0698 - Meuterei auf der MEBRECCO
Unwetter ließ keineswegs nach. Der Regen fiel eher noch dichter. Die Stadt würde nicht überleben, wenn er nicht die ganze Macht der MEBRECCO ins Feld warf. Die Erkenntnis dieser Tatsache war ein Schock für ihn. Sie vernichtete alle bisherige Begeisterung für den Planeten. Sie ernüchterte und machte schlagartig klar, daß diese Welt nicht ohne Schattenseiten war.
Germeil riß den Gleiter herum und beschleunigte mit Höchstwerten. Innerhalb weniger Minuten jagte er zum Raumschiff zurück. Der Autopilot lenkte ihn sicher in die offene Schleuse hinein. Der Oberst sprang aus der Maschine, ohne sich um die Geretteten zu kümmern. Er rannte zur Hauptleitzentrale und setzte sich an die Zentralpositronik. Mit fliegenden Händen programmierte er die Roboter des Schiffes und aktivierte sie anschließend mit einem Knopfdruck. Danach erweckte er Hunderte von Gleitern zum Leben. Die Maschinen flogen zusammen mit den Robotern aus den offenen Schleusen und senkten sich über der Stadt herab, wo sie den verzweifelten Menschen eine Fluchtmöglichkeit boten. Mit Hilfe der Interkomgeräte konnte Germell beobachten, daß die Siedler seine Notmaßnahme begriffen. Sie kletterten durch die offenen Türen der Flugmaschinen und ließen sich auf die Sitze sinken.
Er war erschüttert. Welche Verbindung er auch immer aufnahm, er blickte nur in bleiche Gesichter, in denen sich das Entsetzen und eine abgrundtiefe Bestürzung widerspiegelten.
Er schaltete auf Rundsprechanlage um, so daß er alle Gleiter gleichzeitig erreichen konnte. Aus allen Interkomgeräten hallte seine energische Stimme.
„Beginnen Sie sofort mit der Suche nach anderen, die in Not sind", rief er. „Und wenn Sie noch so erschöpft sind. Wir haben nicht genügend Gleiter zur Verfügung, wenn jede Maschine nur mit drei bis vier Mann besetzt wird. Retten Sie, wen immer Sie sehen können."
Er rüttelte die Siedler mit seiner Aufforderung auf. Sie gehorchten, und Germell konnte verfolgen, daß die Kabinen sich mit durchnäßten und schlammbedeckten Menschen füllten.
Er forderte die Männer auf, die Gleiter zur MEBRECCO zu fliegen, sobald genügend Personen an Bord waren.
Die Arbeiten der Roboter konnte er nicht so gut beobachten. Er stellte lediglich fest, daß immer mehr Automaten zur MEBRECCO zurückkehrten und dort Geborgene absetzten. Die Hangars füllten sich mit verzweifelten Männern und Frauen.
Der Regen dauerte sieben Stunden. Darüber brach die Nacht herein. Als die Sonne am nächsten Morgen über den Horizont stieg, war der Himmel klar. Paradise-City war nur noch ein einziger Trümmerhaufen. Neunzig Prozent aller Häuser waren zerstört worden. Die Stadt glich einer Schutthalde. Die Ebene ringsum stand unter Wasser. Der Fluß war nicht mehr auszumachen.
Die Reste von Paradise-City lagen in einem riesigen See. Es dauerte drei Tage, bis der Wasserspiegel so weit gesunken war, daß der Verlauf des Flußbettes wieder zu erkennen war.
In dieser Zeit versuchte Oberst Germell, die Siedler wieder aufzurichten. Die Kolonie hatte über tausend Menschen verloren.
Die meisten von ihnen waren ertrunken.
Das Paradies hatte seine ersten Opfer gefordert.
7.
Am 1. Juni 3460-vier Wochen nach der Katastrophe - zog Oberst Germell in sein Haus ein, das auf sicherem Felsgrund an einem Hang errichtet worden war. Paradise-City war neu erstanden.
Die Kolonisten hatten den Schock überwunden. Man glaubte wieder an das Paradies und war entschlossen, von nun an keine Fehler mehr zu machen. Die neue Stadt war so erbaut worden, daß sie von keinem Regen weggeschwemmt werden konnte.
Germell war gerade dabei, seine Sachen in den Schränken zu verstauen, als Professor Horindolly sich bei ihm meldete.
„Hallo, Doc", sagte der Oberst erfreut. „Was gibt's?" Er blickte den Arzt an. „So ernst? Ist etwas passiert?"
„Allerdings. Ich habe einen Patienten."
„Das sollte eigentlich mal vorkommen, Doc." Oberst Germell wartete darauf, daß der Arzt sagen würde, er habe einen Verletzten. Er fürchtete sich davor, daß es anders sein könnte.
Auf Paradise gab es keine Mikroorganismen, die Krankheiten auslösen konnten. Deshalb hatte Paradise-City darauf verzichtet, ein Krankenhaus zu bauen. Der Mediziner verfügte nur über eine kleine Praxis, in der er bisher jedoch noch keine ernsthaften Fälle zu behandeln gehabt hatte. Im Auftrage des Obersten hatte er ausschließlich an wissenschaftlichen Aufgaben gearbeitet und weitere Untersuchungen über Fauna und Flora des Planeten
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