0693 - Voodoo in Dortmund
lachen. »Sag nur, daß du als einer der größten Roman- und Comic-Händler hier im Ruhrgebiet Furcht vor der Ausstellung hast? Wenn das der Peter Köhler hört, lacht der sich krumm.«
Reinhold Wedekind drehte sich auf den Rücken und starrte gegen die Decke. »Ich weiß nicht, ob ihm nicht auch das Lachen vergangen ist.«
»Warum?«
»Vielleicht verfolgen ihn dieselben Gedanken wie mich. Kann sein, ja, kann sein.«
»Und welche sind das, bitte?«
»Daß etwas schiefläuft, verdammt! Daß wir den Schrecken erleben, daß etwas unheimlich Böses diese Börse stören wird. Das meine ich damit, Rita.«
»Hör auf damit, Reinhold. Du hast zu viele Gruselromane und Horror-Comics gelesen.«
»Damit hängt es nicht zusammen.«
»Sondern?«
Er atmete schwer und überlegte, ob er seiner Frau die Antwort und die unweigerlich folgende Erklärung zumuten konnte. Sie würde ihn wahrscheinlich nur auslachen. »Es… es ist etwas gekommen, Rita.«
Sie lachte leise, klopfte auf ihre Bettdecke und fragte dann: »Besuch vielleicht?«
»Nein.«
»Was dann?«
Reinhold räusperte sich. »Oder so ähnlich«, murmelte er. »So etwas Ähnliches wie ein Besuch. Aber ein Besuch aus der Finsternis, aus einer anderen Welt, aus der Hölle…«
Rita ließ ihren Mann nicht ausreden. Sie warf sich im Bett herum und schaltete das Licht ein. Ihr dunkles Lockenhaar hob vom Kopfkissen ab wie eine Perücke, nur daß ihr Haar echt war. Sie zwinkerte ein wenig mit den Augen, wollte sich auch nicht die Brille aufsetzen und fragte mit ärgerlich klingender Stimme: »Hast du noch alle Tassen im Schrank, Mann? Wie kannst du so etwas sagen. Bist du… du irre?«
Reinhold Wedekind lag auf dem Rücken. In dieser Position schüttelte er den Kopf. »Ich bin bestimmt nicht verrückt, Rita.«
Ihr lag eine weitere Bemerkung auf der Zunge, die aber verschluckte sie rasch, als sie in das Gesicht ihres Mannes schaute, das schweißbedeckt war. In seinen Augen entdeckte sie einen leicht fiebrigen Glanz, er bewegte seine Lippen, ohne zu sprechen und feuchtete sie dabei mit der Zungenspitze an.
Allmählich wurde Rita nervös. Sie glaubte nicht mehr an eine Spinnerei, berührte ihren Mann an der Schulter und schüttelte ihn. »He, Reinhold, was hast du?«
Er faßte nach ihrer Hand. »Laß mal gut sein, Mädchen. Das geht schon wieder vorbei.«
Nein, dachte sie, nein, das geht nicht so schnell vorbei. Sie war inzwischen zu besorgt, um sich einfach wieder umdrehen zu können und dann weiterzuschlafen, als wäre nichts geschehen. Sie lag ruhig neben ihrem Mann. Der Lampenschein fiel über das Bett und vergoldete an einigen Stellen. Es war mitten in der Nacht, die Tageswende lag bereits hinter ihnen, und Rita lauschte in die Dunkelheit hinein. In der rechten Seite des Schlafzimmers stand der große Schrank, ein viereckiger Klotz, der im Schatten lag und auf sie den Eindruck eines bösen Wächters machte. Das Fenster war gekippt. Die fernen Geräusche der Straße drangen wie eine gedämpfte Musik an ihre Ohren.
Einige Minuten vergingen. Das Ehepaar lag dicht nebeneinander. Zwischen den beiden hatte sich ein Feld der Spannung aufgebaut. Jeder wollte den anderen etwas fragen, aber es traute sich keiner von ihnen, den Anfang zu machen.
Bis Rita die Sache in die Hand nahm. »Also bitte, Reinhold, willst du mir nicht erzählen, was los ist? Oder ist alles so plötzlich über dich gekommen?«
»Das nicht.«
»Sondern?«
»Es war schon länger. Bereits den ganzen Tag über. Es kam mir vor, als würden über mir Schatten liegen. Ich habe noch geordnet und gearbeitet, aber ich konnte mich nicht konzentrieren.«
»Das Wetter?«
Er lachte stotternd. »Nein, das ist es nicht, obwohl ich das erst gedacht habe.«
»An das Böse glaube ich nicht.« Sie richtete sich hastig auf und schüttelte ihre Frisur, so daß die Locken wirbelten. »Das ist doch alles Unsinn, Reinhold.«
»Beileibe nicht, Rita.«
Hastig drehte sie den Kopf. Ihr Gesicht hatte einen fast bösen Ausdruck angenommen, die dunklen Augenbrauen waren verengt, und sie hielt beide Hände zu Fäusten geballt. »Willst du mir nicht endlich sagen, was dich so schafft?«
Er antwortete mit einer Gegenfrage. »Wirst du mir glauben?«
»Ich werde es zumindest versuchen!«
»Na gut, dann hör mir genau zu, Rita.«
»Komm, mach es nicht so spannend!«
Er wand sich. »Das mußt du verstehen, Rita. Für uns beide kann das von großer Bedeutung sein.«
»Schon gut.«
Er holte tief Atem. »Es geht um ein
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