0681 - Leichenschiff der Druiden
ja sein. Ansonsten müssen Sie sich mal im Ort umhören.«
»Eine Frage noch, Doc. Gibt es hier jemanden, der sich besonders gut in altägyptischer Kultur auskennt?«
Der Arzt lachte. »Jetzt werden Sie aber komisch. Wie kommen Sie denn darauf?«
»Es war nur eine Frage.«
»Da müssten Sie vielleicht die beiden fragen. Rami und Ray. Sie sehen sich bestimmt als Künstler und Forscher. Wenn Sie zu ihnen wollen, müssen sie den Ort in Richtung Süden verlassen. Die beiden leben in ihrem Hort zusammen. Einmal habe ich gehört, dass sie sich als moderne Druiden bezeichnen und sie dabei sind, durch ihre Kunst zwei Ungleichgewichte zusammenzubringen.«
»Wie bitte?«, fragte mein Vater.
»Habe ich auch nicht verstanden. Am besten wird es sein, wenn Sie die beiden selbst fragen.« Der Arzt schaute auf seine Uhr. »Es ist schon spät. Sorry, aber meine Patienten…«
»Danke für die Auskünfte, Doc«, sagte ich. »Damit haben Sie uns sicherlich geholfen.«
»Ich hoffe es.«
Wir verließen das Haus und blieben auf dem Platz stehen. Jemand hatte das Tor zur Garage der Freiwilligen Feuerwehr geöffnet. Ein Mann im grauen Kittel war damit beschäftigt, den Chrom des Fahrzeugs zu wienern.
»So, Herr Oberinspektor Sinclair«, sagte mein Vater. »Jetzt hast du einiges gehört, und nun möchte ich von dir wissen, wie es weitergehen soll.«
Ich runzelte die Stirn. »Wir könnten die beiden Künstler besuchen. Ich war schon immer gespannt darauf, modernen Druiden zu begegnen. Das wäre nicht schlecht…«
»Aber?«
»Sie kennen uns.«
»Stimmt.«
»Und die Bestie ist frei, Dad. Ich möchte mir meine Handlungsfreiheit nicht nehmen lassen.«
»Was schlägst du also vor?«
»Wir warten auf Suko und schicken ihn los. Die beiden kennen ihn nicht. Er kann den einsamen Wanderer spielen, der zufällig dort am Haus vorbeigekommen ist.«
Mein alter Herr strahlte. »Eine sehr gute Idee, John. Wirklich ausgezeichnet. Ich gratuliere dir dazu.«
»Und ich brauche dich.«
Er strahlte. »Das ehrt mich, aber…«
»Pass auf, Dad. Du wirst hier in Northfield auf Suko warten und ihn einweisen. Ich habe ihm erklärt, wo wir abgestiegen sind. Dich kennt er gut, und es wird bestimmt alles so ausgehen, wie wir es uns vorgestellt haben.«
»Nicht schlecht gedacht. Was machst du?«
»Ich werde jemanden suchen. Eine Bestie wie dieser Menschenaffe oder Yeti-Verschnitt kann sich nicht in Luft aufgelöst haben. Zudem habe ich in der Mulde noch ein altes Segelschiff gesehen, das mir einfach nicht aus dem Sinn will. Ich habe den Eindruck, als würde es irgendwann hier an der Küste landen.«
Mein Vater staunte. »Das alte Schiff. Glaubst du das wirklich?«
»Damit rechne ich fest.«
Er hob die Schultern. »Früher war ich der Boss, heute bist du es. Du musst es wissen.« Er schaute gegen den Himmel, wo sich die Wolken wieder verzogen hatten. »Aber lass dir eines gesagt sein, John, einfach wird es nicht sein.«
»Das bin ich gewohnt. Ich nehme den Wagen und fahre ein wenig durch das Gelände.«
»Wie du meinst.«
Wir stiegen die Treppe wieder hoch und gingen gemeinsam zum kleinen Gasthaus zurück.
Dort verabschiedete sich mein alter Herr. »Wann kann ich wieder mit dir rechnen?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»Mach's gut.«
»Danke, Dad.« Ich winkte ihm zu und kletterte in den Rover. Dabei dachte ich an die Erzählungen des Jim Greenwood. Sein Jeep hatte den Angriff der Bestie nicht überstanden. Ich konnte davon ausgehen, dass dieser Menschenaffe auch einen Wagen wie den Rover zur Sardinenbüchse zusammendrückte…
***
Meinem Vater hatte ich nicht gesagt, wo ich hinfahren wollte, aber ein Ziel hatte ich schon.
Es war die kleine Mulde, die sich mir in der Nacht praktisch offenbart hatte.
Für mich war sie ein magischer Ort, ein Tanzplatz für Druiden möglicherweise, eine alte Kult- und Zauberstätte, wo geheime Kräfte nur zurückgedrängt worden, aber nicht verschwunden waren.
Die Umgebung war sehr waldreich, allerdings mehr im Osten. Zur Küste hin wirkte der Boden wie ein grünbraunes Brett. Der Bewuchs war hier sehr niedrig, Wind und Wetter fegten darüber hinweg.
Manchmal trat der blanke Fels hervor, graues, kantiges Gestein, Stolperfallen: eine Qual für die Füße und ein Fest für Autoreifen.
Ich war in meinem Rover sitzen geblieben und fand kaum einen Weg, den ich nehmen konnte. Ich musste schon quer durch das Gelände, was mir nicht so unlieb war, denn ich konnte mir vorstellen, dass auch der Yeti diesen Weg
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