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0677 - Yaga, die Hexe

0677 - Yaga, die Hexe

Titel: 0677 - Yaga, die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Arbeit leistete«, sagte der Herzog nachdenklich. »Und man sagte, in letzter Nacht habe er drei mit Knüppeln bewährte Männer auf den Hof hinaus geprügelt, nur mit seinen Fäusten. Er mag seinen Kopf vorerst behalten. Aber nicht mehr als diesen Kopf. Er soll weiter für mich arbeiten. Dafür bekommt er Brot und Wasser, aber keinen Lohn mehr. Was ihm bisher gehörte, gehört ihm nicht mehr. Und nun schafft ihn mir aus den Augen.«
    Sie packten Zamorra und schleppten ihn nach draußen.
    Dort starrte ihn sein Erzfeind an.
    »Mag der Herr dir wohlgesonnen sein«, zischte er. »Aber zwischen uns beiden ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.«
    »Da hast du völlig recht. Denk dir für dein letztes Wort schon mal was besonders Treffliches aus.«
    Der andere holte aus und wollte Zamorra die Faust ins Gesicht setzen. Zamorra blockte den Hieb ab, konterte und sah seinen Gegner bewußtlos zusammenbrechen.
    »Das«, kommentierte er, »war wohl ganz besonders trefflich.«
    ***
    Die Puppenspieler in war zu einem ihrer Wandteppiche zurückgekehrt. Das geknüpfte Motiv zeigte ihr den nackten Fremden, der soeben einen der Söldner des Herzogs niedergeschlagen hatte.
    Der Fremde gefiel ihr, aber er war ihr zugleich ein Rätsel. Er wußte mehr, als er zugab. Und sie ahnte, daß er ihrem Geheimnis auf der Spur war. Doch der Herzog hatte ihn nicht töten lassen.
    Gut, es war seine Entscheidung.
    Aber vielleicht keine gute.
    Zu viele fremde Zauberkundige trieben sich in der Burg herum. Zuerst Yaga, dann dieser Fremde mit seiner Gefährtin.
    Die Spielerin überlegte, ob sie den Fremden noch einmal manipulieren sollte, wie sie es schon in der Nacht getan hatte.
    Ihre Hand berührte den Teppich, um das Knüpfmuster und damit auch das dargestellte Motiv zu verändern. Diese gewollte Veränderung würde Einfluß auf das Verhalten des Fremden haben, denn so, wie der Teppich der Spielerin zeigte, was der Mann tat, konnte sie umgekehrt, wenn sie das Abbild selbst veränderte, auch sein Tun beeinflussen.
    Doch sie zog die Hand zurück.
    Sie wollte abwarten, was dieser Mann als nächstes tat.
    Sie war auch in dieser Hinsicht eine Spielerin.
    Und sie wußte, daß sie dieses Spiel gewinnen würde.
    Denn sie hatte alle Vorteile.
    ***
    Yaga stand an einem der Fenster und sah hinaus auf den Burghof. Sie sah, wie Zamorra seinen Gegner niederschlug.
    Und leise lachte sie auf, als sie daran dachte, daß sie wohl Zamorra und Nicole erkannt hatte, die beiden aber nicht ahnten, wer sie selbst war.
    Denn so wie sie jetzt aussah, ähnelte sie der ursprünglichen alten Hexe längst nicht mehr, als welche Zamorra sie in Erinnerung hatte.
    Sie waren sich schon über den Weg gelaufen, gestern. Aber weder Zamorra noch seine Gefährtin, beschäftigt mit niederen Arbeiten, hatten Yaga erkannt. Ihre Tarnung war perfekt.
    Ihr Blick ging weiter, in die Ferne, über die Burgmauern hinaus zum Dorf.
    Und sie dachte an ein anderes Dorf.
    Eines, in dem sie gewesen war. Vor vierhundert, fünfhundert Jahren? Genau wußte sie es nicht mehr. Es mochte die gleiche Zeit gewesen sein, in die es sie jetzt verschlagen hatte. Vielleicht existierte Yaga nun zweimal - hier in Frankreich, und zugleich in einem kleinen Dorf in der sibirischen Einsamkeit…
    Ihre Gedanken kehrten zurück in jene Zeit, in der sie noch auf einem Einhorn ritt… als sie noch eine junge Frau war, die gerade beschlossen hatte, unter Menschen zu leben.
    Sie erinnerte sich…
    ***
    ... an das kleine Dorf in der kalten Weite. An das kleine Bauwerk mit einem Türmchen, das sich in der Dorfmitte zwischen den niedrigen Häusern der Menschen erhob, die hier seßhaft geworden waren. In der Eingangstür stand ein Mann in einer groben Baumwollkutte, mit einer Hanfkordel gegürtet, hinter der eine Sichel steckte. Aber der Mann war kein Bauer, der mit diesem Werkzeug aufs Feld gehen wollte.
    Er kümmerte sich um das Seelenheil seiner kleinen Gemeinde, er war ihr Priester, der jetzt aus der winzigen Kirche hervortrat. Hier gab es keinen Prunk wie in den großen Städten. Und doch verehrten die Menschen den einen barmherzigen Gott ebenso, auch wenn sie ihm zu Ehren nur ein schlichtes Haus mit kleinem Turm und kleinem Glöckchen hatten bauen können. Zu mehr reichte es in dieser armen Gegend nicht.
    Niemand wußte das besser als Sergej. Als Wandermönch war er hergekommen und dann hiergeblieben. Die Menschen gefielen ihm, sie waren gut in ihren Herzen. Er konnte ihnen mit seinen besonderen Gaben helfen, wenn sie krank

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