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0695 - Blut an bleichen Lippen

0695 - Blut an bleichen Lippen

Titel: 0695 - Blut an bleichen Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kieselsteinen, die sich am Außenstoff der Hose festgesetzt hatten. Sie waren feucht und klebten dort fest.
    Ich hatte die letzten beiden Worte wie einen Scherz aufgefaßt, aber der Küster hatte tatsächlich darüber nachgedacht. »Mr. Sinclair…?«
    Ich richtete mich wieder auf. »Ja, was ist?«
    »Versprechen Sie mir, daß Sie mich nicht auslachen werden? Versprechen Sie mir das?«
    Daß er seine liebe Not hatte, war ihm anzusehen, und ich versprach es ihm, stellte jedoch eine Frage. »Worum geht es denn, Mr. Walker?«
    Er war noch immer verlegen. »Um… um das küssen«, sagte er schließlich. »Das… das hat mich auf eine Idee gebracht.«
    Ich verzog die Lippen und nahm es als Scherz hin. »Hoffentlich auf keine zu schlimme.«
    »Nein, nein.« Heftig bewegte er beide Hände, als wollte er irgendwelche Insekten vertreiben. »Mir geht da nur einiges durch den Kopf. Haben Sie nicht davon gesprochen, daß dieser Geist ein Motiv haben muß für seine Taten?«
    »Das ist wahr.«
    »Und Sie sind es auch gewesen, der in den alten Chroniken nachforschen wollte.«
    »Auch das stimmt.«
    Verlegen schaute er zu Boden. »Ich habe Ihnen in der Kirche nicht die ganze Wahrheit gesagt, weil ich es für Unsinn hielt. Jetzt denke ich anders darüber.«
    »Und wie bitte?«
    »Es gibt da einen Fall, in dem es um das Küssen ging. Die Geschichte der Lilian Demarest.«
    »Die Dame kenne ich nicht«, antwortete ich spontan.
    »Das geht auch nicht, Sir, denn sie ist tot. Nein«, verbesserte er sich noch in derselben Sekunde.
    »Sie… sie ist nicht tot. Sie lebt als Geist weiter, und Sie haben die Erscheinung gesehen. Das muß Lilian Demarest gewesen sein, eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Ihr Geist ist verflucht, er spukt herum.«
    »Das steht in den Kirchenchroniken?«
    »Ja, es ist schon eine Legende, obwohl es erst knapp dreißig Jahre zurückliegt.«
    »Erzählen Sie.«
    »Das ist ganz einfach. Lilian Demarest war ein junges Mädchen oder eine junge Frau von zwanzig Jahren, die hier im nahen Ort lebte. Sie wuchs in geordneten Verhältnissen auf, ihre Eltern stammten angeblich von den Windsors ab, jedenfalls hatten sie Geld und hielten ihre Tochter immer unter Schutz. Wenn Lilian heiratete, dann nur einen Mann ihres Standes.«
    »Erzählen Sie weiter, bitte.«
    »Jetzt kommt es, Mr. Sinclair. Lilian war anders als die übrigen Mädchen aus dem Dorf, aber sie besaß ein Hobby oder eine Leidenschaft. Im Sommer ruderte sie gern auf dem nahen Teich, von dem die Menschen sagten, er sei verwunschen. Darum kümmerte sich Lilian nicht. Sie liebte den kleinen See, sie mochte die Atmosphäre zwischen Tag und Traum. Sobald es das Wetter zuließ, fuhr sie allein hinaus, das wußte jeder aus dem Ort, und auch ihre Mörder.«
    »Sie wurde umgebracht?«.
    Der Küster nickte. »Es sind zwei Männer gewesen, die sie wohl vergewaltigen wollten. Ob sie es schafften, ist nie herausgekommen, denn man fand sie nahe des Wassers. Beide waren tot, und beiden fehlte die Haut um den Mund herum. Auch ihre Lippen waren abgerissen, als hätten sie beide einen schrecklichen Kuß bekommen. Und diese Legende hielt sich auch. Man sagt heute noch, daß sie totgeküßt worden sind, indem man ihnen das Gesicht in der unteren Hälfte zerstörte. Ein Mörder ist auch nie gefunden worden, Sir.«
    Die Geschichte war gut, sie konnte sogar wahr sein, denn es stand ja fest, daß dieser Geist auch mich hatte küssen wollen.
    »Was erzählt man sich so, Mr. Walker? Was ist die Moral von der Geschichte?«
    Er schabte mit den Füßen über das Gras. »Man erzählt sich, daß die Mörderin keine Ruhe mehr finden kann, immer zwischen den Welten herumgeistern muß, aber auch denjenigen Frauen zur Seite steht, die von irgendwelchen Männern vergewaltigt werden sollen. Da tauchte sie dann auf und tötete sie.«
    »Hat es denn schon Opfer gegeben?«
    Der Küster hob die Schultern.
    Ich dachte nach. »Sagen Sie mir mal, Mr. Walker, wie lange Sie schon hier Ihrem Beruf nachgehen.«
    Er winkte ab. »Das ist schon eine kleine Ewigkeit.«
    »Dann haben Sie auch dieses Mädchen namens Lilian Demarest gekannt?«
    »Das habe ich.«
    »Lilian ist auch hier zur Kirche gegangen?«
    »Sie war sehr gläubig.«
    »Schön. Ich komme jetzt zur wichtigsten Frage. Sie haben doch die Erscheinung auf dem Dach der Garage gesehen. Hatte sie irgendeine Ähnlichkeit mit der Person, die Ihnen bekannt war? Hatte sie Ähnlichkeit mit der lebenden Lilian Demarest?«
    Er schaute mich an.
    Ich sah in sein

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