0678 - Zeus Anno 3460
vernichten."
Der Mann, um den sich Bull Gedanken machte, stand in diesem Augenblick vor einem Podest und schob mit einer langen Zange Metallplättchen in den an einer Stelle aufgeklappten Körper eines Posbi-Roboters. Der Posbi wurde von mehreren elektromagnetischen Trossen auf dem Podest festgehalten. Im robotischen Sinn war er im Augenblick „tot", aber der Plasmaanteil seiner Biopositronik lebte natürlich.
Die Plättchen, die Goshmo-Khan in den Körper schob, waren Speicher- und Programmierungseinheiten.
„Ich weiß, daß ich viel von dir verlange, mein Freund", sagte der Wissenschaftler zu dem Posbi. „Vielleicht zu viel. Aber wir müssen zumindest einen Versuch riskieren."
Ein Lächeln huschte über sein breites Gesicht.
„Ich weiß nicht genau, was passiert, wenn ich fertig bin und dich wieder einschalte, aber ich hoffe, daß du dich bewähren wirst.
Dein Gegner heißt Fontain und ist angeblich ein Cyborg. Man hält ihn für unbesiegbar."
Goshmo-Khan winkte einen bereitstehenden Matten-Willy zu sich.
„Solange die Positronik nicht eingeschaltet ist, kann ich keine Verbindung zum Plasmaanteil des Posbis aufnehmen", erklärte er. „Deshalb habe ich dich mitgenommen, damit du telepathischen Kontakt mit der organischen Masse aufnimmst."
Der Matten-Willy, der in seiner natürlichen, quallenähnlichen Form neben dem Podest niederkaute, bildete einen Pseudoarm.
„Du kennst die Schwierigkeiten", sagte er zu Goshmo-Khan.
„Das Plasma in diesem Posbi ist nur ein geringer Teil eines Kollektivlebewesens. Es ist kein Individium im üblichen Sinn.
Deshalb kann ich auch nur Emotionen aufspüren und zu beeinflussen versuchen."
„Das ist mir klar", sagte Goshmo-Khan knapp. „Du mußt mich warnen, wenn die Plasmaeinheit sich durch meine Manipulationen bedrängt fühlt. Die Harmonie zwischen Positronik und Plasma darf trotz aller Veränderungen nicht gestört werden."
Der Matten-Willy winkte mit seinem Pseudoarm und erklärte auf diese Weise sein Einverständnis.
Goshmo-Khan arbeitete weiter. Er war sich darüber im klaren, daß die Verwirklichung seines Plans von vielen unsicheren Faktoren abhing. Zunächst einmal war entscheidend, ob Fontain ihn lange genug in Ruhe lassen würde.
Aber auch, wenn er sein Werk vollenden konnte, stand noch lange nicht fest, ob der Posbi so reagieren würde, wie der Wissenschaftler erwartete. Goshmo-Khans Plan basierte auf den Theorien eines längst verstorbenen Robotikers. Dieser Mann, sein Name war Van Moders, war einer der hervorragendsten Posbikenner gewesen. Van Moders hatte den Begriff der hypertoktischen Verzahnung geprägt und den Kontakt mit den Posbis erst ermöglicht.
Goshmo-Khan hatte Van Moders Hauptwerk „Der Vollkommene Robot" vor Jahren gründlich studiert. Das Experiment, das Goshmo-Khan nun ausführte, war von Van Moders niemals vorexerziert worden. Der Robotiker hatte lediglich über Möglichkeiten der Verwendung von Posbis sehr weitreichende Theorien entwickelt.
„Was", fragte Goshmo-Khan den Posbi, „würde wohl Van Moders sagen, wenn er uns sehen könnte?"
Der Posbi schwieg, solange Positronik und Plasma getrennt waren, konnte er die Frage überhaupt nicht verstehen.
„Es ist möglich, daß du mich umbringst, sobald ich dich einschalte", sagte der Wissenschaftler.
„Das wird niemals geschehen", mischte sich der Matten-Willy ein.
„Ich weiß nicht, Filz", sagte Goshmo-Khan nachdenklich.
„Biopositronische Roboter werden durch bestimmte Programmierungen unberechenbar und geraten außer Kontrolle.
In seinem berühmten Buch schreibt Van Moders unter dem Stichwort Illusion oder Wirklichkeit, daß es doch denkbar wäre, daß wir alle, Sterne und Galaxien nur das Produkt einer unfaßbaren Riesenbiopositronik sein könnten. Sozusagen das Programm eines Robotgehirns."
„Eine Maschine hat kein Bewußtsein", wandte der Matten-Willy ein.
„Natürlich nicht!" Goshmo-Khan legte die Zange zur Seite und griff nach einer Lötpistole. „Aber bei einer Biopositronik sieht das anders aus. Theoretisch wäre es doch möglich, einen Posbi von der Größe eines Planeten oder gar einer Sonne zu bauen.
Was geschieht dann, Filz?"
„Das weiß ich nicht", sagte das Quallenwesen unsicher.
„Wir haben etwas Ähnliches auf der Hundertsonnenwelt, ohne daß es jemals zu solchen Effekten gekommen ist."
„Wenn die Logik bestimmter Gedankenvorgänge bis ins letzte Detail durchdacht ist, könnte eine Illusion Realität werden", sinnierte Goshmo-Khan. Er
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