0668 - Silva auf dem Höllenthron
geworden, gar nichts.
Vor Wut trat er gegen ein Polster, das wie ein großer, offener Mund auf dem Boden stand. Er zweifelte an sich und seiner Überzeugungskraft und hatte wieder einmal das Gefühl, alt zu werden. Immer wenn er daran dachte, mußte er trinken.
Er war auf Chablis eingestellt und blieb auch dabei. Aus der modern eingerichteten Küche holte er eine neue Flasche. Er besaß einen extra für Wein hergestellten Schrank, wo die Getränke haargenau die Temperatur bekamen, die sie brauchten.
Leichtgrün schimmerte der Wein im Glas. Wie ein Pascha flegelte sich de Soto in seinen kaum als Sessel zu erkennendes Möbel, schaltete die Glotze ein und spulte die Programme durch.
Keines sagte ihm zu.
Um einen Videofilm einzulegen, war er zu faul, er schaltete das Radio ein und ließ die Musik als Background-Beschallung erklingen. Gedanklich wollte er sich mit Jane Collins beschäftigen, aber das Telefon störte ihn.
Ginny war dran. Sie heulte und bat um Verzeihung, denn sie hatte die Besucherin aus dem Haus gehen sehen.
»Soll ich wieder zu dir kommen?«
»Ich schieße dich in die siebte Hölle, du kleine Nutte, du. Hau ja ab!«
»Aber ich…«
»Kein Wort mehr!« schrie der Agent und schmetterte den Hörer wütend zurück. Er war obersauer.
Was dieses Geschöpf sich einbildete. Erst machte es eine Szene, dann wollte sie wieder antanzen.
So nötig hatte er es auch nicht. Im übrigen gab es zahlreiche Ginnys. Er brauchte nur nach unten zu fahren und in das Café zu gehen. Da waren die Girls willig genug. Doch er wollte nicht. Vielleicht lag es am Wetter oder an der Abfuhr, die er bekommen hatte. Es konnte auch am Alkohol liegen.
Jedenfalls leerte er noch ein Glas, bevor er sich entschloß, hinzulegen. Im Bett fernsehen wollte er.
Vom Schlafzimmer aus führte eine Tür ins Bad, das schon einer Sexspielwiese glich, mit all den Liegen und Fotografien an den Wänden, die nackten Menschen. Darunter befanden sich auch zahlreiche Models, die er vertrat.
Nach einer kurzen Dusche schlüpfte er in seinen seidenen Mantel, ging zurück in das Schlafzimmer, legte sich ins Bett, das aus einer Zeit stammte, die schon über zweihundert Jahre zurücklag.
Es war ein Himmelbett, und er hatte es von einem Besuch aus Frankreich mitgebracht. Manche Mädchen konnten sich gar nicht schnell genug ausziehen, wenn sie diese antike Lustwiese zu Gesicht bekamen. De Soto hatte sich daran gewöhnt.
Der TV-Apparat besaß einen übergroßen Bildschirm. So konnte er das Geschehen auch ohne Brille erkennen, die er nur aufsetzte, wenn er allein war. Eitelkeit gehörte zu seinem Job.
Eigentlich hatte er auf nichts Bock, aber im Recorder lag noch ein Video-Film. Einer dieser Streifen, die zum Genre Terror zählten, ohne Handlung, nur mit viel Blut und Brutalität.
Ein widerlicher Film, den er zur Hälfte gesehen hatte. Es gab sogar Mädchen, die darauf standen.
De Soto selbst war ein gut gemachter Porno lieber, aber wo gab es schon so etwas?
Er streckte sich aus und schaute auf den Schirm. Natürlich wurde wieder ein Mädchen gejagt. Jemand mit einer Kettensäge war hinter der Kleinen her.
Die Kleine rannte weg, hinein in die Dunkelheit und verlor unterwegs ein Kleidungsstück nach dem anderen, weil die dornigen Zweige der Büsche daran rissen.
De Soto lag im Bett, schaute hin, war mit seinen Gedanken woanders und trank hin und wieder einen Schluck von seinem heißgeliebten Chablis.
Dann fiel die Kleine plötzlich hin!
Der Kettensäge-Killer lachte röhrend auf. Jetzt hatte er sein Opfer, stürzte vor - und…
Im selben Moment verschwand das Bild!
De Soto fluchte. Auf dem Schirm breitete sich eine Winterlandschaft aus, Schneegestöber.
Das verschwand auch, allerdings aus einem anderen Grund. Denn zwischen Bett und Fernseher schob sich etwas hinein. Ein Gegenstand, den Eddy nie gesehen hatte.
Ein Sessel.
Und in ihm hockte eine Frau.
»Silva…«, ächzte er ungläubig…
***
»Ja, Eddy, ich bin es - toll, nicht?«
Nein, es war nicht toll. Es war einfach irre, es war Wahnsinn, es war verrückt, und de Soto bekam es mit der Angst zu tun. Sein Schlafzimmer war zu einem Küchenherd geworden, auf dessen Platte er saß und gegrillt wurde.
Silva war gekommen, und sie flößte ihm eine horrende Furcht ein, obwohl er sie so gut kannte. Er lag im Bett, steif wie ein Brett, und traute sich nicht, unter die Decke zu kriechen wie ein kleines Kind, das sich fürchtet. Er mußte einfach hinschauen und stellte fest, daß sich das Model
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