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0660 - Gefangene der Zeit

0660 - Gefangene der Zeit

Titel: 0660 - Gefangene der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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erleichtern. Jeder Regenfall mußte enorme Massen des Erdreichs den Hang hinunter zum Fluß schwemmen.
    Und überall waren Menschen. Einige von ihnen, die in der Nähe der Straße standen, sahen die Kolonne und traten vor, um ihre Kämpfer anzufeuern. Ted wollte sich von dem Bild losreißen, aber er konnte es nicht. Vor sich sah er ein Elend, wie er es sonst nur aus den Kriegsgebieten der Dritten Welt kannte. Er hatte dort einige Reportagen gedreht und konnte sich noch gut an die Wut erinnern, die er gespürt hatte, als ihm klargeworden war, was Menschen anderen Menschen antun. Dieses Mal kam aber noch etwas anderes hinzu: Die Schuld daran, denn egal, von welchem Standpunkt er die Situation betrachtete, trugen er und Nicole. Sie hatten mit ihrem Eingriff in die Zeit das Fundament für diese Katastrophe geschaffen. Daß sie es nicht hatten wissen können und unabsichtlich handelten, half keinem dieser Leute auch nur ein bißchen weiter.
    Er bemerkte, daß Zamorra seine Reaktion nicht entgangen war und fluchte innerlich. Wenn er sich weiter so auffällig benahm, konnte er sich auch direkt ein Schild mit der Aufschrift »Komme aus einer anderen Zeitlinie! Bitte entschuldigen Sie meine Verwirrung!« an die Brust heften.
    Zu seiner Überraschung legte Zamorra ihm jedoch die Hand auf die Schulter. »Ich weiß«, sagte er leise zu Ted, »es geht mir jedes Mal so, wenn ich aus dem Fenster sehe. Ich frage mich, ob wir ihnen nicht etwas besseres bieten könnten, aber das Château ist voll belegt und das Dorf viel zu schwer zu verteidigen.«
    Er machte eine kurze Pause, um ein paar Leuten zuzuwinken, die er anscheinend kannte.
    »Doch dann«, fuhr er fort, »fällt mir immer wieder ein, daß diese Leute hier die Glücklichen sind, die, die überlebt haben, ohne versklavt zu werden. Sie sind froh, hier zu sein, und wir sollten froh sein, daß wir sie noch beschützen können.«
    Wenn Zamorra ihn damit aufmuntern wollte, war der Versuch fehlgeschlagen, denn Ted konnte nichts Glückliches an diesen Menschen erkennen. Sie wirkten eher resigniert und irgendwie geschockt. Möglicherweise konnte er das aber nach einem kurzen Blick auch noch nicht richtig beurteilen und setzte die falschen Maßstäbe an.
    Er lächelte. »Vielleicht hast du recht. Es fällt mir nur manchmal etwas schwer, das so zu sehen.«
    Im nächsten Moment bremste der Jeep scharf ab, und Ted vergaß alle Spekulationen.
    Sie waren am Ziel angelangt.
    Das erste, was dem Reporter auffiel, war der Lärm. Die großen Dieselmotoren der LKWs lieferten das Hintergrundgeräusch für die Soldaten, die Befehle brüllten, hölzerne Barrikaden errichteten und immer wieder ihre Gewehre gegen einen Feind erhoben, den Ted von seiner Position nicht sehen konnte. Er hörte nur seltsame Laute, ein Stöhnen, ab und zu mal einen menschlichen Schrei, immer wieder unterbrochen vom Fauchen der Laserstrahlen.
    Neben ihm sprang Zamorra aus dem Jeep. Er brüllte etwas, das Ted nicht verstehen konnte, aber andere schienen gehört zu haben, was er sagte, denn nur Sekunden später hatte sich ein kleiner Stoßtrupp um Zamorra gruppiert.
    Ted hielt nach Gryf und Teri Ausschau, konnte sie aber nirgends entdecken. Er sah nur Soldaten. Es mußten mehrere hundert sein, die sich hier am Rand des Lagers versammelt hatten und gerade dabei waren, Ordnung in die eigenen Reihen zu bringen.
    Der Reporter sah, wie Zamorra sich mit seinen Leuten in Bewegung setzte, und stieß zu ihnen. Sie mußten sich ihren Weg durch die hastig aufgestellten Barrikaden und die Soldaten, die sie sicherten, bahnen. Aus den Augenwinkeln bemerkte Ted, daß die Uniformierten Wasser über die spitzen Holzpfähle gossen - Weihwasser, vermutete er.
    Und dann hatten sie die erste Kampflinie erreicht.
    Ted stockte der Atem.
    Vor ihm knieten Soldaten hinter den Barrikaden auf der Spitze des Hügels und schossen fast ununterbrochen. Einige andere hielten Flammenwerfer bereit, für den Fall, daß der Gegner noch näher herankam.
    »Ach du Scheiße«, murmelte Ted entsetzt, als er sah, worauf sie schossen.
    Zombies!
    Eine unendlich scheinende Masse von Untoten schob sich mit schweren Schritten langsam den steilen Hügel hinauf. Einige trugen Keulen in der Hand, andere Schwerter oder lange Messer, aber die meisten waren überhaupt nicht bewaffnet. Ted wußte, daß er sie deshalb nicht unterschätzen durfte. Selbst unbewaffnete Zombies konnten mit ihren übergroßen Kräften und der Gier nach Menschenfleisch eine ungeheure Bedrohung sein.

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