0668 - Die dunkle Bedrohung
Macht heraufzubeschwören und übermächtig werden zu lassen. Entsetzt erkannte Zamorra, wie aus den Schriftzeichen auf der Klinge Gwaiyurs kleine Feuerzungen hervorbrachen.
Zwei Herzschläge später war das Schwert der Gewalten von Flammen umloht. Doch es waren zwei Feuer, die von Gwaiyurs Klinge aufflammten. Zamorra stockte der Atem, als er erkannte, daß die beiden gegensätzlichen Flammen versuchten, sich gegenseitig zu verzehren.
Auf der einen Seite der Blutrinne, wo in den Minuskeln der Elben der Segen stand, lohte es blau. Auf der anderen Seite jedoch, wo die dunklen Schmiede von Atlantis die vergessenen Zauberzeichen einer abartigen Magie in den Stahl geritzt hatten, brandete es giftgrün hervor.
Gebannt sah Zamorra die Flammen des Lichtes und der ewigen Schwärze gegeneinander kämpfen. Dann überbrandeten die sprühenden Feuer des Bösen das milde Licht aus den Tagen der Elben. Ein Flackern, Verlöschen und Ersterben - dann verschwand das blaue Leuchten. Triumphierend hüpfte das Feuer der Schwarzzauberei in grellem Grün über die Klinge. Amun-Re stieß einen schrillen Schrei aus. Er hatte gesiegt. Und niemand konnte ihn jetzt noch davon abhalten, den Narren, der es gewagt hatte, ihn herauszufordern, auf grausamste Art zu töten.
Zamorra hatte schon oft erlebt, daß Gwaiyur in einer entscheidenden Situation die Seiten wechselte. Je nachdem, welche der gegensätzlichen Kräfte im Inneren der Waffe die Überhand hatten, ließ sich Gwaiyur von Zamorra oder von seinen Gegnern benutzen. Wollte das Schwert die Seiten zum Guten wie zum Bösen hin wechseln, war es weder für einen Menschen noch für einen Dämon zu halten. Gwaiyur war immer das unberechenbare Schwert, das seine Entscheidung selbst fällte, ob es dem Licht diente, oder sich der Dunkelheit unterwarf.
Aber diesmal war alles anders. Als Gwaiyur damals vollendet wurde, hatte Amun-Re einen Teil seiner Bösartigkeit in den Stahl fließen lassen. Nie hatte jemand erprobt, ob die dunklen Zauberkräfte nicht stärker waren als die weiße Magie, mit der einst Glarelion Segen spendete. Und so zwang die Macht Amun-Re's das Schwert der Gewalten bei diesem Kampf dazu, die Seiten zu wechseln.
Zamorra brüllte auf, als der Griff der Waffe in seiner Hand zu glühen begann. Die Juwelen im Knauf und auf der Parierstange sprühten grelle Funken in allen Farben des Regenbogens. Und dann begann sich das Schwert, wie eine Schlange in seiner Hand zu winden.
Verzweifelt versuchte der Parapsychologe, den Schmerz zu unterdrücken und die Waffe festzuhalten. Aber es war vergeblich. Ein wildes Zucken, ein glutheißer Feuerstrahl aus den Juwelen am Griff - dann war Gwaiyur frei und schwebte zwischen den Meistern der Schwarzen und Weißen Magie.
Doch nicht für lange. Amun-Re knirschte Worte zwischen den Zähnen hervor, die wie das Rasseln des Chitinpanzers eines Skorpions klangen. Das Schwert der Gewalten drehte sich in der Luft und schwebte auf seinen alten und neuen Herrn und Gebieter zu. Mit meckerndem Lachen schloß Amun-Re seine dürren Knochenfinger um den Griff der Waffe.
»Endlich bist du wieder zu mir gekommen.« Triumph klang aus der Stimme des Schwarzmagiers. »Du und ich, wir gehören zueinander. Ich habe es gewußt, daß meine Kräfte in dir stärker waren als die Künste Glarelions. Ich, der ich dich aus deinem Gefängnis befreite, Gwaiyur, bin dein wahrer Meister!« [8]
Als ihm der Griff des Schwertes aus der Hand glitt, wußte Professor Zamorra, daß er verspielt hatte. Sein Anstand und seine Ritterlichkeit, niemals gegen einen wehrlosen Gegner zu kämpfen, sei er auch noch so gefährlich, grausam oder heimtückisch, hatte ihn diese Partie verlieren lassen.
Und nun war er dem Amun-Re hilflos ausgeliefert. Der Herrscher des Krakenthrons kannte bestimmt keine Skrupel, ihn zu töten. Ein Schlag mit dem Schwert der Gewalten oder ein kräftiger Stoß - dann war es vorbei.
»Außer mir vermag niemand, Gwaiyurs Willen zu unterwerfen«, höhnte der Zauberer. »Nur Moniema, der Hexenprinzessin von Boroque, ist es jemals gelungen, Gwaiyur völlig zu beherrschen.« Amun-Re gurrte vergnügt. »Aber auch das nützte ihr damals nichts, als meine Drachenschergen sie in der Falle auf den Leichenfeldern von Jethro als letzte von Gunnars Gefährten überwältigt hatten. Und Moniema mußte auch mit ansehen, wie ihre Freunde zu Tode gefoltert wurden, bevor sie selbst unter den ausgesuchtesten Qualen, die meine Torturmeister erfinden konnten, starb.«
»Für diese
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