0680 - Todeskuß der Schattenhexe
wurde gebracht. Auf das Glas verzichtete Suko und zahlte auch direkt. Vom Tresen her lästerten einige Typen, weil Suko keinen Alkohol trank. Er kümmerte sich nicht um die Gespräche, die irgendwann auch versickerten, da er keine Antwort gab.
Suko ließ eine halbe Stunde vergehen, bevor er sich wieder auf den Weg machte. Es war jetzt ruhiger geworden, nicht in der Kneipe, dafür draußen.
Die Kälte drückte einfach zu sehr, als dass die Männer Spaß daran gehabt hätten, spazieren zu gehen. Auch die Nutten fluchten wütend. Sie hatten ebenfalls keinen Bock, in die Kälte zu gehen, und wärmten sich lieber in der Kneipe.
Der Rover war trotzdem aufgefallen. Zwei nicht ganz astreine Gestalten bewegten sich auffallend langsam in seiner Nähe. Als sie Suko sahen, drehten sie ab und taten harmlos.
»Ich würde es euch nicht raten«, sprach er sie an. »Der Wagen ist nichts für euch.«
»He, was willst du denn?«
»Nur einen Vorschlag machen.« Er schloss ihn auf, die Innenbeleuchtung erhellte den Innenraum und gab gewisse Extras zu erkennen, wie das Telefon.
»Bulle?«
Suko nickte und grinste danach, weil die beiden Kerle blitzschnell verschwanden.
Er setzte sich hinter das Lenkrad, startete und rollte aus der schmalen Parklücke. Unter den Reifen zerknirschte das Eis. In den Gossen glänzte es als lange, matte Schicht und sah aus wie eine düstere, nie abreißende Zunge.
Suko fuhr die Straße nicht sehr weit durch. Er hatte sich bereits eine bestimmte Stelle ausgesucht, die ihm zum Befahren des Grundstücks geeignet erschien.
Die Reifen rutschten in einem schrägen Winkel über die Gehsteigkante, dann schaukelte der Wagen auf das Gelände, das nicht umzäunt war. Man hatte die Begrenzung abgerissen.
Von den ehemaligen Wegen des kleinen Parks war nicht mehr viel zu sehen. Das Unkraut hatte sich ausbreiten können und sie zuwuchern lassen. Suko fuhr natürlich mit eingeschalteten Scheinwerfern und kam sich vor, als würde er sich innerhalb einer Mondlandschaft bewegen.
Alles um ihn herum war erstarrt, war vereist, wirkte wie tot. Er schlug das Lenkrad ein und stellte den Wagen neben einer ziemlich hohen Buschgruppe ab. Sie wurde gleichzeitig durch das Astwerk dreier Bäume überdacht.
Der Inspektor löschte die Scheinwerfer und stieg aus. Mit John Sinclair war ein Zeichen abgemacht worden, und er ging davon aus, dass sich sein Freund daran hielt.
Nur hatten sie keinen Zeitpunkt abgesprochen, es war nur ungefähr eine Spanne ausgemacht worden, und Suko machte sich auf eine längere Wartezeit gefasst, die er im Wagen verbringen wollte.
Er konnte von seinem Platz aus ungestört auf die vordere Fassade des ehemaligen Krankenhauses schauen.
Viel sah er nicht. Hinter keinem der offenen, lukenähnlichen Fenster brannte Licht. Kein normaler Schein, aber auch nicht das zuckende Leuchten einer Kerze. Dieser alte Bau lag in einer schon gespenstischen Ruhe vor ihm. Aus dem flachen Dach stachen einige Kamine hoch. Sie hatten den Abriss der beiden Seitenflügel überstanden.
Und bei den Kaminen bewegte sich etwas.
Da die Nacht klar war, glaubte Suko auch nicht an eine Täuschung. Dieser Schatten zwischen den Kaminen war echt. Ein Wirbel aus heftigen, beinahe wütenden Bewegungen, wie sie eigentlich nur ein Vogel hinterlassen konnte, der sehr schnell seine Schwingen bewegte.
Suko stieg aus, weil er sich eine noch bessere Sichtposition verschaffen wollte.
Da sah er das Zeichen!
In einem der Fenster in der ersten Etage bewegte jemand eine Taschenlampe im Kreis. Genauso war es mit John Sinclair abgemacht gewesen. Suko ging davon aus, dass mit John alles in Ordnung war.
Beruhigt nahm er wieder in seinem Fahrzeug Platz. Es war noch nicht Mitternacht, wie er mit einem raschen Blick auf die Uhr feststellte. Wenn John seine Hilfe brauchte, war ein anderes Zeichen verabredet.
Suko musste lächeln, als er an seinen Freund dachte. Ihm hier im Wagen ging es zwar auch nicht gut, aber mit John tauschen, das hätte er nicht gewollt. Sich in diesem kalten, zugigen und stinkenden Gebäude zu bewegen war verdammt mies.
Also wartete Suko weiter und behielt auch das Dach unter Kontrolle. Der Halbmond wirkte so, als hätte er sich geradewegs darüber aufgebaut, um nur das Gebäude zu bescheinen. Dort allerdings tat sich nichts mehr. Es lag in einer völligen Ruhe.
Oder in einer trügerischen, wobei Suko eher die letzte Möglichkeit vorzog, denn er hatte die ungewöhnlichen Bewegungen zwischen den Schornsteinen nicht
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