0668 - Silva auf dem Höllenthron
bewegte sie hin und her, wie das Pendel eines Metronoms.
Auch die verwöhnten Gäste der Disco waren durch diese Performance überrascht worden. In den ersten Sekunden traute sich niemand, ein Wort zu sagen, dann erklangen die flüsternden Stimmen.
Jane hatte Mühe, aus diesem Gewusel etwas herauszuhören.
»Sie ist es. Ja, das ist sie.«
»Was hält sie denn in der Hand?«
»Sieht aus wie ein Messer.«
»Auch die Augen funkeln so seltsam.«
Da hatte der Sprecher nicht unrecht gehabt. In der Tat leuchteten die Pupillen, als wären zwei dunkle Diamanten in sie hineingedrückt worden.
Ein schauriges Bild, aber noch schauriger klang die Stimme der Frau, als sie anfing zu sprechen. Sie hörte sich an wie ein rauhes Röhren, das aus den dunkelsten Tiefen einer fremden Welt stammte.
»Hallo, meine Freunde. Ich bin gekommen und freue mich, daß ihr so zahlreich seid. Ihr wißt, wer ich bin, und diesmal habe ich euch einen besonderen Gruß mitgebracht. Einen Gruß, der nicht von dieser Welt stammt, sondern aus der Hölle. Ja, ihr habt richtig gehört, der Teufel persönlich hat mich zu euch geschickt, denn er weiß, daß ihr zu denen gehört, die das Außergewöhnliche lieben. Und der Satan ist außergewöhnlich, da wird mir keiner widersprechen.«
Es hob auch kein Gast seine Stimme an. Nur Jane hörte de Soto ächzend atmen.
Sie sprach weiter. »Um euch zu beweisen, daß ich nicht nur so dahinrede, werdet ihr jetzt erleben, wie ich mir jemand von euch auf die Bühne hole und ihn direkt mit meinem Herrn und Meister, dem Teufel, konfrontiere. Er wird als erster das Vergnügen haben, dem Satan in die Augen schauen zu können, und er wird sich auch als erster dafür entscheiden, ihm dienstbar zu sein Wer meldet sich freiwillig?«
Kein Finger zuckte hoch.
Silva Mancini lachte. »Seid ihr so feige, Freunde? Wollt ihr nicht dem Teufel gegenüberstehen und etwas von seiner höllischen Welt abbekommen? Keine Sorge, er greift euch nicht an, er will euch nur aufnehmen in seinen Kreis.«
Sie hatte abermals Pech, daß sich keiner meldete. Einige wären sicherlich gern gegangen, doch da war etwas, das sie festhielt und wie an den Boden nagelte.
»Also nicht«, stellte Silva fest. »Dann muß ich mich mit euch beschäftigen. Ich hole mir einen aus eurer Mitte. Ihr könnt zuschauen, ihr werdet begeistert sein.« Sie senkte ihren Kopf ein wenig, um genau vor die Bühne schauen zu können.
Dort saßen Eddy de Soto und Jane Collins!
Jane hörte ihn stöhnen. Eddy war nicht dumm, selbstverständlich wußte er Bescheid, daß es nur um ihn gehen konnte. Er schabte mit den Füßen über den blanken Boden, er zwinkerte, er schaute zu Jane - und saß steif, als Silva die nächsten Worte sprach.
»Eddy de Soto! Ich will dich! Ich habe dich ausgesucht! Du wirst den Anfang machen!«
Bei jedem Wort duckte sich Eddy tiefer. Er empfand sie wie harte Nackenschläge, aber er war nicht bereit, der Aufforderung Folge zu leisten und schaute Jane Collins an. »Helfen Sie mir!« bat er.
»Gehen Sie!«
»Nein, ich…«
»Eddy!« Scharf und hell wie der Klang einer Peitsche hörte sich Silvas Stimme an, als sie den Namen des Mannes rief. »Du wirst doch nicht kneifen, Eddy? Oder soll ich dich holen? Denk an den letzten Abend, da hast du anders reagiert!«
Über das Gesicht des Mannes liefen Ströme von Schweiß. Sein Blick bestand nur aus einem einzigen Flehen, doch Jane Collins blieb hart. Sie half ihm nicht.
»Warum tun Sie nichts?«
»Eddy!« klang es von der Bühne. »Ich warte nicht länger. Komm her zu mir. Und zwar sofort!«
Zahlreiche Augenpaare waren einzig und allein auf den Tisch gerichtet, an dem Eddy und Jane waren. Man kannte den Agenten, und viele Gäste waren darüber froh, daß es ihn und nicht sie erwischt hatte. Sehr beliebt war Eddy nicht.
»Was soll ich denn tun?« zischte er Jane zu.
»Aufstehen und zur Bühne gehen.«
»Und dann?«
»Werden wir sehen.«
»Helfen Sie mir nicht?«
»Gehen Sie jetzt, sonst kommt es zu einer Katastrophe, verdammt noch mal!«
Eddy nickte, stützte sich mit einer Hand auf der Tischplatte ab und stemmte sich in die Höhe. Auf einmal war es wieder still geworden. Eine bedrückende Stille, die der Tod selbst ausgebreitet zu haben schien.
De Soto ging wie ein alter, kranker Mann. Nach vorn gebeugt, als hätte er Furcht davor, die Frau auf der Bühne jetzt schon ansehen zu müssen.
Silva regte sich auf ihrem Höllenthron nicht. Sie schaute unbeweglich zu, wie sich die schattenhafte
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