0701 - Draculas Blutgemach
keinem anderen.
Auf ihrem straffen, jugendlich schönen Gesicht zeigte sich ein gewisser Triumph.
Gleichzeitig kräuselte sie die Lippen.
Sie lächelte.
Dann konzentrierte sie sich, packte den Mantel noch enger. Aus ihrem Mund drang ein Zischlaut.
Beinahe wie ein Startzeichen.
Dann war sie verschwunden…
***
Derselbe Ort, eine andere Zeit!
Aber wie sah er aus!
Wo Jahrhunderte später dichter Wald das Gelände überwuchert hatte, war jetzt genügend Platz, auf dem auch ein kleines Schloß hatte gebaut werden können.
Nicht sehr klotzig, eher verspielt, auch nicht durch zu dicke Mauern abgeschirmt.
Eben ein Refugium, eine kleine Zuflucht für jemanden, der in der Einsamkeit nicht gestört werden wollte. Durch den wenigen Bewuchs hatte man hier oben einen phantastischen Ausblick.
Er flog über das Gebirge hinweg oder bis zu den Gipfeln der Karpaten. Dieser Blick durchforstete aber auch breite oder schmalere Täler, er war einfach einmalig, und er konnte auch dem Verlauf der Straße folgen, die sich wie der breite Körper einer Riesenschlange den Tälern entgegenschlängelte, und der so breit war, daß zahlreiche Gespanne ihn passieren konnten.
Alles mußte zum Lustschloß des Blutgrafen hochgeschafft werden.
Zahlreiche Diener und Lakaien waren nötig, um diesen beschwerlichen Weg auf sich zu nehmen.
Davon besaß der Blutgraf genug. Wenn er sich in den Bergen aufhielt, wollte er auf keine Annehmlichkeit verzichten.
Das sah auch Assunga.
Sie hatte es mit einer Selbstverständlichkeit geschafft, die Zeiten zu überwinden, die für sie einfach etwas Wunderbares war. Aber sie hielt sich vorerst in Deckung, denn sie wollte auf keinen Fall zu früh gesehen werden.
Der Sommer war auch in diesem Jahrhundert heiß. Sie kannte nicht die genaue Jahreszahl, was ihr völlig egal war. Sie wollte den echten Dracula kennenlernen.
Die Luft war erfüllt von dicken Staubwolken, die unter den mit Eisenringen beschlagenen großen Rädern der Wagen hochwirbelten.
Die Pferde hatten sehr viel zu schleppen, sie ächzten, sie schafften es kaum. Immer wieder senkten sie die Köpfe, und vor manchen Mäulern schimmerte gelblicher Schaum.
Aber die Männer auf den Böcken kannten kein Pardon. Mit diesen Peitschen schlugen sie auf die Rücken der Pferde ein, und nur die kräftigsten Tiere schafften den Weg.
Schwächere brachen zusammen.
Sie ereilte dann der Tod. Ein schon gnädiges Schicksal im Vergleich zu der Schinderei.
Schwert- und Lanzenhiebe bereiteten ihrem Leben ein Ende. Da floß das Blut dann in Strömen, und die Luft war erfüllt von seinem widerlichen Geruch.
Wolken von dicken Fliegen stürzten sich auf die Leichen, um sich an ihnen zu laben. Ihr Brummen vermischte sich in den Klang der Peitschen, wenn diese auf die Rücken der Tiere klatschten.
Allein diese Kavalkade zeigte Assunga an, wie grausam der Blutgraf regierte. Neben ihm ließ er keine andere Kreatur gelten, sei es nun ein Tier oder ein Mensch.
Sie stand nicht weit vom Tor des Lustschlosses entfernt. Es bestand aus einer gewaltigen hölzernen Platte, die an Ketten hing.
Durch die Rollen der Flaschenzüge konnten die Ketten bewegt werden, und so wurde das Tor dann in die Höhe gezogen.
Das Fluchen der Männer, das Schreien der Tiere, das Rollen der Räder, all dies vereinigte sich zu einer dumpfen Musik, an die sich die Beobachterin nicht gewöhnen konnte. Dies alles stieß sie ab, widerte sie an, aber sie mußte es in Kauf nehmen, falls sie ihr Ziel erreichen wollte.
Und so beobachtete sie weiter, schmeckte den Staub, roch das Blut der Pferde und überlegte, wie sie vorging.
Sie wollte irgendwann dem Vlad gegenüberstehen und seinen Gesichtsausdruck sehen, wenn er erkannte, daß sie seinen Mantel trug.
Er würde durchdrehen, er würde…
Ihre Gedanken stockten, weil ein anderes Geräusch die übrige Kulisse durchbrochen hatte.
Assunga hörte die hellen Frauenstimmen, die sie für einen Moment irritierten. Erst dachte sie daran, daß sie sich diese eingebildet hatte, das stimmte allerdings nicht, sie waren schon vorhanden gewesen, und sie hörte immer wieder das Lachen.
Zähes Gestrüpp wollte die Hexe festhalten, als sie einen Schritt nach vorn trat, um besser sehen zu können. Jetzt bestand auch die Gefahr einer Entdeckung, doch dieses Risiko ging sie voll ein.
Die Stimmen der Frauen hallten zu ihr hoch, und sie schaute deshalb nach links.
Diesen Wagen zogen nur zwei Pferde. Auch sie machten einen erschöpften Eindruck. Vor ihren Mäulern
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