0660 - Die Totenstadt
habe. Ich gebe dir keine Chance.«
Mallmann ließ den Mund offen, nur seine Lippen zuckten. »Kannst du dir vorstellen, dass ich jemand bin, der auch weiterhin existieren wird? Kannst du das?«
»Nein, denn du musst gewissen Gesetzen gehorchen, die…«
»Kennst du den Blutstein?«, unterbrach Mallmann ihn.
»Ich will ihn nicht kennen.«
»Das solltest du aber. Du solltest nämlich wissen, dass er mir eine gewaltige Macht verleiht. Das alte Blut der großen Vampire ist darin enthalten. Es sorgt mit seiner Kraft dafür, dass mir eine Macht verliehen ist, die du als übermenschlich und unwahrscheinlich ansehen wirst. Ich werde es dir zeigen, denn ich fange an, mich dir entgegenzubeugen und damit auch der Klinge deines lächerlichen Schwertes. Gib Acht!«
Mallmann war kein Bluffer. Er hatte die Worte kaum gesprochen, als er sich niederdrückte und sehr rasch die noch trennende Entfernung überwand. Plötzlich berührte die Klinge seine Brust.
»Weiter!«, forderte Aoyama, der die Nerven behielt und noch immer damit rechnete, Sieger zu bleiben.
Mallmann enttäuschte ihn nicht. Er drückte seinen Körper tiefer und die Klinge des Samuraischwertes glitt zunächst durch die Kleidung, dann hinein in den Körper. Sie zerstörte die Haut, sie fand einen Weg in die Masse, hätte Adern zerreißen müssen, aber der Vampir lachte nur. Er wartete wohl darauf, dass die Klinge an seinem Rücken wieder nach außen dringen würde.
Der Einsiedler verstand die Welt nicht mehr. Er lag da wie unter einem Schock stehend und schaute dem nicht begreifbaren Vorgang aus großen Augen zu.
Da kam er nicht mit, das war ihm unheimlich, dafür fand er keine Erklärung, doch das Gesicht des Vampirs - verunstaltet durch die beiden Hauer und das böse Lächeln - drängte sich in eine für den Japaner gefährliche Nähe.
Aoyama wusste, dass Vampire in die Aorta eines Menschen bissen, um dort das Blut zu schlürfen, damit sie die nötige Kraft für eine weitere Existenz erhielten.
»Ich habe es dir gesagt. Du schaffst es nicht, mich zu töten.« Mallmann schob sich weiter vor. Die Klinge steckte ungefähr eine Handlänge tief in seinem Körper. »Aber ich werde dich in meine Welt hineinziehen, das verspreche ich dir. Die beiden Fremden sollen keine Chance bekommen, ihre Nachricht zu entschlüsseln. Ich werde ihnen jeden Weg abschneiden, der eventuell zum Ziel führt.«
Aoyama begriff zwar nicht, was dieser Blutsauger mit seiner Erklärung meinte. Von zwei Fremden hatte er nichts gehört. Sie interessierten ihn in diesem Augenblick auch nicht, denn er war gezwungen, mit sich selbst zurechtzukommen.
Er musste etwas tun, sonst würde der Wiedergänger ihm in den folgenden Minuten das Blut aus den Adern saugen.
Mit einer heftigen Bewegung rollte er zur Seite auf den Rand des flachen Bettes zu, wobei er den Griff des Schwertes losließ.
Damit hatte er den Blutsauger überrascht, der die Arme ausstreckte und sich auf beiden Handflächen abstemmte, wobei die Klinge noch immer in seiner Brust steckte.
Aoyama aber sprang auf die Füße. Er sah noch eine Chance. Er musste rechtzeitig genug an sein geladenes Schnellfeuergewehr in der Ecke gelangen.
Mit einem Satz warf er sich auf das Ziel zu.
Aber Mallmann war schneller. Er hatte sich umgedreht und das Schwert mit einer heftigen Bewegung aus seiner Brust gezerrt. Etwas Dunkles quoll aus der Wunde hervor.
Dann schleuderte er die Waffe.
Sie erwischte den Einsiedler, als dieser nach dem Gewehr greifen wollte. Ein glühender Schmerz tobte durch seinen Rücken. In zwei Hälften schien der Körper geteilt worden zu sein. Die greifende Hand rutschte am Kolben der Waffe ab, der Mann selbst fiel flach auf den Boden, wo er sich herumrollte und dabei noch das Schwert aus seinem Rücken zog.
Dass er überhaupt auf die Beine kam, war schon übermenschlich. Das Lachen des Untoten schwang ihm entgegen. Er spürte, wie das Leben in Form von Blut aus seinem Rücken drang. Die Welt begann sich zu bewegen. Er wusste nicht, wo Mallmann stand. Nur das glühende D auf dessen Stirn begann zu tanzen. Einmal wischte es nach rechts, dann wieder nach links, kippte nach unten weg und tanzte einen Moment später wieder in die Höhe.
Aoyama schaffte es trotz der wahnsinnigen Schmerzen, ein Bein vor das andere zu setzen. Instinktiv hatte er sich auf die Tür zugedreht. Durch sie wollte er auch verschwinden.
Mallmann ließ ihn. Er begleitete allerdings jeden Schritt seines Opfers mit einem hässlichen Lachen, denn er
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