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0694 - Eine Falle für Merlin

0694 - Eine Falle für Merlin

Titel: 0694 - Eine Falle für Merlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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beiden an den Schaufenstern entlang und ließen sich ihre gute Laune weder vom schlechten Wetter noch von den entsprechend sauertöpfischen Mienen anderer Passanten nehmen.
    Plötzlich blieb Yvette stehen. »Hörst du das?«
    »Was meinst du?«
    »Diese eigenartige Melodie! Da läuft’s mir kalt den Rücken ‘runter! So was Schauriges…«
    Ihre Stimme war leiser geworden, während sie sprach, und irgendwie heiserer, brüchiger. Sie hob eine Hand und zeigte auf einen Mann, der ein paar Dutzend Meter entfernt an einem Laternenmast lehnte und auf einer Querflöte spielte. Ein Straßenmusikant, dachte Florence und wunderte sich, warum sie selbst von dem Spiel nichts hörte.
    Und dann sah sie Yvettes ausgestreckte Hand.
    Die war knochendürr und bräunlich verfärbt, wie ausgetrocknet.
    Und Yvettes Gesicht - es war ebenfalls…
    Zugleich wurde die Freundin in Florences Arm unheimlich schwer, konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Stürzte, ehe Florence nachfassen und sie festhalten konnte.
    Vor Florence Dilon lag eine Tote auf dem Gehsteigpflaster!
    Eine Mumie!
    Von dem Flötenspieler war nichts mehr zu hören und zu sehen…
    ***
    Es war ein trostloser Ort, an dem die Hütte der Baba Yaga stand, auf den Hühnerbeinen wie ein Pfahlbau, umgeben von Knochenresten und einer Art Zaun aus zugespitzten Pfählen, auf denen bleiche Schädel steckten. Wohin auch immer das Haus ging, es nahm seine unmittelbare Umgebung mit.
    Es hatte einen langen Weg hinter sich.
    Der Regen trommelte auf das Dach und an die halb blinden Fensterscheiben. Grau in grau zeigte sich die gottverlassene Landschaft ringsum, Kein guter Ort, ein Kind zur Welt zu bringen, dachte die alte Hexe.
    Aber es hatte sein müssen.
    Großmütterchen Yaga war allein gewesen wie immer, als sie ihre Tochter gebar. Ein hübsches, gesundes Kind mit großen, dunklen Augen, die die ganze Welt in sich aufzunehmen schienen.
    »Hexenkind, Hexenkind, gebietest über Sturm und Wind«, sang Yaga leise und wiegte das Kind auf ihren Armen. Wenn es nur so wäre, wenn es diesem Wetter tatsächlich Einhalt gebieten könnte… Nach Tagen voller Regen, Kälte und Wind sehnte sich die Baba danach, wieder einmal einen Sonnenstrahl zu sehen.
    Wenn es wenigstens richtiger Winterschnee wäre, der da herunterkam… aber keine Flocke fiel, nur der ständige Regen, der den Boden aufweichte und der Hütte den festen Stand rauben wollte. Mehrmals in den letzten Tagen war die Hütte auf ihren Hühnerbeinen weiter gewatschelt an einen anderen Standort, um nicht einzusinken in die regendurchweichte Erde.
    Yaga betrachtete den auf dem Boden ausgebreiteten Wandteppich, den sie aus der Vergangenheit geholt hatte. Aus dem Schloss des Herzogs, der sie geschwängert hatte. Diesen Teppich, welcher der geheimnisvollen Puppenspielerin gehörte. Nach einem heftigen magischen Kampf hatte Yaga den Teppich erbeutet und war mit ihm wieder in ihre Zeit zurückgekehrt. [5]
    Auch ihre alten Feinde Zamorra und Duval hatten das nicht verhindern können. Und sie hatten Yaga nicht einmal erkannt, weil sie sich ihnen in der Vergangenheit nicht als das alte Hutzelweiblein gezeigt hatte, als das sie den beiden bisher stets begegnet war.
    Dieser Wandteppich…
    Es hieß, dass in ihm der entscheidende Hinweis zu finden sei, wo sich Yagas andere Tochter befand. Deshalb hatte die Hexe ihn in ihren Besitz bringen müssen, um jeden Preis. Sie wollte, dass ihre lange Suche endlich ans Ziel führte.
    So viel Zeit war schon vergangen, verloren… zu viel Zeit.
    Aber sie konnte den Hinweis nicht entdecken!
    Dieser Teppich blieb ihr ein Rätsel. Sie konnte das, was er ihr verraten sollte, nicht entschlüsseln.
    »Sprich zu mir, Gespinst aus Fäden«, murmelte sie. »Teile dein Wissen mit mir!«
    Aber sie wartete vergebens darauf.
    Und all das Zauberwissen, das sie im Laufe ihres langen Lebens in sich angesammelt hatte, half ihr nicht dabei weiter.
    War alles vergeblich gewesen? Alles, was sie auf sich genommen hatte? Die Feindschaft mit dem Dämonenkiller Zamorra, die Reise in die Vergangenheit, die Schwangerschaft und die einsame Geburt. Alles für nichts und wieder nichts?
    Sie war den Tränen nahe.
    Aber die Tränen kamen nicht.
    Stattdessen kam die Puppenspielerin.
    ***
    Ein Polizeiwagen holte Zamorra und Nicole vom Stadtpark ab. Der Fahrer wunderte sich schon längst über gar nichts mehr - es war nicht das erste Mal, dass er oder ein Kollege einen solchen Auftrag erhielt, nur dass er diesmal den Professor gleich zum

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