067 - Der Redner
unmittelbaren Untergebenen und ging dann nach Hause.
Am Abend legte er sich frühzeitig zur Ruhe, und da er einen gesunden, festen Schlaf hatte, hörte er zunächst das Klingeln des Telefons nicht. Endlich wachte er doch auf, stieg leise fluchend aus dem Bett und ging zum Apparat.
»Hier ist Artur Menden«, meldete sich eine heisere, ängstliche Stimme. »Sie erinnern sich doch, daß ich gestern in Bettys Wohnung mit Ihnen sprach?«
»Ja - was ist denn los?«
Mendens aufgeregter Ton verriet dem Redner sofort, daß etwas Besonderes vorgefallen sein mußte.
»Betty ist entführt worden - ich spreche von ihrer Wohnung aus.«
»Entführt?« wiederholte Mr. Rater erstaunt und fuhr sich über die Augen, um festzustellen, daß er wirklich wachte.
»Zum Donnerwetter, was meinen Sie denn eigentlich? Aber erzählen Sie mir jetzt keine Einzelheiten, ich komme sofort zu Ihnen.«
In höchster Eile kleidete er sich an, aber er war nicht wenig ärgerlich, daß ein höherer Polizeibeamter mitten in der Nacht wegen eines solchen Unsinns aus dem Bett geholt wurde.
Als er in Bettys Wohnung ankam, fand er Mr. Menden sehr aufgeregt. Bis Mitternacht hatte der junge Mann von ihrem Verschwinden keine Ahnung gehabt.
Obwohl die beiden verheiratet waren, wohnten sie doch getrennt. Im allgemeinen brachten sie den Abend miteinander zu, aber diesmal war er auf ihren Wunsch schon eher nach Hause gegangen. Um halb elf wurde er von einem Unbekannten angerufen. Der Mann gab an, im Auftrag der Ingenieurfirma zu sprechen, für die Menden arbeitete, und ersuchte ihn, sofort zum Hause des Seniorchefs in Kingston Hall zu gehen. Es wäre ein Telegramm aus Bermuda eingetroffen, das der Chef mit ihm besprechen wollte. Mr. Menden wußte, daß seine Firma dort zur Zeit einen großen Auftrag ausführte.
Er hatte nicht den geringsten Verdacht, nahm eine Autodroschke und fuhr nach Kingston. Als er zum Haus seines Chefs kam, war dort eine Geburtstagsfeier im Gange, und niemand wußte etwas von dem Anruf. Ebensowenig war ein Telegramm aus Bermuda eingetroffen. Erstaunt und verärgert über den schlechten Scherz fuhr Menden zu seiner Wohnung zurück.
Viertel vor eins kam er dort an, und schon auf dem Korridor hörte er das Telefon klingeln. Bettys Dienstmädchen war am Apparat. Sie hatte eine ganze Stunde lang versucht, mit ihm in Verbindung zu kommen.
Um elf Uhr war Betty angerufen worden, angeblich von dem Portier von Mr. Mendens Haus. Sie sollte sofort zu seiner Wohnung kommen. Er hatte noch mehr gesagt, aber davon hatte ihre Herrin nichts erzählt. Vor dem Haus wartete ein Auto, und das Mädchen sah, daß Betty mit dem Mann sprach, der daneben stand. Darauf wäre Betty eingestiegen und fortgefahren.
»Warum haben Sie denn Ihrer Herrin nicht ein Auto besorgt?« fragte der Redner.
Sie erklärte, daß Sie nicht angezogen und Betty schon abgefahren war, als sie sich angekleidet hatte. Beim Fortgehen hatte sie ihr nur noch schnell zugerufen, wohin sie fuhr.
»Haben Sie den Mann oder den Wagen erkannt?«
Sie schüttelte den Kopf. Es war sehr dunkel, aber sie glaubte, daß es ein Rolls Royce gewesen sein müßte. Jedenfalls war es ein großer Luxuswagen.
Sie blieb nun auf, um auf die Rückkehr ihrer Herrin zu warten. Als diese um zwölf noch nicht wieder erschienen war und auch nicht angerufen hatte, wurde sie ängstlich und klingelte bei Menden an, erhielt aber keine Antwort.
Weitere Auskunft konnte sie nicht geben.
»Julian Linstead steckt dahinter, es kann sonst niemand sein«, sagte Artur nervös und aufgeregt. »Ich habe auf Sie gewartet, Mr. Rater, sonst wäre ich schon persönlich zu seiner Wohnung gefahren.«
Der Redner konnte auch keine andere Erklärung für das Verschwinden der jungen Dame finden. Sie hatte keine Freunde in London, und auf keinen Fall wäre sie allein mit einem Fremden fortgefahren.
Ein schwacher Anhaltspunkt ergab sich aus der Tatsache, daß sie Schlafanzug, Morgenrock, Pantoffeln und Toilettengegenstände mitgenommen hatte.
Kurz darauf trafen Mr. Rater und Artur Menden bei Mr. Linstead ein. Sie klopften eine Zeitlang an der Tür, bis der Hausmeister schließlich im Schlafrock öffnete.
Mr. Aldred hatte seine äußere Erscheinung etwas zu auffällig in Unordnung gebracht, um glaubhaft vorzutäuschen, daß er eben aus dem Schlaf gerissen worden sei. Das Haar hing ihm wirr ins Gesicht, und der Redner bemerkte außerdem sofort, daß die Schuhe des Mannes vollkommen zugeschnürt waren.
»Nein, Mr. Linstead ist nicht zu
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