0690 - Rückkehr zur Zentaurenwelt
die Düne hinuntergingen, stürmten Erinnerungsfetzen auf Zamorra ein. Er sah den Diener vor dem Gong, Rekoc mit dem Speer in der Hand, die Trolle in der Menge und seinen Unfall auf dem Dach.
Nach und nach ergaben die Details Sinn.
Zuerst wurde Nicole getötet, dann ich, dachte er, aber trotzdem leben wir noch. Wie ist das möglich?
Der Parapsychologe spürte die Hitze und den Durst kaum, während er die verschiedenen Alternativen durchdachte und schließlich zu der einzig wahrscheinlichen Schlussfolgerung kam.
Es war eine Illusion.
Obwohl ihm seine Umgebung real erschien und er jede Berührung spürte, war nichts davon wirklich. Jemand spielte mit ihm.
Ein derber Stoß riss ihn aus seinen Gedanken.
»Nicht da lang«, sagte Rekoc mürrisch. »Das ist ein verbotener Ort.«
Verbotener Ort. Das hatte Rekoc auch bei ihrer ersten Begegnung gesagt.
Zamorra sah in die angegebene Richtung, aber außer Sand war nichts zu erkennen.
Mühsam kletterte er die nächste Düne hinauf und blieb erleichtert an der Spitze stehen, als er die Oase sah.
Eine grüne Palmeninsel im unendlichen Sandmeer.
Das musste ihr Ziel sein.
»Weißt du«, sagte Rekoc, dem der Anblick wohl auch die gute Laune zurückbrachte, »ich überlege seit Tagen, was ich mit dem Gold mache, das ich für dich bekomme. Soll ich alles verprassen oder mir lieber eine kleine Farm kaufen?«
Bin ich ein Sklave?, fragte sich Zamorra nachdenklich. Bekommt er deshalb Geld für mich?
»Du solltest dich darüber freuen, dass ich dich erwischt habe«, fuhr der Affe fort. »Man könnte es so sehen, dass die Belohnung wie ein Geschenk ist, das ich bekomme, wenn ich dich in San Lirri abliefere. Also gibst du mir im übertragenen Sinne das Gold, weil du so blöd warst, dich erwischen zu lassen. Das dürfte die einzig gute Tat sein, die du Mistkerl in deinem Leben vollbracht hast.«
Nein, entschied Zamorra, kein Sklave, sondern wohl eher der Staatsfeind Nummer eins.
Habsul-Kornadrusimlak lachte laut und schüttelte den Kopf. »Das scheint unserem Freund nicht zu gefallen. Er macht wohl nicht gern Geschenke.«
Zamorra verzichtete auf eine Antwort. Der Weg nach San Lirri war noch weit. Er hoffte, dass sich irgendwann eine Gelegenheit zur Flucht bot. Je resignierter er sich gab, desto leichtsinniger würden seine Bewacher werden.
Kurz dachte er an Nicole und fragte sich, ob sie wohl den Ortswechsel ebenfalls mitgemacht hatte.
In der Zwischenzeit hatten sie die Oase erreicht. Habsul-Kornadrusimlak wickelte die Kette sorgfältig um eine Palme und führte ein Vorhängeschloss hindurch, das mit lautem Knacken einrastete. Er wollte wohl kein Risiko eingehen.
Dann trabte er zum Brunnen und ließ einen Eimer hinunter. Rekoc breitete währenddessen einige Decken aus, setzte sich schwerfällig hin und begann mit einem kleinen Dolch an einem Schinken zu säbeln, den er aus einer der Satteltaschen seines Packpferds gezogen hatte.
Der Zentaur gesellte sich zu ihm und reichte ihm den Wassereimer. Die beiden tranken und aßen und schienen ihren Gefangenen völlig vergessen zu haben.
Zamorra spürte, wie sein Mund trocken wurde. Kein Wunder in der Wüstenhitze und bei diesem Anblick.
»Hey«, sagte er, »bekomme ich kein Wasser?«
Rekoc hob die Schultern. »Wir haben dir gesagt, dass du erst Wasser bekommst, wenn du uns die wahre Geschichte über die Jinsto-Morde erzählst. Wenn du nicht willst, ist das dein Problem.«
Jinsto-Morde?, fragte sich der Dämonenjäger irritiert. Anscheinend hielten sie ihn für einen Killer und wollten jetzt ein paar Anekdoten hören.
Zamorra seufzte. Das sah nach einer sehr langen, sehr trockenen Nacht aus…
***
Die Dunkelheit brach schnell über die Wüste herein.
Nicole lag auf ihrem Beobachtungsposten in den Dünen und wartete. Rekoc hatte mit etwas gesammeltem Holz ein kleines Lagerfeuer entzündet. Die Flammen erhellten die Oase. Funken trieben in den nächtlichen Himmel. Das Knacken und Knistern des verbrennenden Holzes war in der Wüstennacht deutlich zu hören; der Schall trug weit.
Der Zentaur und der Affe hielten sich dicht am Feuer auf und hüllten sich in Decken. Es war empfindlich kalt geworden.
Auch Nicole spürte die Kälte. Sie sah zu Zamorra hinüber, den man am Rande der Oase an eine Palme gekettet hatte. Er lehnte an dem breiten Baumstamm und schien zu schlafen. Aber die Dämonenjägerin kannte ihren Gefährten gut genug, um zu wissen, dass er auf seine Chance wartete.
Nach einer Weile stand Rekoc auf, ging zu
Weitere Kostenlose Bücher