067 - Der Redner
Tür, und sie gingen zu dem kleinen Salon, in dem der gedeckte Tisch stand.
»Nun, was wollen Sie? Sie sind mir ja ein netter Helfer! Haben Sie etwa Miss Grayne gesehen und zurückgeschickt?«
Olcott schüttelte ungeduldig den Kopf.
»Ich möchte nur noch wissen, Mr. Horopolos, ob der Chefinspektor die Schlüssel zu der Stahlkammer mitgenommen hat?«
»Selbstverständlich hat er das nicht getan!«
»Sind Sie Ihrer Sache auch ganz gewiß?« fragte der Mann ernst.
Der Grieche steckte die Hand in die Tasche seines Schlafrocks und holte einen Ring heraus, an dem sich die beiden Schlüssel befanden.
»Sehen Sie, hier sind sie.«
»Dann geben Sie sie mir sofort, und rühren Sie sich nicht, sonst jage ich Ihnen eine Kugel durch den Schädel«, erwiderte Mr. Olcott, in dessen Hand sich plötzlich eine Browningpistole zeigte.
Dimitri wäre vor Schrecken beinahe in Ohnmacht gefallen. Widerstandslos ließ er sich binden und knebeln. Dann ging Mr. Olcott mit den Schlüsseln in den Keller, um die Schätze der Stahlkammer zu untersuchen.
Als der Redner nach Scotland Yard zurückkehrte, saß Mr. Snell wieder an seinem gewohnten Platz. Aber Mr. Rater war jetzt nicht in der Stimmung, seine Geschichten anzuhören. Da der Captain aber die Methoden der Verbrecher sehr gut kannte, erzählte er ihm, was er eben erlebt hatte.
»Donnerwetter!« rief der Amerikaner. »Das sieht ganz nach diesem gerissenen Kerl aus Memphis aus. Das ist der größte Spitzbube und Betrüger, der jemals gelebt hat. Er arbeitet nämlich immer mit seiner Frau zusammen. Sie hat strohblonde Haare und dunkelblaue Augen. Und immer richtet sie es so ein, daß sich jemand in sie verliebt. Aber sie wählt stets einen schlechten Charakter als Opfer. Dann taucht ihr Mann, der Kerl aus Memphis, auf, gibt sich als Detektiv aus und stiehlt dem Mann alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Ich möchte wetten, daß ...«
Bevor Mr. Snell den letzten Satz beenden konnte, eilte der Redner schon zu dem Polizeiauto zurück, das der Chauffeur gerade zur Garage bringen wollte. Er sprang auf das Trittbrett und winkte zwei Detektiven, die ihm schleunigst folgten. Als er in das Haus des Griechen kam, brach er die Tür zu dem kleinen Salon auf und befreite Dimitri. Währenddessen war der »gerissene Kerl aus Memphis, USA« mit seiner blonden Frau längst in einem schnellen Wagen nach Osten davongefahren.
Die Lektion
Ich möchte gleich zu Anfang bemerken, daß ich niemals viel sprach. Zu Beginn meiner Polizeikarriere bekam ich eine Lektion, die ich allen jungen Beamten einprägen möchte. Man soll niemals zur unrechten Zeit sprechen oder auf die unrechten Leute hören.
Ich war sehr stolz auf meine kurze, knappe Ausdrucksweise, und wenn mir jemand gesagt hätte, daß ich zuviel spräche, wäre ich sicher sehr erstaunt gewesen. Und doch habe ich es getan, als ich den Blidfield-Mord bearbeitete, den interessantesten Fall, der mir überhaupt vorgekommen ist.
Ich kannte den alten Angus Blidfield oberflächlich. Er besaß ein großes Haus am Bloomsbury Square und hatte die Wohnungen in den einzelnen Geschossen vermietet. Für sich selbst hatte er den ersten Stock reserviert und wohnte dort mit seiner Nichte Agnes Olford.
Der alte Mann war ein sehr reicher, etwas exzentrischer Junggeselle. Trotz seines Geldes war er ein ausgesprochener Geizhals. Ich wußte damals noch nicht, daß er große Summen baren Geldes in seinem Hause aufbewahrte, und ich glaube auch, daß nur wenig andere Leute eine Ahnung davon hatten. Seine Nichte war allerdings darüber orientiert, aber sie kannte die Höhe des Betrages nicht, den ihr Onkel in dem lackierten Blechkasten unter seinem Bett verwahrte.
Die Nichte war sehr schön, besaß aber wenig Geist und Witz, sonst hätte sie nicht die Stellung in dem Haus einnehmen können, die ein einfaches Dienstmädchen mit etwas Selbstachtung abgelehnt hätte. Sie mußte von früh bis spät auf den Beinen sein und führte eigentlich ein Sklavenleben. Die ganze Hausarbeit war ihr aufgebürdet, denn Blidfield hielt sich keine Dienstboten. Außerdem erledigte sie seine Korrespondenz und spielte auch noch die Pflegerin, wenn er krank war.
Ich kannte seinen Arzt, den jungen Dr. Lexivell, der in der Gower Street wohnte. Ich lernte ihn kennen, als unser Polizeiarzt einmal krank wurde, und wir zu irgendeinem Zweck einen Doktor brauchten. Der Sergeant erinnerte sich damals an den jungen Lexivell, und wir zogen ihn zu.
»Nun haben Sie ja ihr Glück gemacht«, sagte ich
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