0697 - Der Leichenholer
sich entspannen, man brauchte nur die Beine auszustrecken, es war einfach wundervoll.
Man konnte auch in ihm schlafen…
Barry F. Bracht hatte sich stark dagegen angestemmt. Das war nun vorbei, denn er wusste, dass er seinem Schicksal nicht entrinnen konnte. Der Schlaf würde automatisch eintreten, er würde ihn hineinziehen in eine andere Welt, er würde wieder erleben, wie vielschichtig das Universum aufgebaut war.
Andere, fremde, unerklärliche Dinge würden über ihn herfallen und ihn in ihren Bann ziehen.
Sein Hals zuckte, als er den Speichel schluckte. Auf seinem Rücken bildete sich eine Gänsehaut, er merkte das Rieseln, das gleichzeitig noch mehr Müdigkeit mit sich brachte, sodass Barry F. einfach davon ausgehen musste, dicht vor dem Kipppunkt zu stehen.
Weg, einschlafen, diese Welt verlassen, einfach nicht mehr dazugehören.
Die Augen fielen ihm wie von selbst zu. Er hatte den Eindruck, als wären Vorhänge vor sein Gesicht gezogen worden. Er war nicht mehr er selbst, er konnte nichts mehr steuern, der Schlaf kam mit einer Gewalt über ihn, der er nichts entgegenzusetzen hatte.
Er schlief ein.
Aber es war kein normales Einschlafen. Sein Gehirn sandte noch Signale aus. Bracht wusste plötzlich, dass er vor einer erneuten Prüfung stand. Er würde wieder eintauchen, sein zweites Ich würde sich lösen, dann geisterte er durch eine andere Welt, dann würde er plötzlich wissen, welche Aufgabe den Schattenkrieger gerufen hatte.
Er sackte weg.
Die Dunkelheit kam.
Sie hüllte ihn ein, gleichzeitig war eine Kraft da, die ihn anhob, jedenfalls spürte er das noch als Barry F. Bracht. Ja, es trat etwas aus seinem Körper hervor.
Danach gab es keinen Barry F. Bracht mehr. Da gab es nur noch den Traum - und Zebulon, den Schattenkrieger…
***
Eine andere Welt, eine andere Zeit, eine andere Dimension. Schwärze und Farben, die sich abwechselten, ein Himmel ohne Ende, der mit der Erde verschmolz.
Zeitlos, vielleicht unendlich…
Und eine Gestalt.
Nicht mehr Barry F. Bracht, sondern ein mächtiger Körper, muskulös und kräftig, ein Mensch, der sich trotzdem von den anderen Menschen unterschied.
Zebulon, der Schattenkrieger!
Diesmal bis auf einen Lendenschurz so gut wie nackt. Keine Stiefel mit einem Besatz aus schimmernden Perlen, keine dunkle Lederkleidung, die eng wie ein Trikot saß, kein silberner Gürtel mit verschiedenen Knöpfen, die alle bestimmte Funktionen hatten, auch kein Helm, der den Kopf schützte.
Dafür war das eigentliche Markenzeichen des Schattenkämpfers geblieben.
Das Flügelpaar auf dem Rücken!
Sehr groß wie bei einem Engel. Aber keine hellen Flügel, dafür dunkle Schwingen, die hoch über die Schultern des Halbnackten hinwegragten.
Er trug keine Waffe bei sich. Alles war anders als sonst. Er war und blieb fast nackt.
Aber er konnte sich auf seine Kraft verlassen, und in seinen Augen leuchtete ein unbeugsamer Wille.
Nichts hatte er mehr gemeinsam mit dem Lektor Barry F. Bracht. Sein zweites Ich war anders.
Ein Mann, der Acht gab, der aussah wie der Kämpfer oder der Retter einer Fantasy-Welt. Das Haar in die Höhe geweht, die Beine bis zu den Füßen nackt.
Es sah so aus, als würde er mitten im Raum schweben. Tatsächlich aber stand er auf einem braungrauen Felsen, der erst sichtbar wurde, als ein leichter Windstoß den Nebel durcheinander quirlte, bevor er ihn wegtrieb, sodass noch mehr dieser unheimlichen Umgebung sichtbar wurde und sich eine gewisse Welt hervorkristallisierte.
Die Schattenwelt für den Schattenkämpfer!
Berge wuchsen aus dem Hintergrund hoch. Auch sie waren sehr dunkel, an ihren Flanken schimmerten sie oft in einem tiefen Violett. Über ihnen lag eine graue, düstere, beinahe schon schwarze Masse an Wolken, die aussahen, als würden sie mit all ihrer Kraft gegen die Bergspitzen drücken, um sie zu zertrümmern.
Der Schattenkrieger passte in diese Welt hinein. Er wusste nicht, wem diese Dimension gehörte und wo sie überhaupt lag. Ferner war ihm unbekannt, ob es überhaupt eine Verbindung zu der normalen Welt gab, aber all diese Probleme interessierten ihn nicht, denn er wusste genau, dass er eine Aufgabe zu bewältigen hatte.
Eine sehr wichtige sogar…
Grundlos war sein zweites Ich nicht entstanden. Grundlos war er nicht in diese Welt entführt worden. Er musste einfach hineingehen, wo etwas auf ihn wartete.
Aber was?
Er bewegte sich weiter.
Noch berührten seine nackten Füße den glatten Fels, der nicht einmal kalt war, sondern eine
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