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0680 - Der verratene Traum

0680 - Der verratene Traum

Titel: 0680 - Der verratene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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wollen aber in eine andere Richtung«, entgegnete ein weiterer Soldat.
    Der erste schnaubte. »Dämliche Viecher. Die folgen bestimmt wieder ein paar Kängurus. Kommt jetzt.«
    Die Schritte entfernten sich und mit ihnen das Hecheln der Hunde.
    Buchanan schloss erleichtert die Augen. Wer auch immer gerade seinem Unmut Luft gemacht hatte, war für ihre Rettung verantwortlich -wenn auch unabsichtlich.
    »Wer war das?«, flüsterte Murphy fragend.
    Der Schmied hob die Schultern. »Ist doch egal.«
    ***
    Australien 1794
    Zamorra wich dem Bumerang geschickt aus und warf sich nach vorn. Das winkelförmige Holz prallte gegen einen schmalen Baum und spaltete den Stamm.
    Der Schamane schrie überrascht auf, als die Arme des Parapsychologen plötzlich seine Beine umschlossen. Er drehte sich im Fall und landete auf dem Rücken. Seine Hand ertastete einen kopfgroßen Stein. Mit heftigen Stößen seiner Beine wand er sich aus dem Griff und stieß Zamorra zurück, der fluchend auf die Felsen prallte. Gulajahli kämpfte besser, als er ihm zugetraut hatte und das Fischöl, mit dem er seinen Körper eingerieben hatte, machte es fast unmöglich, ihn festzuhalten. Es stank nicht nur fürchterlich, es machte seine Haut aalglatt.
    Graziös kam der Schamane auf die Beine. Er hielt den Stein in beiden Händen und schrie triumphierend, als Zamorra nicht wieder aufstand. Der Dämonenjäger lag auf der Seite, ließ Gulajahli in dem Glauben, er habe sich bei dem Sturz verletzt. Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Schamane zwei Schritte Anlauf nahm und sich mit aller Kraft abstieß. Zamorra zog das Messer aus seinem Gürtel.
    Die Zeit stand still. Gulajahli hing über ihm wie die steinzeitliche Version eines Footballspielers, der seinen Körper über die ersehnte Touchdown-Linie heben will - nur dass der Touchdown in diesem Fall aus Zamorras zertrümmertem Schädel bestehen sollte. Der Dämonenjäger sah seine eigene Reaktion wie in Zeitlupe. Er drehte sich langsam, stemmte die Beine nach oben und hebelte den Schamanen aus seiner Flugbahn. Der Stein entglitt Gulajahlis Händen und sank trudelnd dem Boden entgegen.
    In der gleichen Sekunde beschleunigte sich der Zeitablauf plötzlich.
    Der Schamane schlug zwischen den Felsen auf.
    Zamorra nagelte ihn mit dem linken Arm fest.
    Hob den rechten Arm.
    Die Klinge blitzte in der Sonne.
    Raste auf Gulajahli zu.
    Bohrte sich in die Haut.
    Und fiel zur Seite…
    Ich kann es nicht, dachte Zamorra gleichzeitig enttäuscht und erleichtert. Ich kann ihn nicht ermorden.
    Er setzte sich schwer atmend auf. Gulajahli lag mit weit aufgerissenen Augen neben ihm. Aus einer kleinen Wunde am Hals drang ein einzelner Blutstropfen.
    Der Dämonenjäger vermutete, dass die Traumzeitwesen die Zeit manipuliert hatten, um ihm zuerst mehr Gelegenheit zur Verteidigung zu geben und danach weniger Bedenkzeit für seine Tat.
    Es hätte beinahe funktioniert, aber trotz aller Komplikationen, die sein Entschluss hervorrufen konnte, war er froh, dass er es nicht getan hatte.
    »Tut mir leid«, sagte er schulterzuckend in Richtung der Felszeichnungen. Er war sich sicher, dass die Traumzeitwesen ihn hören konnten.
    Gulajahli tastete verstört nach seinem Hals und betrachtete den Blutstropfen an seinen Fingern.
    »Du hättest mich töten können«, sagte er langsam.
    »Ich hätte dich töten müssen«, korrigierte ihn Zamorra.
    »Aber warum…« Die Miene des Schamanen änderte sich plötzlich.
    »Kehre zurück zu deinen Ahnen, böser Geist«, rief er.
    Zamorra runzelte die Stirn. »Was soll denn der Blödsinn…«
    Er stockte, als er einen spitzen Gegenstand in seinem Rücken spürte.
    »Ja, kehre zurück, böser Geist, oder die Macht eines heiligen Speers wird dich durchbohren«, sagte Wantapari.
    Scheiße, dachte Zamorra.
    ***
    Gegenwart
    Dem Werwolf, der einmal Thomas Watling gewesen war, erschloss sich eine vollkommen neue Welt. Vergessen waren die Ängste seiner menschlichen Existenz, verschwunden waren die Gedanken, die er sich über die Zukunft gemacht hatte, die Wünsche nach Freiheit und Glück. Es gab nur noch die Gier nach Beute. Jeder seiner Sinne war darauf ausgerichtet. Der Werwolf sah, hörte und roch Dinge außerhalb der menschlichen Möglichkeiten, aber diese neue Dimension der Wahrnehmung bereitete ihm keine Freude. Sie war einfach nur Mittel zum Zweck.
    Der Werwolf kam auf die Pfoten, als er die Witterung eines Menschen aufnahm. Er drehte sich um seine eigene Achse. Und dann sah er ihn: Ein dunkelhäutiger nackter

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