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0679 - Der Schrecken von Botany Bay

0679 - Der Schrecken von Botany Bay

Titel: 0679 - Der Schrecken von Botany Bay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Rand des Lagers, um die Krieger zu erwarten.
    Thomas steckte hastig ein paar der toten Krebse als Wegzehrung in sein Hemd. Den Zeichenblock und Stift ließ er zurück. Die Eora würden sich nicht daran vergreifen.
    Um ihn herum liefen jetzt auch die Frauen und Kinder den Kriegern entgegen. Der Fälscher fragte sich, was die ganze Aufregung sollte. Nach einem Blick auf den Stand der Sonne, der ihm verriet, dass noch genügend Zeit bis zur Dämmerung blieb, entschied er, mit dem Weg zurück zu warten. Er schlug sich ins hohe Gras und verbarg sich hinter einem Eukalyptusbaum. Der Engländer wollte zumindest sehen, welchen Weißen die Eora so bereitwillig in ihr Lager führten…
    ***
    Gemeinsam mit den Kriegern des Stammes betrat Zamorra das Lager der Eora. Über eine Stunde waren sie durch den Busch marschiert, dessen blasse Färbung dem Parapsychologen anfangs sehr monoton erschienen war. Aber nach einiger Zeit gewöhnten sich seine Augen daran, und er erkannte die Nuancen und Überraschungen, die sich darin verbargen. Es war eine Landschaft, in der sich selbst ein fast zwei Meter großes Tier, das Känguru genannt wurde, mühelos verstecken konnte.
    Zamorra hatte die Zeit genutzt, um den Schwarzen, der sich Wantapari nannte und wie die anderen Krieger zum Stamm der Eora gehörte, auszufragen. Der schien anfangs überrascht über seine Unwissenheit zu sein, gab sich aber mit der Erklärung, Zamorra sei erst seit kurzem im Land, zufrieden. Und so erfuhr der Dämonenjäger nicht nur die Namen der Tiere und Pflanzen, nach denen er fragte, sondern auch, dass Wantapari Englisch von einem Sträfling gelernt hatte, der den Stamm regelmäßig besuchte. Nur gab er dieses Wissen nicht gerne preis, denn er hatte in seinem Umgang mit den Weißen gelernt, dass es besser war, ihnen ein Gefühl der Überlegenheit zu geben. Dann wurde man zwar verhöhnt, aber nicht getötet.
    Es überraschte den Dämonenjäger, dass Wantapari die Psychologie, die hinter diesem Verhalten der Sträflinge stand, sehr genau durchschaute. Die Offiziere herrschten über die einfachen Soldaten, die Soldaten über die Sträflinge, die ihren Hass und ihre Aggressionen aufstauten und ständig von Menschen umgeben waren, die über ihnen standen. Die nackten Wilden mit ihrem furchtbaren Gestank boten ein ideales Ziel, um die eigene Überlegenheit zu demonstrieren. Selbst als ein von der Gesellschaft verbannter Gefangener hatte man den Ureinwohnern als weißer Europäer einiges voraus - so glaubten viele zumindest.
    Zamorra erinnerte sich an die Kolonialisierung Afrikas und Amerikas und erkannte die gleichen Verhaltensmuster, wenn auch in verschärfter Form. Auf den beiden anderen Kontinenten hatte es eine Besiedlung durch Händler und Farmer gegeben, die freiwillig in die neue Welt gereist waren, um ihr Glück außerhalb Europas zu suchen. Hier waren es Strafgefangene, die man aus ihrer Heimat entführt und ans andere Ende der Welt verfrachtet hatte. Die meisten von ihnen, so schätzte Zamorra zumindest die Lebensbedingungen zu dieser Zeit ein, waren in ihrem ganzen Leben keine fünfzig Kilometer von ihrem Geburtsort entfernt gewesen - und jetzt befanden sie sich fünfzehntausend Kilometer weit weg. Für sie musste es sein, als habe man sie auf den Mond verbannt, nein, schlimmer noch; denn den Mond konnte man von England aus wenigstens sehen.
    Neben Zamorra hob einer der Eora das strampelnde Huhn hoch und brachte die Gedanken des Parapsychologen damit zurück in die Gegenwart. Um ihn herum standen die anderen Stammesmitglieder und scherzten mit den Kriegern. Ab und zu warf jemand Zamorra einen kurzen Blick zu, der vorsichtig, aber nicht misstrauisch erschien. Anscheinend wussten sie nicht genau, was sie von ihm halten sollten. Dem Dämonenjäger kam die fehlende Aufmerksamkeit nicht ungelegen, denn sie gab ihm die Möglichkeit, sich ein wenig im Lager umzusehen. Als Wantapari dieses Lager erwähnt hatte, war Zamorra in seinen Gedanken von Indianerzelten oder afrikanischen Krals ausgegangen, Hütten, die ihren Einwohnern Schutz vor den Naturgewalten boten. Was er jedoch sah war nur eine halb offene Lichtung, an deren Rand das trockene Buschland in einen felsigen Wald überging. Keinerlei Bauten, keine Behausungen und kaum ein Hinweis auf die längere Anwesenheit von Menschen. Einige Werkzeuge und Waffen lagen scheinbar wahllos um ein schwelendes Feuer herum, neben dem etwas Holz aufgeschichtet war. Weggeworfene Tierknochen vervollständigten ein Bild, das Zamorra

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