0668 - Silva auf dem Höllenthron
verändert hatte.
Silva hatte oft genug mit Stolz von ihrer frischen Haut berichtet. Sie gehörte zu den Personen, die sehr wenig Schminke benötigten, jetzt aber war sie bleich wie eine Leiche und sah trotzdem anders aus. Gespenstisch und von einer dünn wirkenden grünen Farbe überzogen. Das mochte auch am Qualm liegen, der nicht nur die untere Hälfte des Sessels umwehte, auch an ihm und an den Beinen der Frau in die Höhe kroch und hauchdünn über den Oberkörper glitt.
Sie hatte die Beine angezogen und so eine bequeme Haltung eingenommen. Entspannt sah sie aus.
Ihr linker Ellbogen drückte die Sessellehne ein, der rechte Unterarm lag auf der Lehne. Ihre Hand umschloß dabei einen Gegenstand, der für de Soto beim ersten Hinsehen nicht genau zu erkennen war. Erst als sie die Hand leicht bewegte, erkannte er den Gegenstand.
Es war ein Rasiermesser.
Nicht daß sich der Mann davor unbedingt gefürchtet hätte, in dieser Lage tat er es. Unwillkürlich spannte sich die Haut an seinem Hals, als würde einen Moment später die Klinge des Messers darüber hinwegstreichen, um dann von einer Seite zur anderen gezogen zu werden.
Weshalb war sie gekommen? Und weshalb sah sie so schrecklich und so anders aus?
Er konnte es nicht sagen, er spürte nur den verdammten Druck, der sich immer mehr verstärkte, sich ebenfalls auf seine Stimmbänder gelegt hatte und ihn stumm machte.
Sie sprach ihn wieder an. Die Worte flogen ihm wie eine geflüsterte Botschaft zu. »Hallo, Eddy, schön, dich zu sehen, mein Lieber. Ich mag das, Eddy…«
»B… bist du es wirklich?«
»Und ob ich das bin, Eddy. Keine Sorge, du wirst mich bald zu spüren bekommen.«
»Was willst du?« Er keuchte plötzlich. Sein Bett war zur Sauna geworden, so sehr schwitzte er.
»Dich!«
Eddy fing an zu kichern. »Klar, sonst hättest du mich nicht besucht. Wieso sitzt du auf einem Sessel?«
»Das ist kein Sessel, mein Freund. Das ist der Höllenthron. Ich bin Silva auf dem Höllenthron, verstehst st du endlich?«
De Soto lauschte den Worten nach und schaffte es, den Kopf zu schütteln. Nein, das verstand er nicht, das konnte er einfach nicht begreifen. Das war ihm zu hoch, und er kam sich vor, als hätte ihm jemand einen harten Stoß versetzt.
Höllenthron, das war ihm einfach suspekt. So etwas glaubte er nicht, doch es war plötzlich etwas anderes da. Ein Wissen und auch ein Gewissen. Das Wissen darüber, daß er seinen Schützling nicht eben fair behandelt hatte. Okay, Silva hatte gute Honorare kassiert, aber auch er hafte überproportional an ihr verdient. Ein schlechtes Gewissen hatte er deswegen nicht gehabt. Er hatte sich auch niemals Vorwürfe gemacht, nun kamen sie zusammen, und er konnte sich plötzlich vorstellen, daß Silva erschienen war, um ihm die Rechnung zu präsentieren.
Sie bewegte sich, streckte ihre Beine aus. Eddy de Soto stellte mit Entsetzen fest, daß sie dabei war, den verdammten Stuhl zu verlassen. Sie würde zu ihm kommen, und sie hielt das Messer so, daß er direkt auf die Klinge schauen konnte.
»Bleib liegen, Eddy! Bleib nur liegen, mein Freund. Rühr dich nicht von der Stelle…«
Eddy bekam noch größere Augen. »Was… was willst du denn von mir, verflucht?«
»Dir einige Fragen stellen.«
Eddy konnte sogar lachen. »Aber dafür brauchst du doch nicht das verdammte Messer.«
»0 doch.«
»Nein, ich…«
»Bleib liegen!« Ihre Stimme peitschte, und Eddy schrak zusammen. Am liebsten wäre er in die Matratze hineingekrochen. Da dies nicht klappte, mußte er mit ansehen, wie sich Silva auf ihn zubewegte. Sie ging sehr geschmeidig und lautlos. Das lange Blondhaar umwehte sie. Es war vorn wesentlich kürzer geschnitten als hinten im Nacken. In ihren Augen funkelte es, der sehr weit ausgeschnittene Poncho endete an ihren Oberschenkln. Aus dem sich ständig verschiebenden Ausschnitt lugte hin und wieder eine der beiden Brüste hervor.
Dafür hatte de Soto keinen Blick. Überhaupt war es ihm noch nie gelungen, das Model ins Bett zu bekommen. Silva hatte seinen mehr oder weniger plumpen Versuchen immer widerstanden.
Wollte sie ihn töten?
Er stellte sich automatisch, diese Frage. Sonst hätte sie ja keine Waffe mitzubringen brauchen. Sie trug das Rasiermesser lässig und senkte die Hand, als sie das Himmelbett des Agenten erreicht hatte.
An der rechten Seite bewegte sie sich entlang, fixiert auf Eddy, den das große Zittern überkam.
»Jetzt hast du Angst, wie?«
»Ja, ich… ich…«
»Das habe ich mir
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