07 - Asche zu Asche
scharf: »Zeigen? Was soll ich Ihnen da zeigen?«
»Wie Sie die Zigarette angezündet haben.«
»Wieso? Haben Sie noch nie gesehen, wie man eine Zigarette anzündet?«
»Ich würde gern sehen, wie Sie es machen.«
»Ja, verdammt noch mal, was glauben Sie denn, wie ich 'ne Zigarette anzünde?« »Ich weiß es nicht. Haben Sie ein Feuerzeug benutzt?«
»Natürlich nicht. Zündhölzer.«
»So wie diese?«
Jimmy deutete mit dem Kinn in Barbaras Richtung und machte ein Gesicht, als wollte er sagen: So leicht kannst du mich nicht reinlegen. »Das sind doch ihre.«
»Das ist mir klar. Ich frage Sie, ob Sie ein Heftchen Streichhölzer benutzt haben, da Sie ja kein Feuerzeug verwenden.«
Der Junge senkte den Kopf. Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf den Aschenbecher.
»Waren es Streichhölzer wie diese hier?« fragte Lynley wieder.
»Ach, rutschen Sie mir doch den Buckel runter«, murmelte Jimmy.
»Hatten Sie die Streichhölzer mit, oder haben Sie welche aus dem Haus benutzt?«
»Er hat's verdient«, nuschelte Jimmy wie im Selbstgespräch.
»Er hat's verdient, verdammt noch mal. Und sie ist die nächste. Sie werden schon sehen.«
Es klopfte, und Barbara ging zur Tür. Stimmengemurmel folgte. Lynley beobachtete schweigend Jimmy Cooper. Das Gesicht des Jungen - der Teil jedenfalls, den Lynley sehen konnte - war in einem Ausdruck der Gleichgültigkeit erstarrt, wie in Beton gegossen. Lynley fragte sich, wie tief der Schmerz und die Schuld sein mußten, die soviel künstliche Nonchalance hervorbrachten.
»Sir?« rief Barbara von der Tür her. Lynley ging hinüber. Nkata stand im Korridor. »Little Venice und Isle of Dogs sind zurück«, meldete er. »Sie sind im Dienstraum. Soll ich mit Ihnen reden?«
Lynley schüttelte den Kopf. »Besorgen Sie dem Jungen etwas zu essen«, sagte er. »Nehmen Sie seine Fingerabdrücke. Sehen Sie, ob er freiwillig seine Schuhe herausrückt. Ich denke, er wird es. Und wir brauchen etwas für eine DNS-Untersuchung.«
»Hm, das wird heikel werden«, meinte Nkata.
»Ist sein Anwalt schon da?«
»Noch nicht, nein.«
»Dann nutzen Sie die Gunst der Stunde, ehe wir ihn auf freien Fuß setzen.«
»Auf freien Fuß setzen?« warf Barbara hastig ein. »Aber, Sir, er hat uns doch eben erzählt -«
»Wenn erst der Anwalt mitmischt -« fuhr Lynley fort, als habe er Barbara gar nicht gehört.
»- werden wir nichts mehr zu lachen haben«, schloß Nkata.
»Wir müssen also schnell handeln. Aber, Nkata«, fügte Lynley hinzu, als der Constable schon seine Schulter gegen die Tür drückte, »achten Sie darauf, daß der Junge sich nicht aufregt.«
»Verstanden.«
Nkata ging ins Vernehmungszimmer, und Lynley und Barbara machten sich auf den Weg zum Dienstraum. Er war in der Nähe von Lynleys Büro eingerichtet worden. Landkarten, Fotografien und Schaubilder hingen an den Wänden. Auf den Schreibtischen häuften sich Hefter und Akten. Sechs Constables - zwei Frauen, vier Männer - saßen an Telefonen, an Aktenschränken und einem runden Tisch, auf dem Zeitungen ausgebreitet waren.
»Isle of Dogs«, sagte Lynley, als er ins Zimmer trat, und warf sein Jackett über eine Stuhllehne.
Eine der Beamtinnen, die mit einem Telefonhörer zwischen Kopf und Schulter auf eine Verbindung wartete, antwortete ihm. »Der Junge kommt und geht bei Tag und Nacht, wie er will. Er hat ein Motorrad, fährt immer zum hinteren Tor raus und macht auf dem Weg zwischen den Häusern einen Höllenlärm. Meistens rast er da mit Vollgas und Hupen durch. Die Nachbarn konnten nicht mit Sicherheit sagen, ob er am Mittwoch abend unterwegs war, weil er meistens abends losfährt und ein Abend wie der andere ist. Also: kann sein, kann aber auch nicht sein.«
Ihr Partner, ein junger Mann in verblichener schwarzer Jeans und einem Sweatshirt mit abgeschnittenen Ärmeln, sagte: »Der Junge ist jedenfalls ein echtes Früchtchen. Macht die Nachbarn an. Vergreift sich an Kleineren. Hört überhaupt nicht auf seine Mutter.«
»Und was ist mit der Mutter?« fragte Lynley.
»Die arbeitet auf dem Billingsgate-Markt. Fährt jeden Morgen um drei Uhr vierzig los und kommt gegen Mittag nach Hause.«
»Was war Mittwoch abend? Und Donnerstag morgen?«
»Von der hören die Leute nie einen Ton, außer wenn sie ihren Wagen anläßt«, berichtete die Beamtin. »Die Nachbarn konnten uns also nicht viel über sie sagen, als wir wegen Mittwoch nachgefragt haben. Fleming kam allerdings regelmäßig vorbei. Alle, mit denen wir gesprochen haben,
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