0702 - Die Nacht der bösen Frauen
gingen jetzt schneller.
Eigentlich hätten die beiden Frauen eine Reaktion zeigen müssen, doch sie blieben stehen und schauten ihnen starr entgegen. Marek kam sich vor wie in einem Gefängnis. Die Häuser rechts und links schienen aufeinander zuzuwachsen und die Gasse noch enger zu machen. Die Luft war stickig, es bereitete kein Vergnügen, sie einatmen zu müssen. Gerüche drangen in ihre Nasen. Irgendwo kochte jemand eine Mahlzeit, und die Schwaden wehten zwischen den Häusern entlang.
»Denen scheint es ja Spaß zu machen, daß wir kommen«, murmelte Marek. »Aber keine Sorge, die werden sich wundern.«
Suko warnte ihn. »Nichts übereilen, alter Freund.«
»Keine Sorge. Manchmal reiße ich mich zusammen, auch wenn es mir schwerfällt. Und das in meinem Alter.« Marek schüttelte den Kopf und grinste vor sich hin.
Eine Katze tauchte auf. Das Tier überquerte die Straße und strich an ihnen vorbei. Es hatte den Schwanz eingezogen, wahrscheinlich wurde es von der Angst geleitet.
Einer Ahnung folgend, drehte sich der Inspektor um. Und da sah er die nächsten beiden Frauen.
Sofort blieb er stehen. Auch Marek drehte sich.
»Das ist eine Falle, Suko!«
Die beiden Personen standen am anderen Ende der schmalen Gasse ebenfalls wie zwei Aufpasserinnen, die darauf geeicht waren, keinen Menschen passieren zu lassen.
Stumm, drohend, ohne sich zu bewegen, wie gefährliche Statuen. Aber die Mörderin war nicht dabei.
Marek räusperte sich. »Mittlerweile habe ich das Gefühl, als hätten sie es nicht auf die Menschen hier abgesehen, sondern nur auf uns beide.«
»Das wäre nicht schlecht.«
»Du scheinst ja sehr von dir überzeugt zu sein.«
»Manchmal muß man das.«
Marek schwieg. Er konzentrierte sich auf den weiteren Weg, und nach wenigen Schritten kamen sie nicht mehr weiter. Es sei denn, sie hätten die Frauen gewaltsam aus dem Weg geräumt. Freiwillig würden sie nicht Platz schaffen, das war ihren Gesichtern anzusehen.
Suko blieb freundlich. Er lächelte ihnen sogar zu, als er sagte: »Wir möchten gern vorbei.«
»Nein!«
Suko schaute die Größere an, denn sie hatte gesprochen. »Gibt es dafür einen Grund?«
»Ja.«
Sie war ebenso einsilbig wie die Kleine in der Kneipe. Suko forschte in ihrem Gesicht nach und hatte den Eindruck, als gäbe es zwischen ihr und dem anderen Mädchen gewisse äußerliche Gemeinsamkeiten, wie bei Geschwistern. Waren sie es?
»Was ist der Grund?« fragte Marek.
»Sie.«
»Wer ist sie?«
Die Männer bekamen keine Antwort. Trotz der Hitze schien die Umgebung einzufrieren. Hinter den beiden Frauen stand noch das hellere Licht. Aber es hatte bereits einen Grauschimmer bekommen, Anzeichen der Dämmerung, die bald einsetzen würde.
Die Frauen wirkten statisch, wie Puppen. Auf ihren Gesichtern lag der Schweiß als dünner Glanz.
Sie hielten ihre Blicke streng auf die Männer gerichtet, die Kleidung war sehr dünn. Sie bestand praktisch nur aus Gewändern, die man in dieser Zeit nicht trug. Die beiden Personen selbst schienen nicht hierher zu gehören.
»Hast du auch einen Namen?« fragte Marek.
»Ich bin Sena.«
»Woher kommst du?«
»Aus dem Reich des Pfählers.«
Marek war überrascht. Er sagte: »Damit hast du doch wohl nicht mich gemeint?«
»Bist du Dracula?«
War das der Beweis, daß diese Personen eine Zeitreise hinter sich gebracht hatte? Für Marek schon, für Suko ebenfalls, denn der Inspektor deutete ein leichtes Nicken an.
Und Marek lächelte. Es fiel ihm schwer, und er mußte sich auch dazu zwingen, aber er tat es. »Dann hast du den Blutgrafen erlebt? Du kennst ihn und seine Grausamkeiten also?«
»Er wollte mich töten. Hineinwerfen in die mit Pfählen bestückte Grube. Er wollte mich aufspießen, er wollte mein Blut riechen, er hat mich einfach…«
»Und warum tat er es nicht?«
»Assunga kam und rettete uns. Sie hat seine Soldaten getötet, und sie nahm uns mit. Wir sind ihr dankbar, sehr sogar. Wir sind ihr über alles im Leben dankbar.«
»Wie viele seid ihr?«
»Sechs Frauen…«
Das war eine stolze Zahl. Auch Suko hatte den größten Teil der Unterhaltung verstanden, und sein Gesicht hatte einen bedenklichen Ausdruck angenommen. Vier hatte er gesehen. Zwei fehlten noch, und er wußte nicht, wo sie sich aufhielten.
Das Dorf war nicht groß, dennoch gab es zahlreiche Verstecke, und sie konnten überall zuschlagen.
Marek bewegte seine Finger, als wollte er sie geschmeidig machen, um eine Waffe schnell ziehen zu können. »Assunga seid
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