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0677 - Yaga, die Hexe

0677 - Yaga, die Hexe

Titel: 0677 - Yaga, die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die Plazierung nicht sonderlich viel Sinn. Zudem blieb eine Menge kahles Mauerwerk offen, das durchaus eine Verkleidung in Form von Malerei oder Behängen verdient gehabt hätte.
    Nachdenklich strich der Dämonenjäger mit den Fingern über einen der Teppiche. Im matten Dämmerschein einer Fackel-, die mehrere Meter weit entfernt in einer Wandhalterung vor sich hin rußte, entdeckte er ein seltsames Bildmotiv. Es zeigte einen düsteren Korridor, der nur von einer Fackel mäßig erhellt wurde. In diesem Korridor stand ein Mann und betrachtete einen Wandteppich…
    Zamorra schluckte. Er glaubte seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Dieses geknüpfte Bild konnte doch kein Zufall sein!
    Was die Leute im Dorf munkelten, stimmte: hier gab es Magie!
    Zamorra bedauerte, daß er das Amulett nicht bei sich hatte. Damit hätte er dieser Magie zu Leibe rücken können. Aber Merlin, dieser Halunke, hatte es ihm doch abgenommen!
    Sollte das hier der gesuchte Wandteppich sein?
    So ganz wollte Zamorra nicht daran glauben. Es wäre zu einfach. Außerdem: jene ominöse Puppenspielerin wäre doch entschieden zu leichtsinnig, wenn sie etwas so Wichtiges öffentlich ausstellen würde. Etwas, dem Baba Yaga offenbar nachjagte wie der Teufel der verlorenen Seele…
    Andererseits: wer etwas verstecken will, tut das am besten dort, wo niemand es sucht. Also in aller Öffentlichkeit…!
    Plötzlich war da eine Bewegung in der Dunkelheit.
    Jemand kam!
    Unwillkürlich wich Zamorra zurück. Es gab nichts, wo er sich verstecken konnte, keine Nische, kein Vorsprung, keine Abzweigung. Er mußte zurück, mußte von hier verschwinden. Er wirbelte herum und versuchte so lautlos wie möglich davonzulaufen.
    Aber das funktionierte nicht.
    »Stehenbleiben!« donnerte eine befehlsgewohnte Stimme. »Wer da?«
    »Niemand«, murmelte der Dämonenjäger und blieb stehen.
    Der andere kam heran. »Ins Licht mit dir, Niemand!« befahl er. »Zu mir, rasch!«
    Er selbst blieb im Dunkeln. Zamorra konnte nicht abschätzen, ob er bewaffnet war, und wenn, über welche Waffen er verfügte. Also fügte er sich erst einmal.
    »Ah, der neue Pferdeknecht«, stellte der Mann im Dunkeln fest. »Was tust du hier, Mann? Hier ist weder dein Quartier, noch geht's hier zum Stall!«
    »Wohin dann, wenn mir die Frage erlaubt ist?« stieß Zamorra schnell hervor. »Ich habe mich verlaufen. Das alles hier ist mir noch fremd, und ich…«
    »Verlaufen? Mitten in der Nacht? Um diese Stunde wird geschlafen, nicht herumgelaufen, wo keiner herumzulaufen hat!«
    »Und warum lauft dann Ihr hier herum?« erkundigte Zamorra sich vorsichtig. »Wer seid denn überhaupt Ihr?«
    ***
    Als er wieder zu sich kam, erinnerte er sich nur noch an eine aus dem Dunkeln heranrasende Faust, die ihn traf, noch ehe er ausweichen konnte. Ein greller Blitz, dann tiefste Schwärze… und jetzt tat ihm nicht nur der Kopf weh. Der Mistkerl, der ihn niedergeschlagen hatte, mußte ihn auch danach noch mit Schlägen und Fußtritten traktiert haben. Zamorra schleppte sich in sein Quartier zurück und warf sich auf das harte Strohlager. Aber wenn er gehofft hatte, noch eine oder zwei Stunden ruhen und sich von den Schlägen erholen zu können, sah er sich getäuscht. Nur wenige Minuten später hämmerte jemand wild gegen seine Tür. »Willst du nicht aufstehen, verdammter Faulpelz? Sollen wir deine Arbeit etwa mit machen?«
    »Natürlich nicht«, ächzte Zamorra, erhob sich mühsam wieder und tappte zur Tür. Er sah auf die Uhr - nein, auf sein Handgelenk, an dem sich keine Armbanduhr befand, weil es so etwas in dieser Zeit noch nicht gab.
    Draußen war es noch dunkel.
    Der Arbeitstag begann hier, wenn der Nachtmensch Zamorra für gewöhnlich ›Feierabend‹ machte…
    ***
    Nicole sah er an diesem Tag erst spätabends wieder, als sein Arbeitstag beendet war. Er hatte sich vorher nicht einmal im Alptraum vorstellen können, welche Arbeiten einem Pferdeknecht aufgebürdet werden konnten - mit den Tieren selbst bekam er kaum etwas zu tun. Statt dessen wurden ihm alle möglichen und unmöglichen handwerklichen und schmutzigen Arbeiten übertragen, und als er endlich sicher war, daß man ihm für diesen Tag nicht noch mehr abverlangte, war er müde und zerschlagen, am Ende seiner körperlichen Leistungsfähigkeit und darüber so dreckig und schweißstinkend, daß er LUZIFERs Seele für ein heißes Bad verkauft hätte.
    Prompt rümpfte Nicole natürlich die Nase. »Komm mir bloß nicht zu nahe!« warnte sie ihn. Dabei

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