam, dass sich niemand mehr um ihn und Mrs. Lancaster gekümmert hatte. Es sah so aus, als hätten die Helfer des Nando Morcote diesen Bereich verlassen. Von der ungewöhnlichen Suite hatte Suko der Frau nichts erzählt. Er hielt es nicht für wichtig.
Der Inspektor hatte sich umgedreht, um dorthin schauen zu können,
Weitere Kostenlose Bücher