070 - Komplott der toten Moerder
ist Rachel Halwi. Ich bin Journalistin aus Israel. Ich muß Ihnen eine dringende Warnung durchgeben. Auf dem Weg nach London oder bereits in London befindet sich ein Mann, der dringend Ihrer Hilfe bedarf. Er heißt Raoul Marfadra …“
„Wie sagten Sie?“
„Raoul Marfadra. Er ist …“
„Der Name lautet nicht zufällig Hassan Marfadra?“ beharrte Thomas.
Eine Zeitlang war nur das Rauschen und Knacken in der Leitung zu hören. Dann vernahm Thomas ein entferntes Stöhnen.
„Hallo? Miß Halwi?“
„Es ist schon wieder gut. Sie müssen diesen Mann finden. Er ist seelisch gestört, so kann man es jedenfalls nennen … und bedeutet eine große Gefahr. Besonders für alleinstehende Frauen.“
Thomas lächelte belustigt über diese Formulierung. Aber er verkniff sich die Bemerkung, daß Männer, die eine Gefahr für alleinstehende Frauen darstellten, nicht unbedingt ein Fall für die Polizei seien, sondern eher für das Standesamt. Statt dessen sagte er: „Würden Sie mir bitte sagen, weshalb Sie diesen Mann für gefährlich halten?“
„Wenn Sie ihm nicht helfen, wird er zum Mörder. In Paris hat er vor ein paar Tagen zwei Frauen auf grauenhafte Art umgebracht, und hier in Düsseldorf bin ich selbst um Haaresbreite seinem Überfall entkommen!“ Wieder erklang dieses Stöhnen.
„Sind Sie krank, Miß Halwi?“
„So könnte man es nennen. Hören Sie, dieser Mann ist trotzdem unschuldig. Nur wenn er seine Anfälle bekommt, ist er ein Tier. Wenn ich nur wüßte, wie ich Ihnen das erklären soll … Bitte halten Sie mich nicht für geistesgestört, Superintendent, aber am ehesten würden Sie die Wahrheit begreifen, wenn Sie an Geister glauben könnten.“
„Ich tue das“, sagte er trocken.
„Bitte, machen Sie sich nicht darüber lustig. Ich werde Ihnen erzählen, wie ich mit diesem Marfadra zusammengekommen bin, und was ich dabei erlebt habe.“
Thomas schaltete nun ein Tonbandgerät ein, das an das Telefon angeschlossen war. „Ja, bitte erzählen Sie, alles was Sie wissen, Miß Halwi. Wenn Sie nur ein wenig lauter sprechen könnten. Und seien Sie versichert, daß ich mit größtem Interesse Ihren Ausführungen folge.“
„Ich sah ihn …“ Ihre Stimme erlosch. Thomas hörte ein schweres Keuchen, als habe jemand einen Kampf durchzustehen. „Hören Sie mich noch?“ kam die Stimme aus Düsseldorf wieder. „Raoul Marfadra fiel mir zuerst im Fernschnellzug von Paris nach Düsseldorf auf. Er hatte …“
Eine Viertelstunde nach diesem Telefongespräch raste der schwarze Wagen des Mord-Chefs, so lautet sein Spitzname in Scotland Yard, durch das nächtliche London in Richtung Whitechapel. Er durchfuhr soeben das berühmte Zeitungsviertel an der Fleetstreet, als sich per Autotelefon Inspektor Corson meldete: „Sir, wir haben ihn aufgestöbert! Der Verdächtige sitzt in einem dieser Hinterhöfe und ist von meinen Leuten eingekreist.“
„Von der Schußwaffe nur Gebrauch machen, wenn unmittelbare Gefahr für das Leben unserer Leute besteht. Ich bin auf dem Weg. Sie konnten sich übrigens keinen ungünstigeren Zeitpunkt aussuchen, um mich anzurufen, Corson. Wir durchfahren gerade Fleetstreet, und die Brüder von der Presse empfangen mein Wagensprechgerät einfach erstklassig. Gleich werden wir sie im Nacken haben.“
Aber als Thomas am Einsatzort eintraf, kam ihm Corson triumphierend entgegen. „Wir haben ihn, Sir. Ohne Gegenwehr. Er hatte nicht mal eine Schußwaffe bei sich, nur ein Klappmesser.“
„Wo ist er?“
Der Beamte deutete zu einem gepanzerten Mannschaftswagen hin, der am Straßenrand parkte.
„Schnell rein da! Bevor die Presse hier ist.“ Thomas riß die hintere Tür des Mannschaftswagens auf, stieg ein und befahl dem Fahrer, schleunigst abzufahren. Hinter ihm sprang Corson mit einem Satz in den Wagen und fragte: „Soll ich durchgeben, daß der Einsatz beendet ist?“
Thomas nickte. Seine Aufmerksamkeit galt bereits völlig dem Gefangenen, der in Handschellen still neben zwei uniformierten Polizisten saß.
Thomas sah einen mittelgroßen Mann mit eingefallenem Gesicht, dessen schwarze Augen fiebrig glänzten. Der Mann machte einen halbverhungerten Eindruck. Seine Kleidung sah verknittert und schmutzig aus. Ein grauer Stoppelbart machte ihn vollends zur Trampfigur.
„Sind Sie Hassan Marfadra?“ fragte Thomas.
„Das haben Sie doch schon in meinem Paß gelesen“, antwortete der Gefangene in gepflegtem Englisch zur Überraschung aller Anwesenden.
Thomas
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