067 - Der Redner
zu ihm, als ich hörte, daß der alte Blidfield ihn zu seinem Hausarzt bestimmt hatte. Er lachte.
»Denken Sie, er wollte mir zumuten, das Amt ehrenhalber zu verwalten! Es dauerte eine Weile, bis ich ihm auseinandergesetzt hatte, daß ich doch von meinem Beruf leben müßte.«
Ich war nicht erstaunt, dies zu erfahren, denn Mr. Blidfield gab niemals unnötig einen Schilling aus. Jeden Morgen machte er sich mit einer Markttasche auf den Weg, um die nötigen Einkäufe für den Haushalt zu besorgen. Er ging sogar bis zur Edgware Road, weil dort die Kartoffeln eine Kleinigkeit billiger waren.
Ich glaube kaum, daß er sehr krank war, aber er war sehr ängstlich wegen seiner Gesundheit und rief selbst bei den geringfügigsten Anlässen den Arzt. Hätte er anständig gezahlt, so hätte Lexivell sehr zufrieden sein können. Er hatte noch keine große Praxis und verbrauchte, was er verdiente, wenn nicht mehr.
Eines Tages hörte ich, daß der alte Herr ernstlich erkrankt sein sollte, und als ich Dr. Lexivell zufällig an der Ecke der Tottenham Court Road traf, erzählte er mir, daß sich ein Herzleiden bei Blidfield eingestellt hätte.
»Es kann gefährlich werden, und er muß sich in Zukunft in acht nehmen. Ich schlug ihm vor, eine Krankenschwester zu engagieren, aber davon wollte er nichts hören. Es ist mir gar nicht recht, daß dieses junge Mädchen und der alte Mann, der jeden Augenblick sterben kann, allein in der Wohnung sind. Mich geht die Sache ja nichts an, aber sooft ich in der letzten Zeit abends zu ihm kam, bemerkte ich ein paar Leute, die das Haus beobachteten. An einem kam ich dicht vorüber und betrachtete ihn genauer. Er hatte dunkle Hautfarbe und machte den Eindruck eines Ausländers. Ich glaube auch, daß es immer dieselben sind, die sich dort herumtreiben. Ich sprach mit Mr. Blidfield über die Sache, und zu meinem Erstaunen wußte er, daß das Haus beobachtet wurde. Aber er brach die Unterhaltung sofort ab, als ob es ihm unangenehm wäre, darüber zu sprechen.«
Dunkle, unheimlich aussehende Männer, die Häuser beobachten, interessieren mich immer, und so machte ich mich eines Nachmittags auf den Weg, um mich persönlich davon zu überzeugen. Ich rechnete allerdings nicht damit, daß ich die Leute um diese Zeit auf ihrem Posten treffen würde, und tatsächlich konnte ich sie auch nicht entdecken. Ich klingelte an der Wohnungstür, und Miss Olford öffnete mir. Ihr Onkel machte gerade eine Spazierfahrt, eine der wenigen Annehmlichkeiten, die er sich gönnte. Zweimal in der Woche mietete er von einer benachbarten Garage ein Auto und fuhr aufs Land hinaus.
Die kleine Miss Olford sah sehr müde und angegriffen aus, denn sie war bis drei Uhr morgens aufgeblieben.
»Der Doktor sagte, daß die gefährliche Zeit für meinen Onkel zwischen elf und drei Uhr nachts liegt, und er hat mir geraten, während dieser Zeit zu wachen. Er hat meinen Onkel schon dauernd gebeten, eine Pflegerin zu nehmen, aber der denkt gar nicht daran.«
»Was fehlt ihm denn eigentlich?« fragte ich.
Sie wußte es nicht genau; wahrscheinlich hatte Lexivell sie nicht über den Zustand Mr. Blidfields aufgeklärt. Ich sagte ihr nichts von den verdächtigen Leuten, die sich vor dem Haus herumtrieben, um sie nicht zu beunruhigen. Aber ich schlug ihr vor, sich doch am Tage einige Stunden hinzulegen.
»Mein Onkel kann jeden Augenblick zurückkommen, und dann will er seinen Tee haben.«
Mr. Blidfield traf ich bei der Gelegenheit nicht, aber ich wollte vor allem feststellen, welche Bewandtnis es mit den beiden Leuten hatte, die das Haus beobachteten. Einer meiner Detektive hatte zwei Männer gesehen, die sich auf dem Platz verdächtig machten, und sie angehalten. Aber sie konnten genügende Auskunft geben.
Am Samstagnachmittag machte ich Mr. Blidfield wieder einen Besuch, und diesmal fand ich ihn zu Hause.
Wir kannten einander nur oberflächlich, aber doch so gut, daß ich mich nach seinem Befinden erkundigen konnte.
»Mir fehlt nicht viel, ich habe nur nervöses Herzklopfen. Dieser junge Doktor will nur Honorar schlucken, aber da hat er sich in mir geirrt. Obendrein sollte ich noch eine Krankenschwester anstellen! Die stecken alle unter einer Decke, und ich zweifle nicht im geringsten daran, daß er sich von der Pflegerin eine Provision zahlen ließe, wenn ich sie engagierte. Ein Pfund soll ich täglich für eine Pflegerin ausgeben - es ist nicht zu glauben!«
Obwohl er nicht viel über seine Krankheit sprach, sah ich doch deutlich,
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