Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
Fahrt in der Untergrundbahn. Ein halbwegs kühles Bier wäre jetzt genau das Richtige.
    Sie blieb stehen und sah zur anderen Straßenseite hinüber. Drei Männer umringten ein langbeiniges junges Mädchen, alle vier lachten vergnügt, alle vier tranken. Das Mädchen, das die Hüften ans Fensterbrett des Pub gelehnt hatte, hob ihr Glas und leerte es. Zwei der Männer griffen gleichzeitig nach ihm. Das Mädchen lachte und warf ihren Kopf zurück. Ihr volles Haar schwang wie eine Pferdemähne, und die Männer rückten näher.
    Ein andermal vielleicht, sagte sich Barbara.
    Mit gesenktem Kopf trottete sie weiter und konzentrierte ihren Blick auf das Pflaster. »Tritt auf den Sprung, deine Mutter stirbt jung. Tritt auf den Spalt, deine Mutter wird nicht alt ...«
    Nein, das war nicht das Thema, bei dem sie gerade jetzt verweilen wollte. Sie verscheuchte den Kinderreim aus ihren Gedanken, indem sie zu pfeifen begann, die erstbeste Melodie, die ihr in den Sinn kam. »Aber bringt mich pünktlich zum Altar.« Hm, My Fair Lady war zwar nicht gerade bezeichnend für ihre Situation, aber das Liedchen erfüllte seinen Zweck. Und beim Pfeifen wurde ihr klar, daß es ihr wohl eingefallen war, weil Inspector Lynley heute abend die entscheidende Frage stellen wollte. Sie mußte insgeheim lachen, als sie daran dachte, wie verdutzt er ausgesehen hatte - und natürlich auch bestürzt, da er ja seine Pläne lieber geheim gehalten hätte -, als sie bei ihm im Büro vorbeigeschaut und gesagt hatte: »Hals- und Beinbruch. Ich hoffe, sie sagt diesmal ja«, ehe sie nach Hause gegangen war. Im ersten Moment hatte er so getan, als verstünde er ihre Bemerkung nicht, aber sie hatte ihn schließlich die ganze Woche nach Konzertkarten herumtelefonieren hören und hatte mitbekommen, wie er sämtliche Kollegen nach thailändischen Restaurants ausgequetscht hatte. Da sie wußte, daß Strauß-Musik und thailändische Küche die notwendigen Ingredienzien waren, um Helen einen perfekten Abend zu bereiten, reimte sie sich den Rest zusammen. »War nicht schwer zu erraten«, hatte sie gesagt. »Ich weiß, daß Sie Strauß hassen.« Sie winkte ihm zum Abschied zu.
    »Was tut man nicht alles aus Liebe, hm, Inspector?«
    Sie bog in die Steele's Road ein und ging unter den frisch begrünten Linden weiter. In den Ästen über ihr ließen sich die Vögel zur Nachtruhe nieder, und in den schmutzigen Backsteinhäusern, die die Straße säumten, machten es sich die Familien zum Feierabend gemütlich. Als sie Eton Villas erreichte, bog sie noch einmal ab. Sie lupfte den Eisbeutel auf ihrer Hüfte höher und munterte sich mit dem Gedanken auf, daß dies nun wenigstens der letzte Abend war, an dem sie Eis nach Hause schleppen mußte.
    Seit drei Wochen lebte sie ohne Kühlschrank in ihrer neuen Behausung und bewahrte Milch, Butter, Eier und Käse in einem eisgefüllten Metalleimer auf. Drei Wochen lang hatte sie abends und an den Wochenenden nach einem Kühlschrank gesucht, den sie sich leisten konnte. Am letzten Sonntag nachmittag hatte sie ihn endlich gefunden, einen Kühlschrank, der den Zwergenmaßen ihrer Wohnung und dem Leistungsvermögen ihres Geldbeutels entsprach. Er war zwar nicht genau das, was sie gesucht hatte: kaum einen Meter hoch und mit scheußlichen, vergilbenden Blumenaufklebern verziert. Aber als sie das gute Stück - das sich, ganz abgesehen von den idiotischen Blumenverzierungen, beim Zuschlagen der Tür jedesmal laut und unheilverkündend räusperte - bezahlt hatte und seine rechtmäßige Eigentümerin geworden war, hatte sie sich philosophisch gesagt: Ach was, in der Not frißt der Teufel Fliegen. Der Umzug von Acton nach Chalk Farm hatte weit mehr Geld verschlungen, als sie vorgesehen gehabt hatte, sie mußte sparen, der Kühlschrank würde es tun. Und da der Sohn des Eigentümers wiederum einen Sohn hatte, der für eine Gärtnerei als Fahrer arbeitete und einen offenen Lieferwagen fuhr, und da dieser Sohn des Sohns bereit war, am Wochenende bei seinem Opa vorbeizufahren und den Kühlschrank abzuholen, um ihn dann für lumpige zehn Pfund von Fulham bis nach Chalk Farm hinauszubefördern, war Barbara ihrerseits bereit gewesen, über die Tatsache hinwegzusehen, daß der Kühlschrank wahrscheinlich nur noch eine begrenzte Lebensdauer haben und sie mindestens sechs Stunden dafür brauchen würde, Opas Abziehbildchen runterzuschrubben.
    Mit dem Fuß stieß sie das Tor zu dem Anwesen auf, auf dem, hinter einem Doppelhaus edwardianischen Stils, ihr

Weitere Kostenlose Bücher