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0679 - Der Schrecken von Botany Bay

0679 - Der Schrecken von Botany Bay

Titel: 0679 - Der Schrecken von Botany Bay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Hügelkuppe.
    »Zieht schon, ihr verdammten Bastarde«, rief einer der uniformierten Wachen und hob drohend die Peitsche. MacDonaghan duckte sich vorsichtshalber, aber der rot uniformierte Soldat senkte nur den Arm. Er zeigte kurz auf MacDonaghan und lachte.
    »Eines Tages lege ich ihn um«, flüsterte der Schotte wütend.
    Eddie Cooper wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wirst du nicht. Erst bin ich dran.«
    Schaudernd dachte der Sträfling an den Tag zurück, als Corporal Jones behauptet hatte, er habe ein Stück Käse aus dem Lager gestohlen. Obwohl Eddie mehrere Zeugen vorweisen konnte, mit denen er zur fraglichen Zeit gearbeitet hatte, wurde er zu einhundert Peitschenschlägen verurteilt. Die Narben spürte er heute noch auf seinem Rücken. Er warf dem Corporal, der den Käse damals vermutlich selbst gegessen hatte, einen hasserfüllten Blick zu.
    »Sieh ihn nicht so an«, warnte Thomas Watling. »Du bringst dich nur selbst in Schwierigkeiten.«
    Cooper nickte und stemmte sich erneut gegen den Baum. »Ich weiß«, keuchte er, »aber ich kann nun mal nicht aus meiner Haut.«
    Mit einer letzten Kraftanstrengung schoben die Sträflinge den Stamm auf die ebene Hügelkuppe. Erschöpft ließen sie sich zu Boden sinken. Die Wachen schenkten ihnen keine weitere Beachtung, sondern gingen statt dessen zu einigen weiblichen Gefangenen, die im Schatten eines Baumes das Essen vorbereiteten. Zotige Bemerkungen wurden ausgetauscht, die von den Frauen mit Gelächter quittiert wurden.
    Watling setzte sich auf und blickte über die Bucht hinweg, die sich unter ihm erstreckte. Auf dem zentralen Platz, der für Gouverneursreden, Hinrichtungen und andere Strafen genutzt wurde, wehte die Fahne Englands, der Union Jack, in einer leichten Brise. Dahinter stand das einzige steinerne Gebäude der Kolonie, der zweistöckige Gouverneurssitz. Um dieses Zentrum herum drängten sich die windschiefen Holzhütten wie arme Verwandte, die sich von einem reichen Familienmitglied ein paar Brotkrumen erhoffen. Da es keinen Mörtel gab, hatte man die Ritzen zwischen den Wandbrettern und die strohgedeckten Dächer mit Lehm abgedichtet, eine Prozedur, die nach jedem starken Regen wiederholt werden musste, denn das Wasser weichte den Lehm auf und ließ ihn in Klumpen vom Dach ins Innere fallen. In einiger Entfernung lagen die Felder und Gärten der Sträflinge, die ihre unzureichenden Rationen mit etwas Gemüse aufzubessern hofften. Aber ihre Arbeit wurde entweder durch Überflutungen, Dürren, oder die kriminelle Energie anderer Gefangener zunichte gemacht. Trotzdem probierten sie es immer wieder.
    Was für ein armseliges Leben, dachte Watling, als er auf den Pazifik starrte, dessen Wellen sich in ewig gleichem Rhythmus an den Klippen der vorgelagerten Inseln brachen. Der Blick des Fälschers glitt suchend über das Meer, bis er ein kleines Fischerboot entdeckte. Wie ein Korken schaukelte es auf den Wellen. Sehnsüchtig beobachtete er das kleine Segel, das sich im Wind blähte. Ein Wind, der ihn bis nach England bringen konnte, wenn er es richtig anstellte.
    Sein Blick kehrte zurück auf den Hügel, der sich mit weiteren Gefangenen füllte. Die meisten von ihnen trugen wegen irgendeines Vergehens, dessen sie verurteilt worden waren, Fußketten, nur wenige konnten sich frei bewegen. Zu diesen wenigen zählte auch Watling. Er hatte sich die Freiheit durch Portraits erkauft, die er für die Offiziere zeichnete, damit sie die an ihre Familien in England schicken konnten. Die meisten der Bilder waren mehr als nur geschönt, aber den Soldaten gefiel das so und Watling genoss seine eigenen Vorteile aus diesem Geschäft. Keiner der Soldaten ahnte, dass der Fälscher seit seiner Ankunft in Botany Bay nur mit dem Gedanken an die Flucht beschäftigt war. In den letzten drei Jahren war sein Plan fast bis zur Vollendung gereift. Nur noch ein wichtiges Detail fehlte…
    Er stieß Cooper leicht an. »Hör zu«, sagte er leise. »Ich verschwinde mal für ein paar Stunden. Falls jemand fragt, lass dir was einfallen.«
    Er wusste, dass es unwahrscheinlich war, dass jemand sein Verschwinden bemerkte. Es wurde gerade ein großer Häftlingstrupp für Rodungsarbeiten zusammengestellt, da achtete keiner der Soldaten auf einen einzelnen Gefangenen. Er musste nur bis zur allabendlichen Zählung wieder zurück sein und das nicht nur wegen der Wachen. In Vollmondnächten war es nach Einbruch der Dunkelheit gefährlich. Und heute war die erste Nacht des Vollmonds.
    »Wo

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