0699 - Das Erwachen der Hexe
herangekommen. Unsere Gesetze sind manchmal etwas zu liberal. Bitte, nicht dass Sie mich falsch verstehen, ich mag keine Restriktionen, aber in diesem Fall hätte man die Schattenkirche doch zerstören sollen.«
»Was wissen Sie genau?«
»Der Begriff Kirche ist natürlich blasphemisch gemeint, das setze ich einmal voraus.«
»Natürlich. Ich habe eine weitere Frage. Dreht es sich bei dieser Vereinigung um den Teufel?« Suko hatte ein schnelles Ja erwartet, aber Simon Drake schüttelte den Kopf.
»Nein, nicht direkt. Diese Schattenkirche ist auf etwas anderes hinaus. Sicherlich wird auch der Teufel eine Rolle spielen, nach meinen Erfahrungen jedoch setzen sie mehr auf Hexen, auf die Urkraft, und zwar wie auch die Kirche auf ursprüngliche Kräfte setzt.«
»Denken Sie an den Mutterkult?«
»Ja, die Große Mutter.«
»Die natürlich einen Namen hat.«
Drake schaute Suko ernst an. »Lilith…«
»Die habe ich gemeint.«
Der Sektenbeauftragte lächelte. »Ich stelle fest, dass wir beide sehr gut informiert sind.«
»Das bleibt in unseren Berufen wohl nicht aus. Sie gehen also davon aus, dass sich die Schattenkirche mit der Person der Lilith befasst, die ja als erste Hure des Himmels bezeichnet wird und sehr dicht bei Luzifer stand.«
»Das ist es.«
Suko nickte. »Ich weiß nur nicht, was sie genau vorhaben. Ich bin selbst nicht direkt mit dem Fall konfrontiert worden, das ist mein Kollege John Sinclair. Wir versuchen aber, das Problem von zwei Seiten zu lösen, deshalb habe ich auch Sie verständigt. Es geht, das weiß ich immerhin, um eine Frau namens Tricia Bell und ein Buch mit dem Titel ›Witchcraft today‹.«
»Die Frau kenne ich nicht, das Buch schon.«
»Und? Wie ist Ihre Meinung dazu? Würden Sie es als gefährlich bezeichnen?«
»Ja.« Drakes Stimme klang sehr ernst. »Es ist eines der Bücher, die eine falsche Botschaft vermitteln, die von der anderen, eben der Schattenkirche, berichten und deren Botschaft sich vor allen Dingen an Frauen wendet, um ihnen ein neues Bewusstsein einzuimpfen, wobei sie den Begriff Emanzipation vergessen können.«
»Das dachte ich mir.«
Simon Drake bewegte seine Hände. »Was die wollen, steht fest. Sie wollen einzig und allein Opfer. Sie wollen Menschen, die sie regieren können, die Wachs in ihren Händen sind.«
Suko stimmte ihm zu, er hatte allerdings noch eine sehr wichtige Frage: »Sagen Sie, Mr. Drake, wer steht dieser Schattenkirche eigentlich vor?«
Drake lächelte. »Eine gute Frage, auf die ich Ihnen leider keine ebenso gute Antwort geben kann. Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, was sie genau vorhaben. Ich gebe Ihnen Recht, es muss jemand da sein, der die Gruppe leitet, aber fragen Sie mich bitte nicht nach einem Namen.«
»Haben Sie denn Nachforschungen angestellt?«
Simon winkte ab. »Nachforschungen? Mehr als einmal, nur habe ich keinen Erfolg verbuchen können. Was glauben Sie, Inspektor, wie es hier in London aussieht? Wie viele Menschen sich auf Abwegen befinden und ihr normales Leben verlassen, um irgendwelchen obskuren Gruppen und Sekten beizutreten? Der Trend ist besonders groß bei Jugendlichen. Meine Frau und ich kämpfen gegen diese Schlange. Die Kirchen und der Staat unterstützen uns, aber wir haben einfach zu wenig Personal, wenn Sie verstehen. Wir kämpfen ziemlich allein.«
Suko nickte. »Das kann ich schon nachvollziehen. Also ein Name ist Ihnen nicht bekannt.«
»Nein.«
»Dafür das Buch?«
»Stimmt, Inspektor.«
»Haben Sie es gelesen?«
Drake breitete die Arme aus. »Was heißt gelesen? Ich habe es mir angeschaut, ich habe es quer gelesen, und ich war schockiert, kann ich Ihnen sagen. Daher weiß ich ja, um was es geht. Die Schattenkirche bildet so etwas wie eine Ersatzreligion, die unter dem Schutz der Großen Mutter Lilith steht. Sie will auf ihre Art und Weise missionieren. Sie predigt nicht die Liebe und die Vergebung, sie spricht vom Gegenteil, vom Aufruhr, von der Erhebung der Unterdrückten, die im Geiste Liliths ihre grausamen Kreuzzüge durchführen sollen. All das hat sie sich auf ihre Fahnen geschrieben.«
»Und die Mitglieder treffen sich hier in London.«
»Natürlich.«
»Kennen Sie den Ort?«
»Ja.«
»Waren Sie schon einmal dort? Haben Sie eine dieser Versammlungen besucht?«
Drake schüttelte den Kopf. »Leider nicht.« Dann lachte er scharf und bitter. »Ja, ich habe es versucht, da bin ich ehrlich, aber ich bin nicht weit gekommen. Man hat mich abgewehrt, denn die Mitglieder der
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