0673 - Die Jagd
seinem Gesicht festzubeißen.
Einmal hatte er einen Angriff durch einen Schrei stoppen können. Ob sich die Ratten jetzt noch erschreckten, war fraglich. Sie wurden immer frecher und gleichzeitig aggressiver.
Die dünnen Flammen wallten aus der Schale. Sie bewegten sich wie zarte Tücher, die jemand in die Höhe geworfen hatte, um sie über den Boden gleiten zu lassen.
Auch Sukos Gesicht erfassten sie. Sein Kopf warf sogar einen Schatten auf den Boden.
Die Ratten blieben…
Verzweifelt dachte Suko über eine Möglichkeit nach, sich aus der Röhre zu befreien. Wie schaffte er es, die anderen zu überlisten?
Die Idee schlug so plötzlich ein wie eine Bombe. Es war nicht mehr als eine hauchdünne Chance, lächerlich, aber eine andere Möglichkeit gab es wirklich nicht.
Suko wollte sich bewusstlos stellen.
Wenn er das schaffte und die anderen es sahen, dann mussten sie handeln. Ihnen durfte alles passieren, nur Sukos Tod konnten sie nicht riskieren. Wenigstens nicht so schnell, dann konnten sie nicht mehr verhandeln.
Die Ratten blieben.
Eine, die Suko schon einmal angesprungen hatte, befand sich vielleicht einen Schritt von ihm entfernt und glotzte ihn aus den starren Augen an.
Suko verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. Auf der Haut klebte der Schmutz. Zusammen mit der Feuchtigkeit hatte er eine dünne Schmierschicht gebildet, in die das Blut hineingelaufen und geronnen war. Das ließ sich alles ertragen. Weniger schön war der Juckreiz, auf die Dauer war das eine wahre Folter.
Suko hätte sich für sein Leben gern gekratzt, aber das wiederum war nicht möglich, da es ihm nicht gelang, seine Arme zu bewegen.
So blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zu beherrschen und durch das Schneiden von Grimassen zu versuchen, den Juckreiz zu verlagern.
Sprang die Ratte?
Auch ihre Artgenossen waren jetzt stehen geblieben, sodass Suko von sechs Augen unter Kontrolle gehalten wurde. Allerdings hielten sich die beiden anderen Nager versetzt auf.
Dann hörte Suko die Tritte.
Auch die Ratten hatten die neuen Geräusche vernommen. Sie spitzten ihre Ohren. Unruhe packte sie und trieb sie in die Flucht, als sich die Schritte der Verliestür näherten.
Jetzt kam es darauf an.
Suko hatte sich schon überlegt, wie er es anfangen sollte, die Bewusstlosigkeit so perfekt wie möglich zu spielen. Da nur sein Kopf aus der Röhre hervorschaute, legte er ihn zur Seite, sodass sein rechtes Ohr beinahe den feuchten Steinboden berührte. Seine Lage war günstig, denn aus halb geschlossenen Lidern konnte er genau sehen, was sich in der Nähe der Tür abspielte.
Der Schlüssel kratzte wieder im Schloss, als er zweimal gedreht wurde. Eine Hand drückte die Tür nach innen, die über den rauen Boden hinwegschleifte.
Dann kam er.
Sehr groß, breit und wuchtig. Suko konnte ihn erkennen, wie er über die Schwelle trat. Es war nicht Knife, der Mann mit dem messerbewehrten Schlagring, sondern der Helfer, der immer kam, um ihm etwas zu trinken zu bringen.
Ein noch junger Mann, der wieder die Schnabeltasse in der rechten Hand hielt.
Suko schloss die Augen. Er verließ sich auf sein Gehör und bekam mit, wie der Mann näher an ihn herantrat. Im Geiste zählte er die Schritte mit. Beim Vierten hörte er auf.
Stoff raschelte, als sich der junge Mann bückte und Suko ansprach. »He, was ist? Eingeschlafen…?«
Der Inspektor rührte sich nicht. Er wusste, dass es nicht einfach sein würde, dass sie Tests mit ihm machten, aber das musste er eben bis zum Ende durchstehen.
»Willst du mich verarschen, Mann?«
Nicht ein Laut drang über Sukos Lippen. Nichts, was das Misstrauen des anderen hätte erwecken können.
»Scheiße!«
Der Kerl war unsicher. Dann bewegte er sich. Einen Moment später spürte Suko die Schläge, die gegen seine Wangen klatschten.
Suko reagierte nicht. Sein Kopf bewegte sich locker von einer Seite zur anderen. Er stöhnte auch nicht auf, als mal das rechte, dann wieder das linke Ohr über den Boden schabte. Der Inspektor ertrug es mit einer bewundernswerten Gelassenheit.
Nur der junge Mann geriet in Zweifel. Er war nur abgestellt worden, um dem Gefangenen das Wasser zu bringen. An Probleme hatte er nie im Leben gedacht.
Noch einmal zischte er einige Flüche, schlug Suko gegen die Stirn und stand auf. Der Inspektor hörte ihn weggehen. Er war so durcheinander, dass er nicht einmal die Tür schloss.
Für Suko ideal. Seine Wangen schmerzten, und die Haut schien von den Schlägen zu brennen. Jetzt hielt er die Augen
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