0697 - Der Leichenholer
gedreht, damit sie mehr von ihm sehen konnten.
Der Maler meldete sich nicht. Ich sah ihn nicht einmal. Er schien sich verkrochen zu haben. Oder hatte sich Suko bereits um ihn gekümmert?
Für mich war allein Barry F. Bracht alias Zebulon wichtig. Dieser Mann war nicht gekommen, nur um Aufsehen zu erregen, er hatte eine Aufgabe zu erledigen, und niemand konnte ihn dabei aufhalten. Die letzten Besucher drängte er mit seinen Ellbogen zur Seite. Seine Schritte hallten nun nicht mehr so, die Echos wurden verschluckt, aber er stand jetzt vor den vier Vampirinnen.
Da sprach ich ihn an. »Zebulon!«, zischte ich seinen Namen.
Hatte er mich gehört?
Er ging noch einen Schritt. Diesen allerdings verzögert und auch nicht so lang.
Bevor ich ihn noch einmal rufen konnte, stoppte er seine Bewegung und drehte sich um.
Ich schaute ihn an, ging noch ein Stück vor, damit er mich besser erkennen konnte. Licht fiel gegen mein Gesicht und streifte es wie ein heller Vorhang.
Er musste mich einfach sehen, weil mein Kopf aus der Finsternis herausgeholt wurde.
Dann nickte er. Es war die einzige Reaktion, die er zeigte. Sonst nichts, keine Antwort, kein Lächeln, auch kein Aufatmen. Er wusste, dass ich hier war, hatte es registriert, doch in seiner Aufgabe ließ er sich nicht stören.
Er war der Leichenholer, er würde eine Leiche holen, aber gab es überhaupt eine Tote?
Ja, vier untote Mädchen. Wenn er sich um sie kümmerte, war er ein Vampirholer. Und Vampire waren im Prinzip ebenfalls Leichen, auch wenn sie sich bewegten und dabei zu den Wiedergängern oder Untoten zählten. Eigentlich waren sie tot.
Waffen hatte ich an ihm nicht entdeckt. Und er sah auch nicht mehr so aus wie der Schattenkämpfer, den ich kennen gelernt hatte. Er trug keine Uniform, das Einzige, was noch geblieben war, waren die beiden wuchtigen Schatten auf seinem Rücken, die er jetzt zusammengelegt hatte, von denen ich aber wusste, dass es Flügel waren.
Da hatte er eine fatale Ähnlichkeit mit dem Eisernen Engel, einem guten Freund von uns.
Ich konzentrierte mich wieder auf die vier weiblichen Vampire. Wären sie perfekt gewesen, hätten sie sich auf Zebulon als Opfer stürzen können, das wiederum taten sie nicht.
Es hatte sich etwas verändert, nichts war mehr wie sonst, und das spürten auch sie.
Die vier wichen zurück…
Sie ließen ihre Käufer stehen, die überhaupt nicht wussten, was sie von dem neuen Gast halten sollten. Und ähnlich erging es auch den übrigen Besuchern.
Sie waren nur Statisten in einem Stück, das durch Magie bestimmt wurde.
Zebulon ging einen weiteren Schritt vor.
Die dunkelhaarige Manon schrak zusammen, als er so dicht vor ihr erschien. Sie trug ein rotes Kleid, das am Oberkörper eng anlag, einen tiefen Ausschnitt zeigte, unterhalb der Taille weit auseinander schwang und an dieser Person sehr sexy wirkte.
Sie öffnete ihren Mund. Die Lippen waren rot geschminkt, deshalb traten die Zähne noch deutlicher hervor. Für einen Moment sah es so aus, als wollte sie zubeißen, aber Zebulon war schneller. Er ahnte ihre Absicht, sie aber trat zurück, drückte den Arm vor, als wollte sie ihn abwehren, doch der Schattenkrieger ließ sich nicht beeinflussen.
Hart packte er zu.
Im nächsten Augenblick demonstrierte er seine Kraft. Er drehte die Blutsaugerin um, dann hob er sie an und ließ sie auf seinen Armen liegen, wobei er die Finger krümmte und diese fest in ihr Fleisch grub, damit sie merkte, dass sie ihm nicht mehr entwischen konnte.
Wollte er sie vernichten?
Ich verrechnete mich, denn in derselben Sekunde breitete er seine Schwingen aus.
Das war der Moment, wo so etwas wie eine Panik losbrach. Die Menschen hielt nichts mehr. Bisher hatten sie alles geschluckt, aber dass plötzlich ein Wesen mit Flügeln unter ihnen stand und sich auch in die Lüfte erheben konnte, wollte nicht in ihre Köpfe.
Jemand hielt ihn für einen Engel, aber das war Zebulon sicherlich nicht.
Er flog der Decke entgegen.
Ich wollte ihn zurückhalten, sah die drei anderen Blutsaugerinnen, die sich umdrehten, aber nicht mehr von der Stelle kamen, weil binnen Sekunden ein gewaltiger Wirbel entstanden war, der sie festhielt und sie zu sich heranzerrte.
Ein schwarzer, ein unheimlicher Wirbel, der aus den vier Löchern in den Bildern gerast war.
Und er griff zu.
Weder Zebulon noch die vier Blutsaugerinnen hatten die Spur einer Chance.
Zwar kreischten sie furchtbar auf, wehrten sich gegen die Kraft, schlugen mit den Armen durch die Luft,
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