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0680 - Der verratene Traum

0680 - Der verratene Traum

Titel: 0680 - Der verratene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Mann, der neben einem Baum stand und eine monotone Melodie sang. Thomas Watling hätte sich gefragt, wie ein Krieger vom Stamm der Eora nach England gelangt war. Der Werwolf in ihm sah jedoch nur die Beute. Er zog die Lefzen hoch und knurrte dunkel.
    Der schwarze Mann fuhr herum, aber es war bereits zu spät. Der massige Körper des Tiermenschen prallte gegen ihn und riss ihn zu Boden. Voller Panik wehrte sich der Schwarze, malte unsichtbare Zeichen in die Luft und schrie, als die spitzen Zähne in seinen Oberschenkel drangen.
    Dann verschwand er mit dem Werwolf.
    ***
    Australien 1794
    »Ich bin kein Geist, verdammt noch mal«, machte Zamorra seinem Unmut lauter als nötig Luft. Er blieb auf dem schmalen Pfad stehen und drehte sich zu Wantapari um, der misstrauisch den Speer hob.
    »Deine Worte können mich nicht täuschen, böser Geist«, sagte der Krieger. »Wenn wir im Lager sind, werden dich alle Eora zu deinen Ahnen schicken, damit du Frieden findest.«
    Er stieß Zamorra leicht mit dem Speer an. »Geh jetzt weiter.«
    Der Parapsychologe hob hilflos die Arme. »Was muss ich tun, um dir zu beweisen, dass ich kein Geist bin? Hätte ein Geist Angst vor einem Speer?«
    »Natürlich«, entgegnete Wantapari ungerührt. »Es ist ein geheiligter Speer.«
    »Du hast aber auch auf alles eine Antwort«, murmelte Zamorra frustriert. Die Situation war ihm völlig entglitten. Er hatte sich nicht überwinden können, Gulajahli zu töten, Wantapari hielt ihn für einen Geist, der Angriff der Eora auf die Kolonie stand unmittelbar bevor - und es gab nichts, was ihren Sieg verhindern konnte. Gulajahlis Plan ging auf.
    »Hör zu«, versuchte Zamorra ein weiteres Mal sein Glück. »Die Traumzeitwesen haben mir das Leben geschenkt, damit ich etwas verhindere.«
    »Was weißt du schon von der Traumzeit? Du bist ein Weißer.«
    Der Dämonenjäger atmete tief durch. »Ich weiß, was mir Bolong, Pata und Willanjee gezeigt haben«, entgegnete er betont ruhig. »Ich habe dein Volk in der Zukunft gesehen, in einem Land ohne Zeit und ohne Leben. Dorthin wird Gulajahli euch führen, wenn ihr es zulasst.«
    Er sah, wie sich Wantaparis Augen weiteten. Anscheinend hatte er, ohne es zu ahnen, einen Nerv getroffen.
    »Wenn ihr heute gegen die Weißen kämpft und siegreich seid, wird diese Welt wahr werden. Die Traumzeit wird euch verlassen und es wird keine Ahnen mehr geben, zu denen ihr zurückkehren könnt. Ihr werdet niemals geboren werden und niemals sterben.«
    Der Krieger senkte langsam den Speer. »Ich habe von dieser Welt geträumt«, sagte er. »Sie macht mir Angst. Was wird passieren, wenn wir den Kampf verlieren?«
    Zamorra räusperte sich. Jetzt kam der unangenehme Teil der Geschichte. »Wenn ihr den Kampf verliert…«, begann er.
    Es knackte laut hinter ihm. Er fuhr herum und starrte in die Mündung einer Muskete.
    »Mach keine Dummheiten«, sagte der Soldat, der die Waffe auf ihn richtete. Neben ihm standen noch zwei weitere Uniformierte, die Hunde an Ketten mit sich führten.
    Nicht schon wieder, dachte Zamorra resignierend. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass Wantapari sich mit einem gewagten Sprung in die Büsche rettete. Einer der Rottweiler knurrte.
    »Heute nicht, Killer«, sagte der Soldat, der ihn festhielt. »Die Wilden jagen wir ein anderes Mal.«
    Er wandte sich an Zamorra. »Und du…«
    »Mich«, unterbrach ihn der Dämonenjäger, »bringt ihr ganz schnell zu eurem Vorgesetzten. Ich habe wichtige Informationen für ihn.«
    Die Soldaten sahen sich sprachlos an.
    ***
    Thomas Watling beobachtete stirnrunzelnd die Krieger der Eora. Wantapari hatte ihm aufgetragen zu warten, während er den Schamanen holte, und der Fälscher schlug die Zeit tot, indem er ziellos durch das Lager wanderte. Dabei hatte er die Krieger entdeckt, die wie besessen mit ihren Speeren übten. Sie stellten Fallen her, stachen auf unsichtbare Ziele ein und folgten gebrüllten Kommandos. Sie benahmen sich beinahe wie ein englisches Bataillon.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter und unterbrach seine Beobachtung.
    »Ich habe deine Bitte vernommen«, sagte Gulajahli freundlich. »Wir werden dir und deinen Freunden helfen.«
    Der Fälscher verbarg seine Erleichterung nicht. Er ergriff den Arm des Schamanen und grinste breit. »Danke. Du weißt nicht, wie viel mir das bedeutet. Danke auch deinen Kriegern von mir. Es ist eine große Ehre.«
    Der Schamane beendete seinen Redeschwall ungeduldig. »Das ist es in der Tat. Der Aufstand deiner Kameraden

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