0697 - Der Leichenholer
endlich die Lösung gefunden.«
»Was genau willst du tun?«
»Warte es ab.«
»Kann ich dir…?«
»Nein!«, fuhr er mich an. »Du wirst nichts tun. Ich habe dich nicht eingeplant. Es war ein Zufall, dass du in meine Welt gelangt bist. Du hättest dich zurückhalten müssen.«
Himmel, so hatte ich Zebulon noch nie erlebt. Was war nur in ihn gefahren?
Ich hob beide Arme an und winkte ihm mit den zugedrehten Handflächen entgegen. »Ja, ja, schon gut. Es ist alles in Ordnung, du brauchst keine Sorge zu haben.«
»Bleib dort stehen und warte.« Er wies auf einen bestimmten Punkt, nicht weit von einem der Türme entfernt.
Ich hob die Schultern, drehte mich um, ging hin und war gespannt, was er tun würde.
Um Vampire zu vernichten, gab es einige Alternativen. Das Pfählen war natürlich die Bekannteste, aber eine derartige Waffe hatte ich bei Zebulon nicht entdeckt. Zudem traute ich ihm zu, dass er zu anderen Mitteln griff, sich einiges zurechtgelegt hatte.
Er bückte sich.
Die dunkelhaarige Manon hatte er zuletzt gebracht, nun hob er sie als Erste an.
Wieder nahm er sie auf seine Arme, als wollte er sie ins Bett legen. Sie regte sich nicht, und Zebulon ging einige Schritte weit, wobei er mir den Rücken zudrehte.
Dann blieb er stehen, senkte den Kopf und dann auch seine Arme mit dem Körper.
Manon rutschte nach unten, prallte nicht zu Boden, sondern war plötzlich verschwunden.
Einfach weg, als hätte sie der Untergrund auf geheimnisvolle Art und Weise aufgesaugt.
So kompliziert war es nicht. Zebulon präsentierte mir die Lösung, als er zurückkehrte. »Es ist ein Schacht«, sagte er nur. »Ich habe ihn präpariert. Er war eigentlich für den Maler vorgesehen und sollte ihn an Rumänien und an Vlad Dracula erinnern, aber jetzt muss ich ihn für seine Bräute nehmen.«
Und eine der Bräute brüllte auf.
Ich schrak zusammen, denn aus dem Schacht stieg dieses Gebrüll als eine furchtbare Botschaft hoch. Wie Schleim klebte plötzlich die Kälte an meinem Körper, ich verlor die Farbe aus dem Gesicht und verspürte sogar Furcht.
Zebulon lächelte nur. »Die Erste«, sagte er, bückte sich und nahm die blonde Valerie hoch.
Auch sie ließ sich wegtragen, ohne nur den kleinen Finger zu bewegen. Ich erhaschte noch einen Blick auf ihr Gesicht. Es war starr wie das einer Toten.
Auch sie verschwand im Schacht. Ich stand da und wartete auf den Schrei.
Diesmal drang etwas aus der Öffnung hervor, das sich anhörte wie ein gequältes Röcheln.
Dann war es still.
Zebulon kehrte zurück. Sein Gesicht war unbewegt, und er schritt daher wie eine Marionette. Die Augen erinnerten mich an Gläser, so kalt und hart blickten sie und leuchteten durch das Grau dieser unheimlichen Welt.
Er tat seine Arbeit, sie war furchtbar, und er tat sie wirklich ohne Gefühl.
Wieder hob er eine Frau an, die Dritte. Es war Diana, deren schmales Gesicht einen engelhaften Zug aufwies.
Zurück blieb Colette Mercier, diejenige Person, deretwegen wir überhaupt gekommen waren, vor der mich der kurze Brief des Bernd Assow indirekt gewarnt hatte.
Auch sie würde denselben Weg gehen.
Schrill hörte sich Dianas Schrei an, der aus dem Schacht hervordrang und meine Gedanken unterbrach. Er hatte also auch sie geschafft. Und wieder kehrte er zurück, bückte sich, aber da befand ich mich bereits auf dem Weg zu ihm.
»Einen Moment noch«, sagte ich, als er Colette anfasste. Ich legte ihm meine Hand auf den nackten Oberkörper.
Er schaute hoch, ohne seine Haltung zu verändern. »Ja, was ist denn noch?«
»Diesmal gehe ich mit!«
Zuerst wirkte er so, als wollte er mir an den Hals springen. Dann musste er wohl gemerkt haben, dass ich keinen Widerspruch akzeptieren würde, der Klang meiner Stimme hatte ihm dies verraten.
Ich hörte sein Atmen, das schon beinahe Ähnlichkeit mit einem Stöhnen hatte.
»Es ist die letzte Frau«, sagte er.
»Ihretwegen bin ich gekommen.«
»Gut, dann geh mit!«
Er hob die Braut des Blutsaugers an, die plötzlich ihre Augen bewegte und ebenfalls mit den Mundwinkeln zuckte.
Wusste sie Bescheid?
Zwischen ihren Lippen drang ein Laut hervor, der mich an den wütenden Schrei einer Katze erinnerte. Sie bewegte sich, sie wollte Zebulons Gesicht zerkratzen, er aber drehte den Kopf zur Seite und entging ihren Nägeln. Dann schlug er sie einmal mit dem Schädel zu Boden, obwohl er sie so nicht töten konnte.
Sie war abgelenkt, kam wieder hoch, aber es war zu schwerfällig, wie sie ihren Oberkörper
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