067 - Der geflügelte Tod
aus allen Poren.
Wie mußte erst Jubilee zumute sein? Sie hatte die züngelnde Schlange wenige Zentimeter vor ihren Augen.
»Eine falsche Bewegung«, knurrte der Bucklige, »und die Schlange beißt zu! Ihr Biß ist qualvoll und tödlich!«
Cruv starrte Hyxten verdattert an. »Ein Mord-Magier«, stöhnte er. »Tony, das ist ein Mord-Magier!«
***
Sastra war ein dicker Mann mit unzähligen Falten um die Augen. Er kleidete sich in schwarzes Leder. Niemand sah ihm seine Gefährlichkeit an. Er hatte lange gebraucht, um die Kunst der schwarzen Magie besser zu beherrschen als andere Mord-Magier, und es war nicht ratsam, ihm über den Weg zu laufen, denn er war listig, tückisch und tödlich. Viele waren von ihm schon getäuscht worden. Wenn er auszog, um zu rauben und zu morden, kleidete er sich ärmlich, gab sich schwach und hilfsbedürftig. Erst wenn er das Vertrauen seiner Opfer gewonnen hatte, schlug er grausam zu.
Er war weit herumgekommen auf Coor, und sein Name hatte, so fand er, einen guten Klang. Viele wußten, wer Sastra war, und man sprach seinen Namen entweder ängstlich oder ehrfürchtig aus. Das kam darauf an, auf welcher Seite die betreffende Person stand.
In jungen Jahren schon hatte Sastra erkannte, wofür er sich am besten eignete, für welches Leben er geschaffen war. Er riskierte sein Leben, als er sich auf den Weg machte, um einen gefürchteten Mord-Magier aufzusuchen und ihn zu bitten, ihn in der Kunst der schwarzen Magie zu unterweisen.
Sein Glück war, daß dieser Mord-Magier schon sehr alt und krank war und den Wunsch hatte, sein Wissen und seine tödliche Kunst an jemanden weiterzugeben. Sastra kam ihm deshalb gerade recht.
Mühsam, den Unterricht immer wieder für Tage und Wochen unterbrechend, weil die Krankheit ihn umbringen wollte, brachte der alte Mord-Magier seinem jungen Schüler bei, was er wußte.
Sastra lernte schnell, und bald beherrschte er die schwarze Magie ebensogut wie sein Meister.
Als er merkte, daß der Alte ihm nichts mehr zu vermitteln vermochte, tötete er ihn.
Von da an war es sein Ziel, zu einem der gefürchtetsten und bekanntesten Mord-Magier auf Coor zu werden, und das erreichte er auch.
Wenn er loszog, starben viele Männer, Frauen und Kinder, und ihre gesamte Habe ging in seinen Besitz über.
Den Kindern nahm er das Leben, damit sie, wenn sie erwachsen waren, nicht gegen ihn ins Feld ziehen und den Tod ihrer Eltern rächen konnten. Ja, Sastra war sehr gründlich, und seine Meisterleistung war die Ermordung Bilcos gewesen.
Immerhin hatte den Jungen ein starker Zauber geschützt. Kein anderer Mord-Magier wäre imstande gewesen, diesen Zauber zu umgehen, aber Sastra hatte einen Weg gefunden.
Seither wurde er von Seinesgleichen als der Größte angesehen. Und das war der Grund, warum der dicke Sastra heute ganz besonderen Besuch bekommen sollte.
Er lebte für sich allein in einer Blockhütte.
Ringsherum gab es zahlreiche magische Fallen. Niemand sollte an den Mord-Magier herankommen können.
Sastra saß an einem roh gezimmerten Tisch, aß gebratenes Fleisch und trank gegorenen Traubensaft, der sehr süß war und ein wenig auf der Zunge und in der Kehle brannte.
Als sich die Hüttentür öffnete, setzte Sastra den Becher ab. Niemand konnte gekommen sein. Er hätte sich in einer der Fallen gefangen. Der Wind mußte die Tür aufgedrückt haben.
Sastra erhob sich.
Er machte den ersten Schritt.
Als er den zweiten Schritt tun wollte, stutzte er, denn zur Tür kam ein schönes, reizvolles Mädchen herein.
Trotz der magischen Fallen?
Sie hatte mittellanges rotes Haar und meergrüne, leicht schräggestellte Augen, und das weiße Gewand, das sie trug, war mit schwarzen Symbolen bestickt.
Sastra wußte nicht, wen er vor sich hatte, aber er spürte, daß dieses Mädchen etwas Besonderes war. Und noch etwas spürte er: die Gefahr, die von diesem zarten Mädchen ausging. Mußte er vor ihr wirklich auf der Hut sein? Das widerstrebte ihm. Er hatte keine Achtung vor dem weiblichen Geschlecht. Weiber… Sie redeten viel, heulten oft, waren schwach und nur zum Kinderkriegen gut.
Aber dieses Mädchen war trotz der Fallen bis zu ihm vorgedrungen!
Sein Blick huschte an ihr auf und ab. Sie schien unbewaffnet zu sein. Wußte sie, wen sie vor sich hatte? War ihr nicht bekannt, daß es tödlich gefährlich war, sich ihm zu nähern? Er bezog Kraft aus allen Morden. Auf eine geheimnisvolle Weise ging die Energie seiner Opfer auf ihn über. Je mehr er tötete, desto besser
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