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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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klopfte, warf ihm die Katze einen bösen Blick zu und schlich davon.
      Es kam keine Antwort, doch durch den Vorhang des Küchenfensters konnte er den Schein einer Öllampe sehen. Er klopfte erneut.
      Die Tür ging auf, und Garnet Todd starrte ihn wortlos an.
      »Ich möchte zu Faith«, sagte Nick.
      »Sie ist nicht hier.«
      »Das glaube ich Ihnen nicht.«
      »Ich sage Ihnen doch, sie ist nicht hier.« Garnet wollte die Tür wieder schließen.
      Nick trat einen Schritt vor und stemmte sich mit der Schulter dagegen. »Wo soll sie denn sonst sein? Das Café ist geschlossen, und sonst geht sie doch nirgendwo hin, hab ich Recht? Sie können mich nicht daran hindern, sie zu sehen.«
      »Sie haben kein Recht, hier einzudringen. Das hier ist mein Haus«, protestierte Garnet, doch sie wich einen Schritt zurück.
      Sein kleiner Triumph ließ Nicks Zorn nur noch weiter anschwellen. Wieso hatte er es zugelassen, dass diese Hexe ihn - und auch Faith - so lange tyrannisierte? »Was wollen Sie denn tun, vielleicht die Polizei rufen? Sie haben ja gar kein Telefon.« Ein weiterer Schritt, und er war im Haus. Er warf die Tür hinter sich ins Schloss und sah sich in der Küche um. Als er keine Spur von Faith entdecken konnte, rief er ihren Namen.
      »Ich habe Ihnen doch gesagt, sie ist nicht hier.«
      »Wo ist sie denn?«
      »Ich weiß es nicht!« In Garnets Stimme schwang ein Anflug von Panik. »Als ich sie von der Arbeit abholen wollte, war sie schon weg, und sie ist seitdem nicht nach Hause gekommen.«
      »Sind Sie sicher, dass sie nicht hier im Haus ist?«
      »Dann suchen Sie doch nach ihr, wenn Sie mir schon nicht glauben wollen.«
      Ohne ein weiteres Wort drehte Nick sich um und verließ die Küche, aber kaum stand er im Flur, als ihm die Torheit seines Unterfangens klar wurde. Das Haus hatte keinen Strom, und die Dunkelheit war schon hereingebrochen. Nun, er würde den Teufel tun, Garnet um eine Kerze oder eine Laterne zu bitten - er musste sich eben so gut es ging in der Dunkelheit zurecht finden.
      Zuerst das Erdgeschoss. Durch den dunklen Flur gelangte er in die vordere Wohnstube, einen muffig riechenden, wenig benutzten Raum, der mit abgenutzten Möbeln voll gestopft war. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass hier vor kurzem noch jemand gewesen war.
      Als Nächstes kam das Zimmer, das Garnet als Büro diente; es enthielt einen Rollschreibtisch und einige altmodische hölzerne Aktenschränke. In einer Glasvitrine an der gegenüberliegenden Wand war eine verstaubte Sammlung von Vogelnestern und Muscheln zu sehen.
      Er kehrte in den Flur zurück und stieß unter der Treppe auf das ungeheizte, primitive Bad. Im Dämmerlicht konnte er auf dem Regal neben der Wanne eine Flasche Shampoo ausmachen - sie gehörte Faith. Er schraubte sie auf und roch daran, und der Birnenduft ließ ihn ihre Gegenwart so intensiv empfinden, als stünde sie direkt neben ihm.
      Und wenn sie nun tatsächlich nach Hause gegangen war und Garnet wegen Winnies Unfall zur Rede gestellt hatte? Würde Garnet sie zum Schweigen gebracht haben?
      Doch aus Garnets Beteuerung, dass Faith nicht ins Haus zurückgekommen sei, hatte er echte Angst herausgehört - und wenn sie die Wahrheit sagte, wo konnte Faith dann bloß hingegangen sein?
      Heim zu ihren Eltern nach Street? Nicht sehr wahrscheinlich. Oder - und das war der Dorn, der Nick immer noch im Fleisch saß - war sie zu dem mysteriösen Vater des Kindes gegangen? So wenig hatte Faith in den vergangenen Monaten über ihn verraten, dass das Baby ebenso gut das Resultat einer unbefleckten Empfängnis hätte sein können. Aber war es möglich, dass Faith sich genötigt gesehen hatte, den Vater ausfindig zu machen?
      Von den wildesten Vermutungen getrieben, eilte Nick die gerade Treppe zum Obergeschoss hinauf. Zuerst sah er in dem Schlafzimmer zur Linken nach, das unschwer als das von Garnet zu erkennen war. In einem offenen Schrank hingen ihre indischen Kleider, und auf einer Frisierkommode stand inmitten einer Ansammlung von Kämmen, Bürsten und Haarspangen eine hübsche Öllampe aus ziseliertem Glas. Mit einem der Streichhölzer, die er immer für die Kerzen in der Buchhandlung bei sich trug, zündete Nick die Lampe an. Schatten begannen über Wände und Decke zu tanzen, und das Licht fiel auf ein geschnitztes Himmelbett, das mit einer Spitzendecke bezogen war. Nick fragte sich unwillkürlich, ob Garnet es wohl je mit einem anderen Menschen

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