0673 - Die Jagd
immer im Vorteil, und eine Kugel war schneller als eine Handkante. Dieses Defizit musste Suko durch Raffinesse ausgleichen. Er begann mit seiner Gymnastik, und er war froh, dass der Raum nicht überwacht wurde, so konnte er sich bewegen, wie er wollte. Er musste sich beeilen, denn er glaubte nicht daran, dass sich die Typen mit der Rückkehr lange Zeit lassen würden.
Zuerst schmerzten seine Gelenke, denn die Gymnastik, die Suko sich abverlangte, gehörte zu der harten und brutalen Sorte. Das war nichts für Leute, die irgendwo kurten und am Morgen ihre schlaffen Körper bewegen mussten. Hier ging es rund.
Suko geriet sehr bald ins Schwitzen. Sein Kreislauf lief auf Hochtouren. Er musste einfach fit sein, um sich den Feinden stellen zu können.
Alles klappte wie am Schnürchen. Seine sagenhafte Kondition erlaubte es ihm, in den folgenden zehn Minuten wieder voll da zu sein. Zwar spürte er die Schmerzen am Körper, wenn er sich auf bestimmte Stellen konzentrierte, das wiederum machte ihm nichts aus.
Wie sollte er sich verhalten, wenn sie kamen?
Suko stand in der Mitte des Verlieses. Es gab keine Deckung, nur die Schale stand auf einer Säule.
Er hatte nicht gesehen, dass etwas von der brennbaren Flüssigkeit nachgekippt worden war, jedenfalls leckten die Flammen höher.
Schale und Säule waren die einzige Chance. Zwar konnte er keine hundertprozentige Deckung dort finden, doch im ersten Augenblick war er bestimmt nicht zu sehen.
Hinter der Säule duckte er sich zusammen, war einigermaßen zufrieden und versuchte dann, die Schale zu bewegen. Sie bestand aus Stein, war innen mit einem dünnen Metall ausgelegt worden, über dem die Flüssigkeit schwappte.
Für einen Eintretenden stand sie links von der Tür. Der Mann würde ein, zwei Schritte in das Verlies gehen, sich umschauen, dann musste es bereits geschehen sein.
Suko lächelte kantig, als er daran dachte. Manche Menschen waren sich eben zu sicher. Jetzt musste er nur darauf warten, dass sie kamen, um ihn abzuholen.
Hatte Suko vorhin eine wahrhaft übermenschliche Geduld bewiesen, so brach nun doch Nervosität in ihm durch. Schauer jagten kribbelnd durch seinen Körper. Er konnte es nicht erwarten, den Hundesöhnen die Quittung zu geben. Sie hatten ihn in eine Falle gelockt und so gedemütigt wie nie zuvor jemand.
Da stand noch etwas offen.
Er wollte nicht auf einer Stelle stehen bleiben und durchmaß das Verlies mit möglichst leisen Schritten. Suko brauchte einfach die Bewegung, steif war er lange genug gewesen.
Wann kamen sie?
Ob es draußen Tag oder Nacht war, konnte Suko nicht sagen. In diesem verfluchten Verlies war alles gleich.
Hin und wieder schaute er auf die Holztür. Hin und wieder spielte er mit dem Gedanken, sie kurzerhand aufzurammen und aus den Angeln zu schleudern.
Dann siegte die Vernunft. Man würde kommen, denn die Lage hatte sich verändert. Die Bande musste sich auf die neuen Möglichkeiten einstellen. Davor, dass irgendein giftiges Gas in das Verlies geblasen werden konnte, hatte Suko Angst. So etwas wäre fürchterlich gewesen, doch er rechnete mit allem.
Dann hörte er die Schritte.
Das kalte Gefühl war mit einem Mal wieder da. Es trat immer dann bei ihm auf, wenn er dicht vor einer entscheidenden Situation stand.
Gleichzeitig wurde er ruhig. Ein Beobachter hätte meinen können, er wäre eingefroren.
Suko konzentrierte sich. So hatte es ihm vor vielen Jahren sein Lehrmeister beigebracht. Nicht nur die äußere Kraft zählte, wichtig war die innere Einstellung, die musste einfach stimmen, wenn man in den Kampf auf Leben und Tod ging.
Aus den Tritten hatte Suko gehört, dass sie zumindest zu zweit waren. Vor der Tür verstummten die Schritte. Dann Schlüsselklirren und das drehende Kratzen des Schlüssels im Schloss. Dinge, die Suko nur am Rande wahrnahm, weil er sich nur auf den Angriff konzentrieren musste.
Er hatte sich geduckt, die Arme angewinkelt und leicht vorgeschoben. Seine Hände zielten auf die Feuerschale. Sie musste er im genau richtigen Moment von der Säule stoßen.
Die Tür schleifte, sie ächzte und knarrte in den Angeln, als sie nach innen gedrückt wurde.
Suko stand nicht im toten Winkel, da die Tür zur rechten Seite hin aufschwang.
Der Wasserbringer betrat als Erster das Verlies. Er hielt eine Pistole in der Hand, deren Mündung ins Leere zielte. Den zweiten Mann sah Suko nicht.
»Verdammt, wo ist der Kerl?« Dann wurde ihm klar, dass etwas nicht stimmte. Der Mann wollte zurückspringen. Da
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