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0657 - Angst vor dem roten Phantom

0657 - Angst vor dem roten Phantom

Titel: 0657 - Angst vor dem roten Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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fertig brachte, gleichzeitig zu telefonieren.
    Mit dem Wechselgeld in der Tasche zog ich wieder ab. Wir befanden uns noch in Kensington und würden in Hammersmith die Themse überqueren. Sie schlug dort einen sehr engen Bogen. Auf der anderen Seite befanden sich einige Wasserreservoirs und Altarme der Themse, die jetzt als gewaltige Biotope der Umwelt einen guten Dienst erwiesen.
    In dieser Gegend mussten die Sinti und Roma ihr Lager aufgeschlagen haben.
    In Flussnähe hatte sich der tägliche Dunst gesammelt. Er hing dort zwischen den Sträuchern und Weiden fest.
    Von der Castelnau Road fuhren wir ab, ließen die Häuser des kleinen Vororts links liegen und gerieten in das nahe Flussgelände, wo die Straßen und Wege schmaler wurden, die Feuchtigkeit aber zunahm.
    Dieses Areal diente zugleich als Naherholungsgebiet. Wir rollten an einigen Ausflugslokalen vorbei, die in den heißen Sommermonaten sicherlich bis auf den letzten Platz besetzt waren. Jetzt aber waren sie halb leer oder geschlossen.
    Vor einem Lokal fegte ein Kellner Blätter weg. »Den frage ich mal«, sagte ich, hielt an und stieg aus.
    Die frühherbstliche Kühle umfing mich wie mit zahlreichen Armen. Ich lief auf den Mann zu, der erst aufschaute, als ich ihn fast berührt hatte.
    Auf seiner Oberlippe wuchs ein keckes Bärtchen. Sein dunkles Haar war zu Locken gedreht.
    »Wir haben hier nur koscheres Essen«, erklärte er mir.
    »Danke, aber ich möchte nichts essen und habe nur eine Frage. Es geht um die Sinti und Roma. Können Sie mir sagen, wo ich sie finde?«
    Er schaute mir aus dunklen Augen ins Gesicht. Nach einer Weile fragte er: »Lassen Sie die Menschen in Ruhe. Sie sind genug verfolgt worden wie wir Juden auch.«
    »Sorry, ich möchte nichts Böses. Ich will nur wissen, wo ich sie finden kann.«
    Der Kellner räusperte sich und nickte. »Ich vertraue Ihnen, Mister. Fahren Sie weiter geradeaus. Irgendwann hört der Weg auf. Das heißt, er mündet in einen Pfad. Den müssen Sie durchfahren, um Ihr Ziel zu erreichen.«
    »Komme ich dann in das Lager?«
    »So ist es.«
    »Danke sehr.«
    Der Kellner nickte und fegte weiter.
    Ich stieg zu Jane in den Wagen. »Alles klar, wir werden gleich dort sein.«
    »Gut.«
    »Es ist noch nicht lange her, dass ich bei Zigeunern zu Besuch war. Aber das war in Ungarn.«
    »Wo ihr Baphomet den Rest gegeben habt?«
    »Richtig.«
    Wir brauchten nicht sehr weit zu fahren, bis wir das Gebiet erreichten, wo die schmale Straße endete. Ein ungeteerter Fahrweg schloss sich an.
    »Gut, dass du mit meinem Wagen fährst«, meinte Jane. »Dann wird deiner geschont.«
    »Der Letzte brannte aus.«
    »Was?« Sie erschrak. »Das weiß ich ja noch gar nicht.«
    »Ist nicht so wichtig.« Ich winkte ab. »Inzwischen habe ich einen neuen bekommen.«
    Auf einmal war Schluss. Vor uns stand ein Hindernis, an dem wir nicht vorbeikamen. Es war ein quer gestelltes Wohnmobil, dass mit seinen beiden Seiten noch in die Büsche drückte.
    »Ziel erreicht!«, sagte ich.
    »Das scheint mir auch so.«
    Wir stiegen aus. Ich konnte zur Linken, wenn ich durch die Lücken im Unterholz schaute, die blaugrüne Wasserfläche liegen sehen.
    Die Gegend hier schien die Stille gepachtet zu haben. Nichts rührte sich, es zwitscherte kaum ein Vogel. Alles wirkte wie ausgestorben. Das war auch Jane Collins aufgefallen und sie sprach mich darauf an.
    »Wie findest du das, John?«
    »Ein kleines Paradies in London.«
    Sie winkte ab. »Denke daran. Auch im Paradies versteckte sich der Teufel in Form einer Schlange.«
    »Die bringe ich ja jetzt mit!«, erwiderte ich grinsend.
    Jane funkelte mich an, holte aus, aber sie beließ es bei der stummen Drohung.
    Ohne Hektik setzten wir unseren Weg fort. Die Füße verschwanden im hohen Gras, in das sich auch Unkraut gemengt hatte. Wenn wir den Wagen passieren wollten, mussten wir uns durch die Büsche schlagen. So weit kam es nicht, denn die Wagentür schwang an unserer Seite auf und eine gebückte Gestalt verließ das Fahrzeug. Auch als sie sich aufrichtete, wurde sie kaum größer.
    Jane und ich schauten in das Gesicht eines alten Mannes, dessen Haar von einer schieferfarbenen Schirmmütze verdeckt wurde. Unter ihr zeichnete sich ein Gesicht ab, in das das Leben eine regelrechte Landschaft geschnitzt hatte.
    Ich wusste, dass bei den Sippen das gemeinsame Zusammenleben noch funktionierte. Im Gegensatz zu unserer ach so aufgeklärten modernen Gesellschaft, wo man alte Menschen einfach abschob, wenn sie nicht mehr nach

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