0665 - Vampirstadt Berlin
nicht verfehlt werden, und die Kugel erwischte ihn genau in Herzhöhe.
Volltreffer!
Dr. Sheldon Drake warf die Arme hoch. Es sah so aus, als wollte er wegflattern, kippte gegen das Gitter, stemmte sich von ihm ab, torkelte vor, verschwand in der Dunkelheit des Kellers und brach dort zusammen, wie Suko und Harry soeben noch erkennen konnten.
Bewegungslos blieb er liegen.
»Ein Bluff?« fragte Harry.
»Ja.«
»Okay, bleiben noch die Menschen. Wie kommen wir hinein, wie schaffen wir sie weg?«
»Nicht durch das Gitter«, murmelte Suko.
»Das glaube ich auch.«
Der Inspektor leuchtete gegen die Gesichter. Einer der Männer setzte sich mit langsamen Schritten in Bewegung und ging auf den Tisch zu, wo die Spritze neben einem mit Blut gefüllten Gefäß lag.
Er wollte nach ihr greifen und sich die Spritze selbst setzen.
Da schoß Suko.
Die Spritze zerplatzte, das Blut breitete sich auf dem Tisch aus.
Die Hand zuckte zurück. Aus dem Mund drang ein wütender Schrei, und Suko sah seine Chance.
Er steckte die Waffe weg, der Arm schnellte durch die Lücke, dann bekam er mit der rechten Hand den Kragen des Mannes zu packen. Er drehte ihn zusammen und hielt den Kerl fest, bevor er ihn mit einem Ruck an das Gitter heranzog.
Mit dem Gesicht prallte die bleiche Gestalt gegen die Stäbe. Angst flackerte in seinem Blick.
»Okay, Freund. Du wirst mir jetzt den Weg sagen, wie wir zu euch kommen. Ist das klar?«
»Ja!«
»Dann rede.« Suko lockerte den Griff, um dem Mann Bewegungsfreiheit zu geben.
Er sprach von einem Gang und einer Tür. Beides mußte erst gefunden werden. »Einen… einen Bogen schlagen…«
»Wunderbar. Wo ist die Tür?«
»Hinter euch, in der Wand.«
»Schau nach, Harry.«
»Klar doch.« Der Kommissar verschwand. Er selbst tastete sich durch die Dunkelheit, zündete ein Streichholz an und schaute dem Widerschein nach, der über die Wand flackerte.
Steine, die naß glänzten und mit einer dicken Dreckschicht beschmiert waren.
Aber auch die Tür!
»Sie ist hier, Suko.«
»Okay«, sagte der Inspektor und ließ den Mann los. »Wir sehen uns gleich wieder, Freund.«
Harry Stahl wartete schon. Er hatte es geschafft, die Tür nach außen zu stemmen. Muffige Kellerluft schlug ihnen entgegen. Der Gang war eng und niedrig, so daß die Männer gezwungen waren, die Köpfe einzuziehen. Der Informant hatte nicht gelogen. Der stinkende Tunnel, von Leichenduft durchweht, machte einen scharfen Bogen nach links und erreichte einen kleinen Flur, von dem aus eine unten breite und sich weiter oben verengende Treppe hochführte.
»Der Ausgang!« flüsterte Harry.
Suko interessierte sich mehr für den Eingang. Die alte Holztür klemmte, als er sie aufzog. Er wußte selbst nicht, was ihn so nervös machte und antrieb. Irgendwo hatte er das Gefühl, sich beeilen zu müssen und doch zu spät zu kommen.
Es war ihm einfach alles zu glatt gegangen. Dr. Sheldon Drake hatte keinen Widerstand geleistet und den Schuß praktisch provoziert. So etwas hatte Suko bei einem Vampir noch nicht erlebt.
Diesmal erwartete sie nicht die Dunkelheit des Verlieses. Die Männer hatten Kerzen angezündet, deren Lichtschein sich blaß und bleich über die Gesichter gelegt hatte.
Sie standen dort und warteten. Ihre Blicke waren auf Harry Stahl und Suko gerichtet.
Und doch glaubte Suko daran, von ihnen reingelegt worden zu sein. Er stellte keine Fragen, sah sie an und achtete nicht auf Harry Stahl, der eine andere Richtung eingeschlagen hatte. Er wollte nach dem Vampir Drake sehen.
»Suko«, sagte er plötzlich, bevor er einen wilden Fluch hinterherschickte. »Was ist?«
»Komm mal her!«
Der Inspektor war mit wenigen Schritten bei ihm, sah, was auch Harry entdeckt hatte, leuchtete dann noch mit der Lampe, doch das Bild blieb.
Dr. Sheldon Drake, der Vampir, war verschwunden!
***
»Der hat uns reingelegt!« flüsterte Harry Stahl. »Verdammt noch mal, der hat uns verarscht! Aber richtig. Und wir können nur dumm aus der Wäsche schauen.«
Suko sagte kein Wort. Hinter seiner Stirn rasten die Gedanken. Zusätzlich leuchtete er das Verlies aus. Sein Schein vermischte sich mit dem flackernden Widerschein der Kerzen. Egal, wo er hinleuchtete, es gab keine Spur.
»Wie, zum Teufel?« flüsterte der Kommissar. »Wie konnte das geschehen? Du hast ihn doch erwischt. Die Kugel jagte in seine Brust. Das ist mir ein Rätsel.« Harry trat dicht an Suko heran. »Oder reichen auch keine geweihten Silberkugeln mehr?«
»Im Prinzip
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