0684 - Wald der toten Geister
sie zu zurückzuholen, denn sie haben nichts damit zu tun. Ebenso wenig wie ich. Du müsstest mich kennen, Mandragoro. Du kennst auch John Sinclair, und du weißt, dass wir anders denken.«
»Wenn nicht, wärst du schon längst tot. Dann hätten dich meine Arme umgebracht.«
»Wie den Mann vorhin.«
»Es war meine Strafe für ihn. Sie alle wissen, welche Verbrechen sie begingen. In eurer Welt gibt es keine Buße. Wenn ja, dann ist sie lächerlich gering. Hier aber herrschen meine Regeln und Gesetze. Hier kann ich alles tun.«
Suko musste ihm leider Recht geben. Die andere, die normale Welt sah manche Umweltsünden leider noch als einen Kavaliersdelikt an. Vielleicht begann das große Umdenken erst jetzt, aber bis sich etwas änderte, würde noch viel Zeit vergehen und viel Natur zerstört werden. Suko konnte Mandragoro nicht einmal mit einem Gegenargument kommen, und das wusste der Dämon genau.
»Jetzt weißt du nicht mehr, wie du deine eigenen Artgenossen verteidigen sollst.«
»Das will ich gar nicht. Ich bin nur gekommen, um unschuldige Leben zu retten.«
»Wer ist denn hier unschuldig außer mir?«
»Brenda Evans und Jane Collins!«
Wieder tönte Suko das Rascheln entgegen. Diesmal erkannte er die Quelle. Das Geräusch entstand immer dann, wenn die Wurzeln gegeneinander rieben, dann hörte es sich an, als würde trockenes Laub von leichten Windstößen über den Boden geweht.
»Bei Jane Collins gebe ich dir Recht!«, flüsterte der Dämon. Er brauchte nur leise zu sprechen, dennoch war seine Stimme überall zu hören. Sie füllte diese Welt aus.
Sie drang von oben, unten, von links und rechts, als wäre der sterbende Wald mit einer immensen Hi-Fi-Anlage bestückt.
»Fehlt noch Brenda Evans.«
»Sie muss hier in dieser Welt bleiben. Sie ist glücklich. Sie hat ihren tot geglaubten Sohn hier gefunden.«
»Dann ist Mike nicht tot?«
»Nein, ich habe ihn mir geholt, weil er in meine Pläne gepasst hat.«
»Wie das?«
»Es ist jetzt nicht die Zeit, dir das zu erklären. Aber er hat sich ebenso schuldig gemacht wie sein Vater und wie auch der Leib, der ihn geboren hat.«
»Es gibt in diesem Fall eine Kollektivschuld.«
»Eine Familienschuld. Die Mutter ist auch für mich so etwas wie eine Geisel. Solange ich sie in meiner Gewalt habe, wird Mike seine Aufträge drüben ausführen.«
»Und das heißt?«
»Rache!«, raschelte es Suko entgegen. »Eine harte, gerechte Abrechnung mit den Verbrechern.«
»Also Mord?«
»So siehst du es. Er hat eine Aufgabe zu erledigen. Ich will seinen Vater hier in meinem Reich sehen, denn er gehört ebenfalls zu den Verdammten der Nacht. Nur weiß er es noch nicht. Aber er ist derjenige gewesen, der Giftmüll entsorgt hat. Und sein Sohn Mike ist so manches Mal an seiner Seite gewesen. Ein noch junger Mensch, aber gerade junge Menschen sollten mehr Verantwortung für die Umwelt zeigen und tun es ja auch. Du kennst mich, und du weißt, dass ich denjenigen, den ich bestrafen will, immer bekomme.«
Suko wusste, dass er so nicht weiterkam. Über dieses Thema zu sprechen brachte keine Lösung.
Mandragoro beharrte einfach auf seinem harten Standpunkt. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass er grausame Rache genommen hätte. Sogar gegen Dämonen hatte er gekämpft, so gegen die mächtige Werwölfin Lupina.
Die Worte hatte Suko nicht vergessen. Von einer anderen Welt war gesprochen worden, von einem Reich neben dem, in dem sich Suko aufhielt. Da wollte er nachhaken und zumindest Jane Collins in diese Welt zurückholen.
»Wenn ich dir glauben soll, dann möchte ich die Frauen sehen. Oder lässt du mich nicht in dein Reich?«
»Nein, du wirst die Nebelgrenze nicht überschreiten.«
»Bitte, dann…«
Das Gesicht auf dem Boden war geblieben. Wieder verzerrten sich die langen Wurzelreste, als hätten sich auf dem Kopf neue Falten gebildet. Suko wusste nicht, wie er das Verhalten deuten sollte.
Er hoffte jedoch, dass es positiv ausfallen würde.
Noch einmal wies er darauf hin. »Wie schon erwähnt, Jane Collins ist nicht schlecht, und Brenda ebenfalls nicht. Sie hat wirklich genug gelitten. Hol sie her.«
»Und du willst sie befreien?«
Zu lügen hatte keinen Sinn. Suko nickte vor seiner Erwiderung. »Ja, ich bin gekommen, um sie zu befreien, und ich finde es aus meiner Sicht als legitim.«
»Wir kennen uns.«
»Dann kannst du mir vertrauen. Muss ich dich daran erinnern, dass wir oft genug dieselben Gegner hatten?«
»Nein, das brauchst du nicht.«
»Stimmst du
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